28.01.2022
Quarantäne ist nicht gleich Arbeitsunfähigkeit
Corona-Quarantäne im Urlaub: Dass das nicht gleich Krankheit heißt, zeigt folgendes Urteil. Unser Rechtsexperte Sven Kobbelt hat es untersucht.
Was ist passiert?
Endlich Urlaub! Das (Arbeits-)Leben zu Beginn der 2. Corona-Welle im Herbst 2020 ist anstrengend und so freut sich A auf ein paar Tage frei. Die Freude hält genau bis zum zweiten Urlaubstag. Da hat A nämlich leider einen positiven Corona-Test und wird vom zuständigen Amt umgehend in Quarantäne geschickt. Das kann nun kein Erholungsurlaub sein, denkt A. Wer im Urlaub erkrankt, erhält die Urlaubstage zurück, so bestimmt es das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) und Corona ist eine Krankheit und die Quarantäne damit quasi eine Krankschreibung. Deshalb verlangt A vom Arbeitgeber die Gutschrift von fünf Urlaubstagen, die in die Zeit der Quarantäne gefallen sind.
Mag schon alles sein, sagt der Arbeitgeber. Aber Quarantäne bedeutet noch lange keine Arbeitsunfähigkeit und daher könne es keine Erstattung der Urlaubstage geben. Denn Quarantäne und Arbeiten schließen sich nicht grundsätzlich aus. Stimmt, sagt wiederum A. Das schließt sich nicht grundsätzlich aus. Bei A aber schon: eine Tätigkeit im Logistikzentrum lässt sich schwer ins Homeoffice verlegen. Der Arbeitgeber bleibt aber bei der Ablehnung, also geht die Angelegenheit vor das Arbeitsgericht (ArbG).
Was sagt das Gericht?
Das ArbG Bonn schaut in das BUrlG: dort steht in § 9, dass bei der Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses über eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs die Urlaubstage zu erstatten sind. Aber eben auch nur unter diesen Bedingungen: 1. krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und 2. ein ärztliches Attest darüber (vulgo: gelber Schein). Und an diesen Bedingungen fehlt es. Eine Ansteckung mit Corona muss nicht mit Symptomen einhergehen oder so mild verlaufen, dass die Arbeitsfähigkeit bestehen bleibt. Daher sei auch die Anordnung der Quarantäne zwar ein Beleg für die Ansteckung mit Corona, nicht aber mit einem ärztlichen Zeugnis gleichzusetzen. Denn eine Bewertung über den Verlauf der Ansteckung und eine damit einhergehende Arbeitsunfähigkeit enthält die Quarantäneanordnung gerade nicht. Eine Arbeitsunfähigkeit kann nur ein Arzt feststellen. Da das aufgrund einer Corona-Sonderregelung sogar telefonisch möglich war, hätte A ein Attest einholen können. Nur die Quarantäne-Anordnung genügt nach Ansicht des ArbG jedenfalls nicht, um Urlaubstage zu erstatten - und das unabhängig von der Frage, ob die Tätigkeit überhaupt in der Quarantäne hätte erbracht werden können.(ArbG Bonn, 07.07.2021 - 2 Ca 504/21)
Was heißt das für Sie?
Corona-Quarantäne ist nicht gleich Arbeitsunfähigkeit - das kann der Autor bestätigen, der diese Zeilen aus genau diesem Grund gerade in seinem heimatlichen Arbeitszimmer verfasst. Das BUrlG kennt genau einen Fall, in dem der Arbeitnehmer eine „Erstattung“ bereits genommener Urlaubstage verlangen kann, nämlich eine Erkrankung während des Urlaubs. Alles andere - von Regenwetter auf Mallorca bis eben zur Quarantäne - liegt im Risiko des Arbeitnehmers und führt nicht dazu, dass Urlaubstage gutgeschrieben werden. Da bleibt das Arbeitsgericht streng. Wer also während seines Urlaubes in Quarantäne muss, sollte unbedingt parallel dazu eine Krankschreibung von seinem Arzt anfordern. Das geht übrigens bis mindestens zum 31.03.2022 weiterhin auch telefonisch, damit während der Quarantäne kein Besuch einer Praxis in Präsenz notwendig wird.
Sven Kobbelt ist Rechtsanwalt und Experte für mittelständische Unternehmen.