24.11.2021
„Wir müssen lösungsorientierter arbeiten!“
Manuela Härtelt-Dören wurde Mitte November zur neuen ZV-Präsidentin gewählt. Wir haben mit ihr über Ziele, Herausforderungen und die derzeitige Corona-Situation gesprochen.
TOP HAIR: Wann haben Sie beschlossen, sich zur Wahl als ZV-Präsidentin aufstellen zu lassen und was hat Sie dazu bewogen?
Manuela Härtelt-Dören: Ich habe tatsächlich ein Jahr darüber nachgedacht, und mich immer wieder gefragt: ‚Ist es das, was ich machen möchte für unseren Berufsstand?‘ Als bekannt wurde, dass Harald Esser nicht mehr antritt, habe ich entschieden, dass ich kandidieren werde. Durch verschiedene Ämter habe ich weitreichende Erfahrungen gesammelt, die mich reifer gemacht haben, und die ich jetzt einbringen kann. Außerdem besteht das Friseurhandwerk zu über 80 Prozent aus Frauen. Auch das ist für mich ein Grund gewesen, als Frau hier anzutreten – zum Wohl des gesamten Friseurhandwerks.
Kurz nach der Wahlniederlage von Christian Kaiser, der auch für das Amt des ZV-Präsidenten kandidiert hat, kam die Einleitung des Austrittsverfahrens des LIV Bayern aus dem ZV. Was sagen Sie dazu?
Ich bin sehr betroffen und verstehe diese Reaktion nicht. Es ist schade. Wir sprechen von einem gemeinschaftlichen Friseurhandwerk, haben uns im Vorstand, dem ja auch Herr Kaiser angehört, noch nicht mal ausgetauscht und da kommt schon die Androhung eines möglichen Austritts. Warum kann man diese demokratisch gefasste Personalentscheidung nicht akzeptieren? Gerade angesichts der Corona-Krise geht es jetzt um eine geschlossene Interessenvertretung für das gesamte Friseurhandwerk, um das Zusammenhalten.
Was ist ihr Antrieb als neue Präsidentin? Was möchten Sie erreichen und möglicherweise auch verändern im ZV?
Wofür ich stehe, ist die Stärkung der Innungen und Landesverbände, der Basis. Dann kann auch der ZV gestärkt hervorgehen. Wir müssen die Zusammenarbeit in den Ausschüssen intensivieren, den Zusammenhalt in allen Gremien, die Kommunikation untereinander. Wir müssen lösungsorientierter und verzahnter arbeiten, dann kann auch etwas Konstruktives entstehen!
Ideen, die in den Ausschüssen entwickelt werden, muss man auch annehmen können. Auch mal ehrlich zugeben, wenn etwas ein falscher Ansatz ist. Generell brauchen wir mehr Teamplayer und wir müssen die Zusammenarbeit mit Industrie und Innungen verstärken, den Dialog herstellen. Wir ziehen gerade in der jetzigen Situation alle an einem Strang, man kann es nur gemeinsam schaffen. Das muss auch schneller gehen, denn die Branche ist im ständigen Wandel: Was gestern modern war, ist heute schon wieder alt.
Was mir wahnsinnig unter den Nägeln brennt sind die Themen Mindestlohn, Unternehmerlohn, die Pandemie – wo laufen wir hin? Das sind wahnsinnig große Herausforderungen und viel Lobbyarbeit, die auf uns zukommen. Hier muss auch die Öffentlichkeitsarbeit stärker werden, um zu zeigen, was wir tun.
Wir sind beim Thema Corona. Mit ihrer Kritik an 2G und dem Vorstoß zu Impfungen in Friseursalons sind Sie ganz schön vorgeprescht…
Bezüglich der Impfungen wollte ich nicht dafür plädieren, dass nun der Impfbus in jedem Salon einfährt. Es war eher so gemeint: Ich glaube, dass wir als Friseure gute Aufklärungsarbeit leisten können. Wir können gut kommunizieren, mit positiven Argumenten überzeugen und deshalb viel bewegen. Ich sehe das schon auch als Fürsorgepflicht – für die Gemeinschaft.
Es gibt auch einige Friseure, die die 2G-Regelung gut finden. Die sagen, sie machen sogar schon länger 2 G – zum Schutz der Kunden und Mitarbeiter. Es sei auch eine Frage der Haltung und sie hätten teilweise für zwei Kunden, die deshalb gehen, fünf mehr, die dankbar sind, dass in ihrem Salon 2 G gilt. Ist die Forderung nach 3 G also wirklich im Sinne der Friseure?
Die Sache ist die: Wir haben lange mit 3G gearbeitet und sind mit allen damit verbundenen Hygienekonzepten gut gefahren. 2 G ist natürlich besser als ein Lockdown. Mich ärgert einfach, dass uns nun die Untätigkeit der Politiker auf die Füße fällt. Sie haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht, waren den Sommer über im Wahlkampfmodus. Jetzt sind wir in der vierten Welle und man hat uns alleine gelassen. 2 G bietet natürlich schon eine gewisse Sicherheit – auch für die Mitarbeiter. Aber es wird auf jeden Fall einen Einbruch geben mit 2 G. Ich wäre dafür, dass es die Betriebe selbst entscheiden, ob sie 2 G oder 3 G im Salon anwenden möchten.
Sind Sie bereits in der Lobbyarbeit?
Ja, wir führen schon wieder, gemeinsam mit dem ZDH intensive Gespräche. Die Landesverbände gehen auf ihre Politiker zu. Aber es ist wieder ein unglaublicher Föderalismus, ein wahnsinniger Flickenteppich, der vieles erschwert. Mir ist das zu wenig an politischem Dialog, der mit den Branchenverbänden geführt wird. Und es wäre auch wünschenswert, dass die Landespolitiker enger zusammenarbeiten. Es geht immer um die Zusammenarbeit und den Dialog, damit etwas erreicht werden kann.
Sie haben ja mehrere Funktionen, sind auch Vizepräsidentin der Unternehmensverbände Handwerk Niedersachsen e. V. und Vorstandsmitglied der Unternehmerverbände Niedersachsen. Ist das ein Problem oder vielleicht sogar sinnvoll?
Das ist überhaupt nicht problematisch. Über die Unternehmerverbände habe ich gelernt, mich zu platzieren. Dieses Netzwerk kann ich nun gut für meine Arbeit nutzen. Gerade durch meine Arbeit im Unternehmerverband Niedersachsen habe ich viele wichtige Kontakte auch zur Industrie, kann Zusammenhänge verstehen und weiß, wo welche Stellschrauben gezogen werden. Das bringt eindeutig Vorteile für meine Arbeit als ZV-Präsidentin und für die Branche.
Wer ist die neue ZV-Präsidentin?
Manuela Härtelt-Dören ist Friseurmeisterin, Visagistin und Kosmetikerin. Die 58-jährige Unternehmerin aus Göttingen ist seit 15 Jahren Obermeisterin der Friseurinnung Südniedersachsen und seit sieben Jahren Landesinnungsmeisterin des Landesinnungsverbands des niedersächsischen Friseurhandwerks, Vorstandsmitglied im Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks, Vizepräsidentin der Unternehmensverbände Handwerk Niedersachsen e. V. sowie Vorstandsmitglied der Unternehmerverbände Niedersachsen e.V.. Am 14. November wurde sie zur Präsidentin des Zentralverbands Friseurhandwerk gewählt.