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27.04.2021

Urteil des Monats: Keine Pfändung von Soforthilfen

Nach dem ersten Schock war die mehr oder weniger unbürokratische Auszahlung der Corona-Soforthilfe im Frühjahr 2020 für viele Selbstständige und Unternehmer*innen ein Lichtblick. Manche Gläubiger sahen das auch so. Unser Rechtsexperte klärt auf.

1. Was ist passiert?

Auch für viele Gläubiger waren die Zahlungen der Corona-Soforthilfe ein positives Signal, denn manch ein Schuldner hatte nun unverhofft pfändbare Liquidität auf den Konten. Das sahen die Schuldner oft anders: Die Soforthilfen seien dafür gedacht, Liquiditätsengpässe auszugleichen, nicht um alte Schulden zu bezahlen. Insbesondere im Hinblick auf die Förderrichtlinien sei das auch gar nicht anders möglich. Einige Schuldner beantragten daher bei ihren Banken, die pfändungsfreien Beträge auf ihren Pfändungsschutzkonten um die Soforthilfen (in der Regel 9.000 Euro) zu erhöhen. Dem kamen die Banken nach – wogegen die Gläubiger klagten.

2. Was sagt das Gericht?

Zunächst hat der BFH bereits am 20.07.2020 (VII S 23/20) entschieden, dass die Corona-Soforthilfen nicht für alte Steuerschulden gepfändet werden dürfen. Dieser Auffassung ist der BGH nun auch im Hinblick auf alle anderen Schulden gefolgt. Denn pfändbar ist nur eine Forderung, die übertragbar ist, § 851 Abs. 1 ZPO. Die Corona-Soforthilfe ist aber gerade nicht übertragbar, sondern ist ein individuell gewährter, freiwilliger Zuschuss zur Deckung von Liquiditätsengpässen. Daher sei der Pfändungsfreibetrag auf den Pfändungsschutzkonten um die Beträge der Corona-Soforthilfen zu erhöhen. Altverbindlichkeiten müssen mit diesen Soforthilfen jedenfalls nicht bedient werden.(BGH, 10.03.2021 – VII ZB 24/20)

3. Was heißt das für Sie?

Vergleichsweise schnell hat die Rechtsprechung die drängende Frage beantwortet, ob Soforthilfen von Altgläubigern zur Deckung der Verbindlichkeiten herangezogen werden dürfen, die schon vor dem Lockdown bestanden haben. Die zu den ersten Hilfen ergangene Rechtsprechung dürfte auch auf die künftig auszuzahlenden Hilfen übertragbar sein – sofern diese zur Deckung von Liquiditätsengpässen aufgrund von Corona-Maßnahmen ausbezahlt werden.

Sven Kobbelt ist Rechtsanwalt und Experte für mittelständische Unternehmen.