Foto: Joico

02.07.2019

Traumjob Session Stylist

Er stylt backstage by Fashion Weeks und Mode-Shootings: Richard Mannah hat mit uns über die Stylingtrends 2019 gesprochen und darüber wie es ist, ein Session Stylist zu sein.

TOP HAIR: Wie sieht eigentlich dein Arbeitsalltag aus?
Richard Mannah:
Ich lebe in New York City und mache jeden Tag etwas anderes: An einem Tag kann es ein Fotoshooting sein, oder ich frisiere Models in einem Salon, oder ich reise nach L. A., um Step-by-steps für Joico zu erstellen. Kreativ arbeite ich an Shows, Schulungen und Fotoshootings mit, aber ich unterstütze auch Produkteinführungen, mache Präsentationen, frisiere Kunden und Models. Manchmal arbeite ich zuhause, mache Telefonate und E-Mails, bereite mich auf die nächste Show vor. Es ist also abwechslungsreich.

TOP HAIR: Was braucht es, um ein wirklich guter Session Stylist zu werden?
Richard Mannah:
Ich denke, man braucht viel Erfahrung und man muss vielen Leuten assistieren, viele, viele Jahre lang. Dann lernst du, wie diese Person arbeitet und wie jene Person arbeitet. Du lernst ihre Techniken. Wenn du also viel assistiert und viel gelernt hast, dauert es nicht lange, bis Leute nach dir fragen, damit du ihre Haare stylst. Dann machst du vielleicht ein Fotoshooting, du kommst gut an und der Fotograf will dich auch für ein anderes Fotoshooting haben ...

TOP HAIR: Wie wurdest du denn Session Stylist?
Richard Mannah:
Ich habe viele Jahre für Toni & Guy gearbeitet. Als ich nach London zog, habe ich in Vollzeit Education gemacht und war in der Academy. Ich bin viel gereist und habe Shows gemacht, und außerdem waren wir offizieller Sponsor der London Fashion Week. Ich habe also Haare für diesen und jenen Designer gestylt. Ein Session Stylist ist ein Friseur, der außerhalb der vier Wände eines Salons arbeitet, jemand, der da draußen ein Fotoshooting macht oder eine Modenschau oder Education oder eine Haar-Show. Für mich war es eine natürliche Entwicklung meines Jobs. Ich denke, die Möglichkeiten, die mir Toni & Guy geboten haben, halfen mir, die Augen für eine andere Welt des Frisierens zu öffnen, und ich liebe es.

TOP HAIR: Kann man Session Stylist sein, wenn man nicht in London, New York oder Paris sitzt?
Richard Mannah:
Ich denke, die Möglichkeiten in London, New York und Paris sind viel größer. In den Modehauptstädten, also dort, wo die prominentesten Fashion Weeks stattfinden. Mehr noch Paris und New York: mehr Möglichkeiten, mehr Geld, größere Designer. Die Branche ist viel kleiner in London und Mailand. In London steckt nicht viel Geld in der Mode. Seien wir ehrlich. Deswegen gibt es dort viele coole, junge Designer und die Mode ist edgy, weil es keine Sicherheit gibt. In Amerika ist mehr Geld, mehr Druck, es ist sicherer. Und in Paris ist die Haute Couture. Dort ist die Creme de la Creme der Mode. Lebst du in New York, London, Mailand, Paris, hast du als Session Stylist mehr Möglichkeiten als irgendwo anders auf der Welt.

"Man muss vielen Leuten assistieren, viele, viele Jahre lang."

TOP HAIR: Welche Haartexturen sind deiner Meinung nach gerade angesagt?
Richard Mannah:
Alle. Locken sind so angesagt, glattes Haar kommt auf eine ganz schöne Weise zurück: geschmeidig, glänzend und klassisch. Wellen haben immer was Modisches mit ihrer Textur. Sogar Afrohaar, es ist wunderschön. Es hat eine schöne Form zu den sehr kleinen Locken und die Frauen tragen es sehr, sehr voluminös. Sie sehen umwerfend aus. Letztlich muss es zur Person passen, und du musst mit der natürlich vorhandenen Textur arbeiten.

TOP HAIR: Mixt man auch verschiedene Texturen?
Richard Mannah:
Bei Fashion Weeks sieht man es, aber wenn du über Alltagsfrisuren sprichst, sehe ich es nicht. Auf den Laufstegen kannst du besonders bei den kreativen Designern alles Mögliche mit dem Haar anstellen. Im Alltag sehe ich eher ein Thema: Wenn es lockig ist, dann ist es lockig, wenn es glatt ist, dann ist es glatt.

TOP HAIR: Du hast mal gesagt „Das beste Arbeitsgerät des Friseurs sind seine Hände.“
Richard Mannah:
Wenn du föhnst, Locken drehst oder Haare glättest, musst du mit deinen Händen ins Haar fassen. Die Wärme deiner Hände, deine Finger und das Anfassen ermöglichen erst das Finish. Unsere Hände sind das beste Tool. Egal, welches Gerät du vorher verwendet hast, etwas mit den eigenen Händen zu vervollkommnen ist etwas Besonderes. Hier reagieren zwei natürliche Dinge miteinander.

TOP HAIR: Wie wichtig ist der Haarzustand für das Styling?
Richard Mannah:
Das Wichtigste. Gesundes Haar ist glückliches Haar. Jeder will gesundes Haar. Warum? Wenn du trockenes, kaputtes und brüchiges Haar hast, brauchst du viel länger, damit es gesund aussieht. Du brauchst mehr Produkt, du setzt mehr Hitze und Zeit ein, damit es gesund und glänzend aussieht. Wenn es gesund ist, brauchst du nur ein paar Bürstenstriche beim Föhnen und es sieht gut aus und schwingt.

TOP HAIR: Welche Erfahrungen machst Du mit Models? Wie ist ihr Haar, gesund?
Richard Mannah:
Nein, nicht immer. Manchmal ist das Haar schlaff und platt, manchmal hat es keine Elastizität. Du setzt Föhn oder Lockenstab ein und es wird platt. Da ist keine Elastizität, kein Stylinggedächtnis im Haar.Föhnst du gesundes Haar, hat es mehr Schwung. Das macht unseren Job viel leichter. Aber nicht jedes Haar ist gesund.

TOP HAIR: Ist das Haar von Models also vergleichbar mit dem von normalen Salonkunden?
Richard Mannah:
Es ist eher schlimmer. Ihr Haar wird ständig geföhnt, gelockt, geglättet, gefärbt. Vor allem bei einer Fashion Week. Jemand wie Kendal Jenner, die New York, London, Mailand, Paris, also vier Wochen ständig Make-up, Haarprodukte und Haartools verwendet. Das fordert seinen Tribut. Deswegen ist es so wichtig, dein Gesicht zu hydratisieren, deswegen ist es so wichtig, deine Haare mit Feuchtigkeit zu versorgen.

TOP HAIR: Es gibt immer mehr Produkte mit Mehrfachnutzen. Arbeitest du lieber mit diesen Produkten, oder kombinierst du Basicprodukte eher selbst so, wie du sie haben willst?
Richard Mannah:
Beim Styling geht es weniger darum, Haare gesund zu pflegen. Es geht zum Beispiel darum Volumen zu kreieren oder Glanz. Klar, je besser die Inhaltsstoffe, umso besser ist es für das Haar. Aber beim Styling ist nur das Ergebnis wichtig. Wenn es um gesundes Haar geht, dann kannst du im Grunde nur mit Shampoo, Conditioner, Treatment, Maske und Produkten arbeiten, die vor Schäden durch Chemie, Hitze und UV schützen. Ich arbeite gerne damit, aber ich liebe auch die Arbeit mit Stylingmitteln, die mir das bieten, was ich fürs Frisieren brauche. Wenn ich style, richte ich mein Augenmerk weniger auf ein gesundes Ergebnis, weil das Styling dafür nicht gedacht ist. Das Styling ist zum Frisieren da.

 

Wer ist Richard Mannah?

Richard Mannah ist gebürtiger Australier. Viele Jahre arbeitete er in England, wo er 2012 zum London Hairdresser of the Year gekürt wurde. Inzwischen lebt und arbeitet er in New York als Session Stylist. 2018 ernannte ihn die Marke Joico zum International Guest Artistic Director.