13.12.2018
Wahnsinn zu Silvester? Das war einmal
Die Zeiten überfüllter Terminbücher zur Vorweihnachtszeit sind vorbei. Halb so schlimm, sagt unser Kolumnist Lars Nicolaisen.
Ich möchte Ihnen heute einmal offen und ehrlich sagen, wie es bei mir und in unseren Salons in diesem Jahr bis jetzt ausgesehen hat (zumindest bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe). Es war so wie in den letzten Jahren auch: Der November war wie so oft ein trauriger Monat.Nass, grau und von zu vielen Krankheitsausfällen überschattet. Nicht gerade herzerwärmend. Dann sagt man sich: „Das ist sicherlich die Ruhe vor dem Sturm“, und man hofft auf den Dezember. Und dann kommt es doch wieder anders.
Um es gleich vorwegzunehmen: Ja, auch bei uns ist und bleibt der Dezember der umsatzstärkste Monat. Das bedeutet, dass unsere Salons im Dezember recht gut besucht sind. Aber dass wir im Dezember restlos ausgebucht sind und Extraschichten schieben müssen, um dem gewaltigen Kundenansturm irgendwie gerecht werden zu können, kann ich nun nicht behaupten. Bei Nicolaisen gibt es auch wenige Tage vor Heiligabend noch die eine oder andere Lücke im Terminbuch. Ist das schlimm? Ich finde nicht.
Ich habe Mitte der 80er-Jahre mit der Friseurausbildung begonnen. Ich habe noch die Zeiten mitgemacht, wo wir im Dezember als Friseursalon regelrecht überrannt wurden. Allein was wir an Silvester geschuftet haben, war der Wahnsinn. Offizielle Öffnungszeit war damals bei uns 8 bis 14 Uhr, aber selbst wir Azubis kamen kaum vor 16 Uhr nach Hause. Und wenn man dann den Salon verlassen hat, war man selbst voll mit Glitzerspray und Konfetti im Haar. Diese Zeiten sind zumindest bei uns längst Geschichte. Zwar gilt auch bei uns im Dezember für alle Mitarbeiter eine Urlaubssperre, aber gerade weil wir im Dezember mit voller Mannschaftsstärke in den Salons stehen, können wir uns gegenseitig gut entlasten. Solch ein extremes „Weihnachtsgeschäft“, wie ich es als junger Friseur und junger Selbstständiger erleben durfte, gehört bei uns der Vergangenheit an. Ich bin darüber überhaupt nicht traurig. Und wissen Sie warum? Weil wir schon seit Jahren auch im Januar und Februar ordentliche Umsätze generieren!
Dunkle Monate Januar und Februar
Wenn ich Friseurkollegen über „früher war alles besser“ philosophieren höre, und wenn die dann immer die irrsten Geschichten vom Weihnachtsgeschäft erzählen, dann vergessen diese Kollegen auch darüber zu sprechen, welchen Preis solch ein extremes Weihnachtsgeschäft mit sich brachte.
Wenn sich alle Damen im Dezember hübsch machen und sich ihre Foliensträhnen und American Colors ins Haar zaubern ließen, war meistens in den ersten beiden Monaten des neuen Jahres Ebbe in der Kasse. Die dunklen, traurigen Monate Januar und Februar waren noch dunkler und trauriger. Davon kann heute keine mehr Rede mehr sein! Unsere (Großstadt-)Kunden haben sich schon lange vom gesellschaftlichen Weihnachtsstress befreit. Ich bin froh über diese Entwicklung. Und diese Verlagerung der Kundenbesuche hat aus meiner Sicht noch zwei weitere Vorteile:
Geschäftlich finde ich es großartig, dass ich mir keine zwanghaften Gedanken mehr machen muss, wie ich die Salons zum Jahresbeginn zumindest halbwegs ausgelastet bekomme. Ich schüttle immer den Kopf, wenn ich im Oktober Post von Werbeagenturen und Unternehmensberatern mit so „innovativen“ Ideen wie Gutscheinen für Januar/Februar zum Augenbrauen- und Wimpernfärben erhalte. Das fühlt sich für mich völlig gestrig an. Außer ein paar Schoko-Weihnachtsmännern bekommen unsere Kunden keine weitere Aufmerksamkeit in den letzten Wochen des Jahres. Die Zeit der „Kundengeschenke zu Weihnachten“ ist zumindest bei uns fast vorbei. Bekomme ich als Kunde in anderen Geschäften / Restaurants in der Vorweihnachtszeit Geschenke? Nein. Warum auch?
Das heißt natürlich nicht, dass kleine, persönliche Aufmerksamkeiten für Kunden nicht ein wunderbares Instrument sind, um Danke zu sagen. Wer für solche Kleinigkeiten eine gute Hand und auch die Zeit hat, alles gut vorzubereiten, macht sicher sehr viel richtig. Bei gut 2.500 Kundenbesuchen im Dezember ist das für uns mit dem Anspruch der „Individualität“ jedoch kaum noch zu realisieren. Und langweilige Gutscheine oder Produkte in Reisegrößen sollten es nun auch nicht sein, oder?
Privat finde ich es sehr angenehm, dass unsere Salons im Dezember zwar sehr gut besucht, aber nicht übertrieben überbucht sind. So bleibt mir auch selbst immer mal wieder Zeit, die Vorweihnachtszeit zu genießen. Und genau das wünsche ich auch Ihnen.