20.04.2022
Social Media ist kein rechtsfreier Raum
Veröffentlichen kann dank Social Media doch heute jeder. Oder? Eher nicht. Mediennutzung hat Schranken.
Ein paar Klicks – schon sind die Bilderserie oder das Filmchen aus dem aktuellen Salonshooting auf Facebook, Instagram und Co. gepostet. Der aktuelle Song der Lieblingsband liefert den passenden Background-Sound und verschafft bei Usern größere Aufmerksamkeit. Was technisch einfach zu bewerkstelligen ist und für viele Salons inzwischen zum Alltag ihres Marketings gehört, birgt eine Menge rechtlicher Fallstricke.
Urheber- und Persönlichkeitsrechte schützen Komponisten, Texter und Urheber von Filmen, Fotos und Musik genauso wie dargestellte oder abgebildete Personen. Für die Vervielfältigung und Veröffentlichung filmischer, fotografischer oder musikalischer Werke fallen häufig Lizenzen an. Wer möglicherweise kostspielige Streitigkeiten vor Gericht, etwa mit der Gema (Gesellschaft für musikalische Auf führungsund mechanische Vervielfältigungsrechte), vermeiden will, sollte eigene Online-Beiträge gut überdenken und sich vertraglich entsprechend absichern. Eine erste Hilfestellung für die Nutzung von Musik für Posts in sozialen Netzwerken bietet die Website der Gema. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, lässt sich von einem Spezialisten für Medienrecht beraten und Vertragsbeispiele aufsetzen. Medienfachanwalt Ulrich Poser aus Hamburg beleuchtet für TOP HAIR unterschiedliche Themenbereiche der Mediennutzung.
Bild- und Urheberrechte absichern
Für die Veröffentlichung von Fotos und Filmen in Medien, ob analog oder online, gelten ähnliche rechtliche Regeln. Bevor ein Bild ins Netz wandert, muss man in der Regel von jeder abgebildeten Person das Bildrecht sowie vom Fotografen/ der Fotografin das urheberrechtliche Nutzungsrecht einholen“, erklärt Rechtsanwalt Poser das Verfahren. Das gelte auch für Fotos, die Kund*innen im Salon aufgenommen haben.Wollen Saloninhaber*innen diese weiterposten, sollte ihnen eine Erlaubnis der Kund*in vorliegen:
Zu Beweiszwecken ist es am besten, diese Erlaubnis in Textform, etwa als E-Mail oder gar schriftlich einzuholen und aufzubewahren. Sicherlich wäre es in der Praxis übertrieben, den Kund*innen hier einen zehnseitigen Lizenzvertrag vorzulegen. Aber zumindest Folgendes sollte man sich unterzeichnen lassen: Das Foto XY dürfen Sie auf Social Media und im Internet zeitlich, örtlich und inhaltlich unbeschränkt für die Bewerbung Ihres Salons XY kostenfrei nutzen. „Das ist zwar nicht mega-professionell, aber viel besser als gar nichts“, sagt Poser.
InfoEinen ersten Überblick über die Rechte und |
Musik – die Verlage sprechen mit
Beispiel: Die Inhaberin eines Salons dreht bei einer Brautfrisurenschau im eigenen Haus einen Film, in dem eine ihrer Mitarbeiterinnen einer Kundin die Haare hochsteckt. Diesen will sie, mit Musik unterlegt, auf Facebook posten. Dafür muss sie sich gleich mehrere Genehmigungen einholen, will sie keine urheberrechtliche Abmahnung riskieren.
In jedem Fall müsse sie auch hier klären, ob Mitarbeiterin und Kundin damit einverstanden sind, dass der Film hergestellt und über Social- Media-Kanäle veröffentlicht wird, erklärt Fachanwalt Poser. Denn bei ihnen liegen die Rechte am eigenen Bild als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. „Die Einwilligung zur Herstellung und Veröffentlichung des Filmes erfolgt wieder am besten in Textform oder schriftlich und unbefristet sowie unwiderruflich, da manche Inhalte nachträglich nur sehr schwer aus dem Internet zu entfernen sind.“
Die Urheber- und Leistungsschutzrechte am Filmwerk liegen immer beim Aufnehmenden, bei Filmherstellern und Drehbuchautoren. Hat aber eine dritte Person den Film gedreht, liegen die Urheberrechte bei dieser, die Nutzung des Films muss dann ebenfalls vertraglich geklärt werden. Schwieriger stellt sich die rechtssichere Nutzung von Filmmusik dar. Musikwerke dürfen als Filmmusik im Regelfall nicht ohne Weiteres ohne Genehmigung der dafür zuständigen Urheber bzw. Verlage genutzt werden. Die mögliche Abmahnung dafür könne sehr teuer werden, so Rechtsanwalt Poser. Entsprechende Lizenzen von den Verlagen zu erhalten, sei allerdings oft schwierig oder gar unmöglich. Liegt die Genehmigung vor, bleibt noch die Anmeldung der Musiknutzung bei der Gema. Dafür berechnet die Gema dann eine Lizenz nach ihren Tarifen.
Für denkbar schwierig hält Poser die öffentliche Nutzung von Filmen, die Kund*innen im Salon aufgenommen haben. Saloninhaber*innen könnten in dem Fall nur schwer nachvollziehen, wo Bild- und Urheberrechte liegen und diese vertraglich absichern; die Gefahr der Rechtsverletzung steige. „Am besten verzichtet man ganz darauf, Filme von Dritten ohne vorherige Rechteeinholung zu nutzen“, lautet Posers Rat. Bei größeren Events Imagefilme erstellen zu lassen, kann für Salons dennoch interessant sein. Poser rät in solchen Fällen, einen Profi mit der Herstellung des Films zu beauftragen. Zu dessen Komplettpaket gehöre im Allgemeinen, dass die Agentur alle Rechte einhole und an den Auftraggeber übertrage und der Auftraggeber damit nichts zu tun habe. „Meistens ist das aber teuer, und den Vertrag mit der Agentur muss man insoweit akribisch prüfen.“
Checkliste für die Nutzung
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Selten ohne Gema-Gebühr
Wo Musik läuft, kommt schnell die Gema ins Spiel. Die Gesellschaft, die sich um die Vergütung urheberrechtlich geschützter Musikwerke kümmert und weltweit die Ansprüche von Komponisten und Textdichtern vertritt, erhebt für die Nutzung von Musik im öffentlichen Raum Gebühren. Da werden auch die meisten Salons zur Kasse gebeten, wenn bei ihnen Musik im Hintergrund läuft.Unerheblich dabei ist, ob diese im Internet gestreamt oder über Radio und CD-Player abgespielt wird.
Wer Gema-pflichtige Musik nutzt und versäumt, dieses im Vorfeld zu melden, wird mit einem hundertprozentigen Kontrollzuschlag zur Kasse gebeten. Ausgenommen von der Gema-Pflicht seien nach neuerer Rechtsprechung unter Umständen „sehr kleine Salons, die keine Laufkundschaft haben, sondern pro Tag wenige Kunden nach individueller Terminvereinbarung einzeln nacheinander bedienen“, erläutert Fachanwalt Poser. In solchen Fällen kann man mit der Gema streiten, ob eine Musiknutzung überhaupt öffentlich ist. Ebenfalls von Zahlungen an die Gema befreit seien Salons, die Gema-freie Musik oder das digitale Antennenfernsehen DVB-T2 nutzen. Schließlich sei auch die Nutzung von Kompositionen, deren Urheber länger als 70 Jahre verstorben sind, Gema-frei. Sind die Aufnahmen älter als 50 Jahre, falle auch keine GVL-Lizenz an. Wichtig ist, dass bei der Nutzung Gema-freier Musik die gesetzliche Gema-Vermutung in jedem Fall zu widerlegen ist. Dies bedeutet, dass der Gema vor der Musiknutzung eine detaillierte Playlist vorgelegt werden muss.
Unterschiedliche Tarife
Gema-Spezialist Poser rät Saloninhaber*innen, Gema-Rechnungen immer genau zu kontrollieren: Das zahle sich meistens aus. Es komme bei der Erhebung der Lizenzen nämlich nicht nur auf die Größe eines Salons an, sondern auch auf die Art der Musiknutzung. Ob Hintergrundmusik, Radio, TV, CD oder Streaming – für jede Nutzung gebe es unterschiedliche Tarife. Wer sich damit nicht auskenne, zahle eventuell zu viel.
„Wer Gema-Lizenzen zahlt oder eine Lizenz bei einem Gema-freien Anbieter kauft, kann damit aber nicht automatisch Filme oder Bilder aus dem eigenen Salon mit Musik hinterlegen und im Internet posten“, warnt Poser. Social-Media Plattformen wie Facebook, Instagram und Youtube zahlen zwar eigene Lizenzen bei der Gema, sodass die Nutzung der Musik selbst nichts kostet. „Was bleibt, ist die Abklärung der Bildrechte und der Rechte zur Filmherstellung sowie deren Veröffentlichung.“ Aufs Kleingedruckte im Lizenzvertrag sollten auch Saloninhaber achten, die Gema-freie Musik für eigene Filme nutzen wollen. Dort müsse nämlich klar genannt werden, dass die ausgewählten Titel als Filmmusik verwendet werden können.
Ulrich Poser
ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in Hamburg und seit 1996 auf das Thema Gema spezialisiert. Er berät mittelständische Unternehmen aus allen Branchen und vertritt seine Mandanten bundesweit in Gerichtsverfahren gegen die Gema.
www.rechtsanwalt-poser.de