Bei Jens Dagné in Worms gehen Kunden auf Pokémon-Jagd. So erscheinen die Monster über die App. ::: Fotos: Privat

02.08.2016

Pokémon Go beim Friseur

Das „Pokémon Go“- Fieber hat Deutschland längst erreicht. Friseure nutzen den Marketing-Effekt und locken die Kunden in den Salon. Ob Ihnen das gelingt?

Jeder will eines der Monster fangen und rennt beseelt durch Straßen, Kinos, Cafés und Events. Pokémon Go ist ein Spiel für Smartphones und Tablet. Es wurde in den USA entwickelt und lässt sich über eine App aktivieren. In der App kann man sich für einen Euro einen „Köder“ kaufen und an den Wunschort platzieren, der den Spieler  dorthin lenken soll.  Laut Stern online sind mittlerweile 75 Millionen Menschen weltweit  von dem „Virus“ infiziert. Viele Unternehmen haben den Hype erkannt und nutzen das für ihr Geschäft. Auch Friseure sind begeistert und erhoffen sich über virtuelle Pokémon-Aktionen im Salon nicht nur auf sich aufmerksam zu machen, sondern auch das ihre Kassen klingeln.  Intercoiffure-Friseur Jens Dagné aus Worms macht sich das zunutze. Er hat das Lockmittel in seinem Salon platziert und möchte die internetaffine Zielgruppe ansprechen. TOP HAIR wollte wissen, ob er sich über mehr Kundschaft freuen kann.

TOP HAIR: Welchen Effekt erhoffen Sie sich von der Marketing-Aktion, das Pokémon-Fieber für Ihren Salon aufzugreifen?  

Jens Dagné: Mein Sohn Chresten hat die geschäftliche Facebook -Seite übernommen. Seine Intention ist es,  dem Salon zu den bestehenden „etablierten Kunden“  neue, junge Kunden zuzuführen.  

Wie viele Kunden mehr hat Ihnen die Aktion bereits beschert, und macht sich das im Umsatz bemerkbar?  

Diese Aktion ist eine von vielen und muss im Gesamtwerbe-und PR-Konzept gesehen werden. Wir liegen am dörflichen Rande einer Kleinstadt und auch noch in drei angrenzenden Endverbraucher-Publikationsbereichen.  Das bedarf eines großen, umfassenden Werbe-Budgets. Wir haben eine gute Neukundenfrequenz und merken, dass immer mehr Jugendliche dazukommen. Aber da ist auch noch Instagram, Newsletter, Kundenmagazin in öffentlichen Bereichen. u.v.a.m., aber eines steht fest: Wir haben bis heute mit dieser Aktion weit über 32.000 Personen erreicht!!!  

Müssen Sie sich schon vor den Pokémon-Jägern retten?  

Ganz so schlimm ist es nicht, aber es „kreisen“ auch einige einfach nur mit ihren Handys um den Salon herum.  

Stört es nicht den laufenden Salonbetrieb, und wie gehen Kunden damit um?  

Nein, es wird von den Kunden als „lustig“ empfunden, was die jungen Leute da treiben. Und interessant: Es gibt nicht nur junge Leute im „Pokémon-Fieber“!  

Wie erreichen Sie es, dass die Pokémon-Sucher das Angebot – Friseurleistung und Produkte - Ihres Salons wahrnehmen und nicht gleich wieder den Salon verlassen?  

Wir haben bei Facebook folgenden Aufruf gepostet:

EIN WILDER 10 %-RABATT ERSCHEINT!! Für alle Pokémon-Go-Spieler: Auf einen lässigen Haarschnitt bekommt ihr jetzt 10 % Rabatt, falls es euch gelingt, ein Pokémon bei uns im Laden zu fangen! Natürlich gilt das auch für weibliche Spieler!

Das hat sich tatsächlich auch bis heute niemand getraut, dass er reingekommen ist, das Pokémon gefangen hätte und wieder gegangen wäre.   Es würde ja auch keinen Sinn machen, wenn man den Rabatt nicht bekommt!

Wen hat das Fieber in Ihrer Familie gepackt?  

Mein Sohn ist 22, studiert Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz und spielt  „Pokémon Go“. Wie ist das alles, und wie der Hype um Pokémon Go denn überhaupt zu erklären? Ganz einfach! Diese jungen Erwachsenen haben als Kinder bzw. Jugendliche Pokémon gespielt. Sie hatten damals schon immer den Traum, selbst Pokémon-Trainer zu sein.  Und aus dieser Nostalgie, vermischt mit der neuen Technik wird die Begeisterung von damals neu empfunden.  

Und wie steht es mit Ihnen und Ihrer Frau?

Nein, wir sind nicht im Fieber. Ganz im Gegenteil, es ist befriedigend zu sehen, dass wir junge Menschen damit ansprechen können.

Rechtliche  und praktische Risiken

Mit Gutscheinen und Rabatten auf sich aufmerksam zu  machen,  diese über die sozialen Netzwerke zu verbreiten, ist sicherlich kein Verbrechen.  Ob die PR-Aktion tatsächlich mehr Umsatz  bringt, bleibt abzuwarten. Ganz unbedenklich ist das virtuelle Spiel nicht: Markenrechtler und Verbraucherschützer warnen vor rechtlichen und praktischen Risiken.  Angefangen vom Hausfriedensbruch über Verletzung von Persönlichkeitsrechten bis zu Versicherungsfragen und Datenschutz-Problemen kann das Spiel Ärger auslösen.

Markenrechte von Pokémon sind problematisch

So macht Rechtsanwalt Thomas Schwenke in einem Internetbeitrag auf die Urheberrechte  aufmerksam, weil grundsätzlich grafische Elemente nicht ohne vorherige Erlaubnis von Nintendo verwendet werden dürfen. Der Markenrechtsexperte spricht  von gewissen Spielräumen:  Es ist erlaubt, auf die Nutzung des Spieles oder auf Leistungen rund um Pokémon Go hinzuweisen. Für Geschäftsinhaber gibt Schwenke folgenden Rat: „ Möchten Sie darauf hinweisen, dass in Ihrem Ladenlokal Pokémons gefangen werden können, dann dürfen Sie sich nicht „Pokémon-Fangstelle“ nennen. Auch hier entsteht der Anschein einer offiziellen Kooperation (sog. sponsored Location). Sie dürfen jedoch schreiben, „bei uns können Sie auf Pokémon-Jagd gehen“.“ Darüber hinaus rät er dringend davon ab, das offizielle Logo zu verwenden oder dieses auf selbst gestalteten Werbemitteln zu platzieren. (et)

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