Josef Wieser, Foto: Stephanie Hladik

20.12.2017

Josef Wieser: Kämpfer für die Friseurbranche

„Wenn man nichts tut, dann wird auch nichts besser.“ Josef Wieser hofft, für die Branche noch einiges zu bewegen.

Es sind viele Ideen, die den Friseurunternehmer aus Oberbayern umtreiben und vielleicht helfen, ein wenig mehr Gerechtigkeit in diese Welt zu bringen. Während er sich privat unter anderem für den Jugend- und Behindertensport beim Fußballverein 1860 München engagiert, setzt er sich beruflich seit Jahren für eine gute Ausbildung und gerechte Entlohnung des Friseurnachwuchses ein. 23 Jahre als Obermeister der Friseur-Innung Fürstenfeldbruck und zwölf Jahre als Vorsitzender im Ausschuss Wirtschaft und Soziales beim Landesinnungsverband Bayern („Die größte Erfüllung, die ich in meinem Leben erfahren durfte.“) hat er den Finger in manche Wunde gelegt. Er sei nicht immer bequem gewesen, wie er im Gespräch mit TOP HAIR erzählt. Doch habe er durch viele Gespräche mit Politikern auf Landes- und Bundesebene („Mancher Deal kam auch im Biergarten zustande.“) und Hartnäckigkeit einiges erreichen können. Der Zoll sei seine größte Erfolgsgeschichte. Gemeinsam habe man unter anderem ein Arbeitspapier erstellt, das die Zollbeamten heute bei ihren Kontrollen unterstützt. Anderes ist und bleibt mühsam, so z. B. die Lohnverhandlungen. „Ich kann schon den Rahmen für das ganze Land abstecken. Aber wir haben in den Bundesländern unterschiedliche Voraussetzungen. Nehmen wir mal an, wir haben einen Startlohn von 1.900 Euro im 2./3. Gesellenjahr. Während ich in München dafür niemanden bekomme, ist das in anderen (Grenz-)Regionen eine Topbezahlung. Hinzu kommt das unterschiedliche Preisgefüge in den Salons.“

Bayern im Alleingang

Wieser hält nichts davon, alles auf Biegen und Brechen zu vereinheitlichen. Aktuelles Beispiel seien für ihn die Verhandlungen über die Ausbildungsvergütungen für Lehrlinge. Die Gewerkschaft Verdi wollte lieber eine bundeseinheitliche Lösung. „Bei welcher Höhe soll man die ansetzen? fragt sich Wieser. Individuelle Lösungen in den Bundesländern seien verträglicher und realistischer. Gesagt, getan. Bayern habe letztendlich im Juni im Alleingang die Höhe der Ausbildungsvergütung festgelegt. Immerhin: Mittlerweile hat auch Verdi sich bewegt und doch erste Abschlüsse mit einzelnen Landesinnungsverbänden (u. a. Schleswig-Hol­stein und Pfalz) getätigt.

Josef Wieser spricht Unangenehmes offen an, gibt sich aber auch selbstkritisch. „Ich war ein Revoluzzer und Verbandsgegner, wollte damals mit der Innung aus dem Landesverband austreten. Letztendlich sind wir drin geblieben, weil wir gemerkt haben, dass wir alleine nichts reißen. Wir müssen uns organisieren, sonst sind wir der Politik ausgeliefert.“ Innungsarbeit sei gerade in der heutigen Zeit wichtig, Mitglieder dafür zu gewinnen umso schwieriger. Das liege nicht selten an einzelnen Verbandsfunktionären, die sich nicht bewegen und nur jammern. „Das ärgert mich und macht die Arbeit an der Basis nicht leichter.“

Rückzug in die zweite Reihe

Im eigenen Betrieb läuft es dafür umso geschmeidiger. Josef Wieser zählt in seinen fünf Salons – Stammsitz ist Mammendorf – insgesamt 52 Mitarbeiter. Mittlerweile trägt auch seine Tochter Verantwortung im Unternehmen, außerdem hat er zwei Angestellte zu Teilhaberinnen gemacht. Wieser selbst hat sich nach einer Erkrankung aus dem Salongeschäft und allen Verbandsposten zurückgezogen, managt aus der zweiten Reihe. Das Feld ist bestellt. Im November wurde Andrea Macha seine Nachfolgerin als Obermeisterin der Friseur-Innung Fürstenfeldbruck. Wieser wurde zum Ehrenobermeister ernannt. „Sie war meine Wunschkandidatin. Ich bin froh, dass es weitergeht.“ Weitergehen wird es auch im Haarstudio Wieser, das jetzt „Bavarian Beauty by Wieser“ heißt.

Der 57-Jährige steckt gerade mitten in einem neuen Bauprojekt, seiner Altersvorsorge, wie er sagt. Im nahe gelegenen Industriegebiet investiert Wieser eine sechsstellige Summe in eine Akademie, modern und energieeffizient. „Die baue ich für uns und die Region. Gut erreichbar für die Seminarteilnehmer.“ Insgesamt werden 300 Quadratmeter überbaut. Allein 95 Quadratmeter groß ist der darin befindliche Salon. Er kann für Theorie- und Praxisunterricht flexibel umgestaltet werden. Der 1. Stock wird extern vermietet. Im Dachgeschoss richtet sich Wieser sein Büro ein.

Akademie als Standbein

Bereits jetzt sind die Kurse ab August 2018 ausgebucht. La Biosthétique wird die Räume langfristig mieten. Profitieren sollen alle Auszubildenden der Region, auch seine eigenen elf Lehrlinge. „Ich könnte mir vorstellen, dass ich meine Azubis einmal in der Woche in die Akademie zur Weiterbildung schicke. So wird der normale Salonbetrieb nicht gestört und Schulungen müssen nicht abends nach Salonschluss stattfinden.“ Auch wenn der 57-Jährige Friseur auf seine Gesundheit achten muss, legt er nicht die Hände in den Schoß. „Wenn man nichts tut, dann wird auch nichts besser“ sei schon immer sein Leitspruch gewesen. Alles, was er sich bisher aufgebaut hat, habe er sich hart erarbeitet. Sein Großvater war Landwirt gewesen, sein Vater Fuhrunternehmer, und seine Mutter wäre zwar gerne Friseurin geworden, durfte aber nicht. Josef Wieser ging bei Friseur Blatter in die Lehre, einem der ersten Filialisten Münchens. Mit 26 Jahren machte er sich selbstständig. Haare zu schneiden bereitete ihm zwar Freude, wie er sagt, aber „ich habe doch gemerkt, dass ich eigentlich mehr ein Kaufmann bin.“ Für die Entwicklung seines Unternehmens und damit auch der gesamten Friseurbranche war dies zumindest bisher nur von Vorteil.