Michael Reichert rät, sich gut auf das Bankgespräch vorzubereiten >< Foto: privat

30.05.2017

Gründungszuschuss für Friseure

Gründungszuschuss für Friseure – kein Ding der Unmöglichkeit. Berater Michael Reichert sieht bei einer guten Vorbereitung ausreichend Chancen.

Gleich vorweg: Es gibt keine Branche, die per se vom Gründungszuschuss ausgeschlossen ist. Allerdings ist seit Ende 2011 aus einer Muss-Leistung eine Kann-Leistung geworden, das heißt, es liegt im Ermessen des Sachbearbeiters, ob ein Gründungszuschuss gewährt wird. Damit diese Entscheidung nach vergleichbaren Kriterien getroffen wird, haben die Arbeitsagenturen feste Kriterien, nach denen abgewogen werden muss. Ein wichtiges Kriterium ist dabei die Vermittelbarkeit in freie Stellen auf dem Arbeitsmarkt: Je besser die Jobchancen, desto schlechter die Chance auf den Gründungszuschuss. Und hier scheint auf den ersten Blick eigentlich alles klar zu sein. Friseure sind auf dem Arbeitsmarkt absolut leicht vermittelbar und hätten deshalb eigentlich auch kaum eine Chance, den Gründungszuschuss zu bekommen. Das ist aber eben nur der erste Blick. Seit Ende 2012 haben drei Viertel der von mir begleiteten Salongründer einen Gründungszuschuss erhalten.

Voraussetzungen für den Zuschuss

Zunächst ist die grundlegende Voraussetzung für den Gründungszuschuss zu klären. Um den Zuschuss der Arbeitsagentur überhaupt beantragen zu können, müssen Existenzgründer arbeitslos sein und noch einen verbleibenden Restanspruch auf 150 Tage Arbeitslosengeld haben. Die Existenzgründung muss im Voll­erwerb erfolgen und die Arbeitslosigkeit beenden. Für den Antrag selbst sind dann ein gutes Gründungskonzept, eine Rentabilitätsberechnung, Lebenslauf und Zeugnisse sowie die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle notwendig. Die Erfüllung dieser (Anspruchs-)Voraussetzungen ist relativ leicht möglich und hat bis November 2011 zu einem gesetzlichen Anspruch auf den Gründungszuschuss geführt. Friseure steigern ihre Chancen auf den Gründungszuschuss durch individuelle Sachverhalte. Denn Friseur ist nicht gleich Friseur.

Der Vermittlungsvorgang

Aus der eigentlichen Aufgabe der Arbeitsagentur, der Vermittlung, ergibt sich das erste und wichtigste Kriterium für die Ermessensentscheidung. Der Vermittler prüft, ob es auf dem Arbeitsmarkt freie Stellen gibt, die zu Ihrem Profil passen. Hier haben Sie die erste und wichtigste Hürde zu nehmen. In den allermeisten Regionen wird der Vermittler vermutlich auf genügend freie Stellen für Friseure stoßen. Bereiten Sie sich deshalb gut auf das Gespräch vor. Ein Blick in die Jobbörse verrät Ihnen vor dem Gespräch bereits die erste Reaktion Ihres Arbeitsvermittlers. Sind Sie darauf vorbereitet, zeigen Sie damit nicht nur, dass Sie bereits Eigeninitiative entwickelt haben.
Sicher sind Sie mit Ihren Fähigkeiten, Kenntnissen und Einschränkungen nicht für jede freie Stelle geeignet. Nach meiner Erfahrung haben hier die Argumente Kinder, Alter, Spezialisierung und auch prekäre Beschäftigungsverhältnisse bei positiven Entscheidungen eine Rolle gespielt. Haben Sie bereits Kontakt mit Arbeitgebern aufgenommen, dann sollten Sie auch Ihre negativen Erfahrungen bei der bisherigen Jobsuche erläutern.
Sie fragen sich nun, warum der ganze Aufwand mit der Jobsuche notwendig ist? Nur wenn es Ihnen gelingt darzulegen, weshalb die angebotenen Stellen nicht in eine nachhaltige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung führen, aber die Selbstständigkeit gleichzeitig eine Alternative wäre, können Sie das Kriterium „Vermittlungsvorrang“ für sich entscheiden.­

Tragfähige Selbstständigkeit

Bei Ihren Begründungen gegen die angebotenen Jobs müssen Sie jedoch darauf achten, dass Sie keine Argumente anführen, die gleichzeitig dazu führen würden, dass eine erfolgreiche Selbstständigkeit als Friseurin oder Friseur fraglich erscheint. Es wäre beispielsweise völlig unplausibel wegen Allergien oder Hautkrankheiten aus dem Angestelltenverhältnis zu kündigen und sich dann wieder als Friseur selbstständig machen zu wollen.
Damit Sie den Gründungszuschuss bekommen, müssen Sie noch einen kleinen Spagat vollziehen. Sie müssen einerseits mit Ihrer Rentabilitätsplanung zeigen, dass die Gewinne des Salons ausreichen, um Ihnen eine tragfähige Existenz zu sichern. Andererseits sollte in der Startphase ein gewisser Bedarf an Unterstützung für den privaten Lebensunterhalt erkennbar sein. Denken Sie dabei auch an Mehrkosten für die soziale Absicherung.

Ist ein Job Erfolg versprechender?

Die größte Chance auf Förderung besteht, wenn Sie durch die Selbstständigkeit Ihre Arbeitslosigkeit dauerhafter beenden als zum Beispiel durch befristete Arbeitsverträge. Diesen Maßstab sollten Sie aber nicht nur wegen der Arbeitsagentur anlegen. Denn was nutzt Ihnen der Gründungszuschuss, wenn Ihr Geschäftsvorhaben nicht trägt und Sie nach einer durch Gründungszuschuss geförderten Startphase eine Bruchlandung mit finanziellen Verlusten hinlegen?

K.o.-Kriterien

Neben den Ermessensgründen gibt es auch K.o.-Kriterien, die verhindern, dass Sie einen Gründungszuschuss erhalten. Die Wichtigsten sind die Eigenkündigung, um sich selbst­ständig zu machen und eine Kettengründung (in den letzten 24 Monaten bereits einmal selbstständig gemacht und Gründungs­zuschuss erhalten).

Ein Tipp zum Schluss

Sind die Voraussetzungen für den Gründungszuschuss erfüllt, sind es oft Nuancen, die die Entscheidung des Sachbearbeiters in die eine oder andere Richtung lenken. Weil der erste Eindruck bleibt, empfehle ich dringend, sich bereits vor dem ersten Arbeitsamt-Termin da­rüber Gedanken zu machen, wie die Ermessenskriterien wohl bei Ihnen auf den ersten Blick aussehen dürften. Erst nach Darlegung der persönlichen Umstände, die evtl. gegen eine leichte Vermittelbarkeit sprechen, können Sie das Thema Gründungszuschuss angehen. Mit der Tür ins Haus zu fallen, ist hier jedenfalls ein äußerst schlechtes Vorgehen. Wenn für den Vermittler klar ist, dass Sie nicht so leicht zu vermitteln sind, wie es vielleicht den Anschein hat, haben Sie eine gute Chance, den Gründungszuschuss zu bekommen. Viel Erfolg!

Autor: Michael Reichert
Der Dipl.-Kfm. (FH) berät hauptberuflich bei der IHK Ulm vor allem Existenzgründer und bietet Unternehmensberatungen an. www.mr-consult.info