Reicht das Geld? Lesen Sie, wie Sie kostendeckend Arbeiten >< Foto: Melanie Fredel

20.12.2022

Der Lohnfaktor im Friseursalon: So setzen Sie Mitarbeitende kostendeckend ein

Welche Umsätze müssen Ihre Mitarbeiter*innen erwirtschaften, damit der Salon kostendeckend und rentabel läuft? Unser Autor René Krombholz erläutert hier den so genannten Lohnfaktor anhand von aktuellen Beispielen.

René Krombholz, Friseurunternehmer, Gründer der Wertegemeinschaft „Der faire Salon“ und TOP HAIR-Autor, erläutert wie viel Umsatz Mitarbeiter*innen im Salon erwirtschaften müssen, damit das Unternehmen und die Mitarbeiter selbst rentabel sind. Die Kennzahl hierfür ist der sogenannte Lohnfaktor (LF). Warum ist dieser ein Schlüsselindikator für die Rentabilität von Mitarbeiter*innen ist, verdeutlicht er an übersichtlichen und praxisnahen Beispielrechnungen. Damit können Sie die Kostenstruktur Ihres eigenen Salons überprüfen und vermeiden, in eine Kostenfalle zu tappen:

Als Initiator der Wertegemeinschaft „Der faire Salon“ werde ich des Öfteren von Mitgliedern kontaktiert, so auch vor einigen Tagen. Es ging um die Rentabilität eines Salons, der mit hochwertiger Leistung und fairen Löhnen wirbt. „Kürzlich wurden die Lohntarife angehoben, da haben wir unsere übertariflichen Leistungen natürlich ebenfalls nach oben korrigiert“, erfahre ich durchs Telefon. Mein Gesprächspartner berichtet, dass er nebenberuflich tätig ist. Die Gewinnsituation ist nicht ausreichend, um den Lebensunterhalt zu decken. „Und da kommen ja jetzt noch die steigenden Kosten für Gas und Strom...", stöhnt er.

Zwei Mitarbeiterinnen hat er, erfahre ich. „Die sind toll!“, sagt er. „Ich kann mich immer auf sie verlassen, auch wenn ich das Gefühl habe, da könnte manchmal mehr passieren…!“, so der Nachsatz.

Lohnfaktor nicht beliebig wählen

Bei mir fällt der Groschen, als wir auf die Umsätze zu sprechen kommen: „Wir arbeiten mit Lohnfaktor 3,0“, sagt er. „So, wie es die meisten Salons auch tun.“

„Bei den derzeitigen Kosten, hochwertigen Produkten mit entsprechendem Wareneinsatz und guten Serviceleistungen, dürfte das nicht ausreichen!“, entgegne ich und erkläre, dass es wirtschaftlich sehr gefährlich werden kann, diesen Lohnfaktor einfach zu übernehmen. Das wollen wir überprüfen, setzen uns einige Tage später zusammen und rechnen:

Verdienst Mitarbeiter*innen im Monat

Friseurin 1, Jungfriseurin (NRW Tarif 12,65 Stunde  = 2.163,15 brutto)2.200,00 €
Friseurin 2, Gesellin (NRW Tarif 14,00 Stunde = 2394,- € brutto)2.500,00 €
Bruttolöhne / Monat4.700,00 €
Bruttolöhnen / Jahr56.400,00 €
plus: Lohnnebenkosten des Arbeitgebers16.920 €
Lohnkosten gesamt73.320,00 €

Es wurden im Laufe eines Jahres also 73.320,- € für Löhne der Mitarbeiterinnen ausgegeben.

Die Sollumsätze bei Lohnfaktor 3 wurden nicht immer zu 100% erreicht und betrugen:

Friseurin 1Sollumsatz 6.600 €/Monaterreicht 61.255 €/Jahr
Friseurin 2Sollumsatz 7.500 €ereicht 69.850 €/Jahr

Achtung: Die Jahresumsätze sind auf zehn Monate gerechnet, während die Lohnkosten für zwölf Monate gezahlt werden (Urlaub, Feiertage, Krankheit).

Der tatsächliche Umsatz der beiden Friseurinnen betrug somit131.105 €/Jahr
Nach Abzug der abzuführenden Umsatzsteuer verbleiben110.172 € Nettoumsatz/Jahr

Wareneinsatz berücksichtigen:

durchschnittlicher Wareneinsatz von 12 % (vom Nettoumsatz)13.220 €
übrig bleibende Summe nach Abzug Wareneinsatz96.952 €
abzüglich Lohnkosten gesamt73.320,00 €
verbleiben im Jahr23.632,00 €
verbleiben im Monat zur weiteren Kostendeckung1.969,00 €

„Da bleiben nach Abzug der Miete ja nur 469,- €uro übrig!“, ist mein Gegenüber entsetzt. „Energiekosten, Versicherungen, Telekommunikation, Werbung, Putzfrau, Kundenservice … da bleibt mir ja nichts mehr übrig."

Vielen Salonunternehmer*innen geht es ähnlich. Überall stellt sich die Frage, was ein/eine Mitarbeiter*in erwirtschaften soll oder muss. Die Antwort darauf gibt der sogenannte Lohnfaktor. Er ist ein Indikator, wann Mitarbeiter*innen für den Betrieb wirtschaftlich rentabel sind.

Welche Umsätze müssen gemacht werden?

Je höher die Kosten eines Unternehmens, desto höher muss der Lohnfaktor (LF) sein. Er besagt, wie oft der/die Mitarbeiter*in ihren Bruttolohn umsetzen muss, um rentabel zu sein. Ein Beispiel: Ein Bruttolohn von 2.000 Euro bei LF 3,5 heißt, dass ein Umsatz von 7.000 Euro erwirtschaftet werden muss.

Fest steht: Über kaum etwas anderes gibt es im Friseurhandwerk so viel Unwissenheit. Dabei ist der Lohnfaktor kein Geheimnis. Der Markt bietet eine Vielzahl von Seminaren dazu. Doch auch diese kosten natürlich Geld – das vielen Unternehmern genau wegen vorgenannter Ursachen fehlt.

Wichtig ist dabei: Erreichen die Mitarbeitenden ihre Soll-Vorgaben nicht, ist das kein Kündigungsgrund! Letztlich muss der/die Unternehmer*in diese Vorgaben durch eine genaue Kostenkalkulation errechnen. Diese muss sich wiederum in den Preisen wiederfinden, so dass die Mitarbeiter*innen ihre Soll-Umsätze erreichen können.

Mitarbeiter*innen in die Verantwortung nehmen

Wer sich selbstständig macht und alleine arbeiten möchte, wird sich einen Raum suchen und so arbeiten, dass alles rentabel bleibt. Dann ist derjenige allein verantwortlich und man muss hoffen, dass er nicht länger krank wird.

Wer sein Unternehmer so anlegt, dass er Arbeitsplätze schafft, für den vermehren sich die Kosten rasant. Dann ist es wichtig, die Mitarbeitenden auch zu Mitverantwortlichen zu machen. Sie müssen ebenfalls anteilig die entstehenden Kosten mittragen.

Die Annahme, dass es Soll-Umsätze „nur bei den Friseuren“ gibt, ist weit verbreitet, aber falsch. Große Firmen haben in der Regel Controlling-Abteilungen, wo die Rentabilität der Mitarbeitenden überprüft wird. Selbst vom Discounter LIDL sind solche Vorgaben bekannt: Mindestens 40 Produkte muss eine Kassiererin pro Arbeitsminute kassieren….

Lohnfaktor ermitteln: Fragen Sie sich zuerst, welchen Umsatz Sie benötigen (Beispielrechnung)

Lohnkosten 2 Mitarbeiter58.000 €  (Lohnsumme Jahr)
Fixkosten28.500 €
Gemeinkosten31.950 €
Zinsaufwendungen1.100 €
geplanter Gewinn (netto) Unternehmerlohn42.000 €
ergeben den Arbeitswert161.550 €
hinzu kommt der Wareneinsatz (davon 12%)19.386 €
erforderlicher Netto Umsatz180.936 €
direkt abzuführende Umsatzsteuer34.378 €
Bruttoumsatz / Dienstleistung215.313 €
abzüglich Umsatz Inhaber*in inkl. Umsatzsteuer30.000 €
Team-Umsatz pro Jahr185.313 €
verteilt auf 10 Monate (reine Arbeitszeit)18.531 €
erforderlichen Teamumsatz pro Monat

Berechnung des Lohnfaktors

erforderlicher Teamumsatz Monat18.531 €
geteilt durch die Brutto Lohnsumme Monat (58.000 € Jahreslohn : 12 Monate)4.833 €
ergibt den Lohnfaktor3,83

Aber Achtung – bitte bedenken Sie:

  • Nicht alle Arbeiten sind mit Euro zu berechnen!
  • Nicht alle Mitarbeiter sind gleichermaßen leistungsstark.
  • Und: Der Lohnfaktor ist ein Indikator - kein Druckmittel.

Wichtig: Als Unternehmer sollten Sie alle Ihre Mitarbeiter*innen über die grundlegenden geschäftlichen Daten der Salons, in denen sie arbeiten, informieren. Besprechen Sie diese Daten mit allen gemeinsam.

Hinweis in eigener Sache: Dies ist eine aktualisierte Fassung des Original-Beitrags von 2016