Foto: Alejandro Robaiana

10.10.2018

340 Tage Sonne – ein Schwabe auf den Kanaren

Steven Eppler macht deutsches Handwerk auf Gran Canaria salonfähig.

Auswandern à la „Goodbye Deutschland“. Das schreckt wohl eher ab, als dass es Mut macht. Steven Eppler zeigt, dass der berufliche Neustart in einem fremden Land gelingen kann – wenn man gewisse Dinge beachtet.
   Erfolg hatte der 30-Jährige schon in Deutschland. In seiner Ausbildung beim Reutlinger Hairstylisten Sigi Riedel lernte er das Friseurhandwerk von der Pike auf, wurde sogar dessen Geschäftspartner. Gran Canaria­ kannte er vom Urlaub, doch der Gedanke, dass man hier ja auch wohnen könnte, verfestigte sich stetig. 2012 ging Eppler das Wagnis schließlich ein, siedelte, ohne ein Wort spanisch zu können, auf die kanarische Insel um. Doch um in einem fremden Land Fuß zu fassen, muss man die Sprache beherrschen, das war ihm klar. Mit seinem Ersparten besuchte er eine Sprachschule und arbeitete als Frühstückskellner in einem Hotel. „Meinen Friseurberuf habe ich damals schon sehr vermisst, doch ich wollte das Ganze umsichtig angehen“, erzählt er. In den zwei Jahren als Kellner schaute er sich nebenher nach einem möglichen Ladenlokal um. Er lernte die Landessprache, renovierte mit seinem Lebenspartner, einem Gastronomen, ein Haus.

Durch die Sprache integrieren

Die Geduld zahlte sich aus: Von Bekannten erfuhr Eppler schließlich von einem herunter­gewirtschafteten Geschäft in St. Augustin, das zum Verkauf stand. „Mein Ziel war, den Laden auf deutschen Standard zu bringen. Und da half nur eine Kernsanierung.“ In den Zeiten des Umbaus wurde auch sein Spanischlernen belohnt. „Um sich bei Handwerkern und Dienstleistern durchsetzen zu können, muss man ein Stück weit integriert sein. Und das gelingt nur über die Sprache“, so seine Erfahrung. Sechs Wochen nach der Eröffnung war der Laden voll. Er nennt ihn: „Trust in Beauty“. Und ein lokales Magazin schreibt: „Dieser Salon ist der Schönste, den wir bisher auf Gran Canaria gesehen haben.“

Südländisches mit Schwaben-Touch

Eine gute Mischung aus deutschen Werten und der Akzeptanz der spanischen Eigenheiten ist das Erfolgsrezept von Steven Eppler. „Man muss sich hier schon ein bisschen locker machen. Meine Kunden wissen: ‚Der deutsche Friseur macht gute Arbeit, aber wenn ich mal eine Viertelstunde zu spät komme, macht er mir nicht gleich die Hölle heiß‘“, schmunzelt der Schwabe. Auf Gran Canaria seien die Kunden sehr entspannt, entschleunigt eben – was zum Teil auch an 340 Tagen Sonne liegen könnte. „Ach, ich bin noch nicht dran? Dann gehe ich einfach noch einen Kaffee am Strand trinken“, heißt es. In den ersten zwei Jahren nach der Eröffnung bestand die Kundschaft freilich noch überwiegend aus Deutschen – größtenteils Überwinterer und Auswanderer. Nach und nach kamen auch Spanier dazu. „Inzwischen ist der Kundenanteil spanisch-deutsch 50 zu 50. Und das brauche ich auch, um leben zu können“, so Eppler. 

Es lebt sich gut!

Auf Gran Canaria zu bleiben, ist definitiv der Plan des Auswanderers. „Ich lebe hier besser!“ Eine relativ geringe Steuer; eine „Selbstständigkeitsgebühr“, die Krankenversicherung, Pflege und Rente umfasst, und dazu 7 Prozent Mehrwertsteuer. Einzig der Transport der Produkte sei recht teuer. „Spanier lieben deutsche Produkte. Sie empfinden es zum Beispiel auch als Luxus und tolle Dienstleistung, wenn ich ihnen die Produkte erkläre. Deshalb verdiene ich auch über den Verkauf an Einheimische“, berichtet der Friseur. Steven Eppler liebt seinen Beruf und betreut seine Kunden mit großer Fürsorglichkeit. Dazu gehört auch auf Gran Canaria das Thema Digitalisierung. So gibt es beispielsweise iPads für die Kunden. „Eppler ist eben ein Stylist der neuen Generation und der hebt nun das Niveau für die hiesigen Betriebe beträchtlich an“, schreibt das Magazin Viva Canarias.

Deutsche Ausbildung ist die beste

Einziges Manko für den Saloninhaber ist das Thema Mitarbeiter. Das Geschäft läuft inzwischen so gut, dass Eppler Arbeit für drei bis vier Angestellte hätte. Leider sei es sehr schwierig, professionelle Mitarbeiter zu finden, denn die Ausbildungsstandards seien in Spanien niedriger. Wenn der Unternehmer eine ausgelernte Friseurin einstelle, habe sie den Wissensstand eines Lehrlings in Deutschland und er bringe ihr alles bei. „In Deutschland bekommt man die beste Ausbildung, die es gibt. Berufsschule, überbetriebliche Ausbildung, Gesellenprüfung, Meisterprüfung – das garantiert ganz viel“, weiß Eppler. Aber auch wenn es für ihn schwer ist, gutes Personal zu finden, so hebt dafür er sich mit seiner eigenen Ausbildung und Qualität ab.

Spanierinnnen wollen blond sein

Ein wichtiges Thema: Blond. „Viele Spanierinnen wollen Blond sein“, so Eppler. Auf Gran Canaria fehle es den meisten Friseuren jedoch an Wissen, wie man richtig blondiert. Deshalb schicken viele seiner Kollegen im Umkreis Kunden zu ihm. „Hier herrscht viel weniger Konkurrenzdenken als bei uns. Man arbeitet mehr zusammen. Meine Kollegen fragen mich nach bestimmten Techniken und machen es dann nach.“ Im Beauty-Sektor tue sich so viel. Deshalb sei es auch für ihn enorm wichtig, sich immer wieder weiterzubilden. Und so verlässt der Schwabe hin und wieder seine Traum­insel – für Schwarzkopf-Seminare auf dem Festland.

Text: Susanne Vetter