Die neuen Obermeister stellten sich vor >< Foto: Susanne Vetter

15.01.2020

ZV-Obermeister-Seminar: Nachwuchssuche und Schwarzarbeit sind die heißen Themen beim Jahresauftakt 2020

82 Obermeisterinnen und Obermeister trafen sich vom 11. bis 13. Januar in Düsseldorf, um sich über die drängenden Fragen der Branche zu informieren und auszutauschen.

ZV-Hauptgeschäftsführer Jörg Müller und Vizepräsident Herbert Gassert begrüßten am vergangenen Wochenende insgesamt 96 Gäste, davon 82 Obermeisterinnen und Obermeister zum Jahresauftaktseminar in Düsseldorf.

Ehrenamt und Mitarbeiterbindung
Jan Kopatz, Vorsitzender des Ausschusses Innovation & Kommunikation stellte die Onlineplattform innungsmacher.friseurhandwerk.de vor. Dieser neue digitale Obermeisterordner soll als Ehrenamtsakademie „Wissen für Innungsmacher“ Hilfestellung in der täglichen Arbeit der Ehrenamtsträger bieten. Die Präsentation der Inhalte durch Webdesignerin Katrin Nyland regte auch die Diskussion darüber an, inwieweit sich der Verband öffnen und transparent werden sollte mit dem Ziel, Anreize für neue Innungsmitglieder zu bieten und das Image zu verbessern.

Über Instrumente der Mitarbeiterbindung – insbesondere steuerbefreite und geförderte Maßnahmen referierte ZV-Justitiar Joachim Weckel. In einem kleinen ABC der Entgeltoptimierung bot er viele nützliche Ideen, die durch Beiträge aus dem Plenum zusätzlich angereichert wurden.

„Lieblingsfriseure“ gewinnen
Zentrales Ziel des ZV ist es, die Nachwuchsproblematik in der Branche aktiv anzugehen. Robert Fuhs, Vorstand des ZV-Berufsbildungsausschusses stellte die dafür eigens gegründete „Ausbildung for Future – Allianz für gute Ausbildung“ vor. Die Situation sei dramatisch. „Das Friseurhandwerk überlebt nur, wenn wir qualifizierte Mitarbeiter finden“, so Fuhs. Der ZV rücke nun die Ausbildungsbetriebe in den Fokus und wolle Hilfe zur Selbsthilfe geben. Dabei helfen soll ein neues Logo, der Slogan „Lieblingsfriseure der Zukunft“ (schaffen), eine verstärkte Pressearbeit, Ehrungen etc. Großer Aufruf: Wir brauchen Kooperationen mit der Industrie und Meinungsbildnern. „Wir brauchen Sie alle!“ Hehre Ziele, die unter den Anwesenden Fragen zur Umsetzung aufwarfen. Auf jeden Fall eine Kampfansage an ein großes Branchenproblem. Der ZV will es angehen!

Schwarzarbeit im Fokus
Der letzte Programmpunkt am Sonntag, dem Obermeistertalk, den Friseurwelt-Chefredakteurin Heidi Stolz moderierte, stand unter dem Motto „Herausforderung Ehrenamt“. Herbert Gassert berichtete von der Basisarbeit, von der Reaktivierung von Innungen. Zentrales Thema der Diskussion war aber die Schwarzarbeit. Monika Schmitter, Obermeisterin aus Düsseldorf berichtete von der gemeinsamen Kampagne mit Branchenkenner René Krombholz und ihrer Zusammenarbeit mit Zoll, Gewerbe- und Aufsichtsämtern. Sie konnte den Zuhörern wertvolle Tipps geben, wie man selbst aktiv werden kann und wie die Zusammenarbeit mit den Behörden hinsichtlich Schwarzarbeit besser gelingt, um Verstöße aufzudecken.

Keynote-Speaker – Politik mit Leichtigkeit
Hochkarätige politische Redekraft hatte man sich für den Montag eingeladen. Der ehemalige CDU-Politiker und langjähriger Vorsitzender des Bundestags-Innenausschusses Wolfgang Bosbach brachte mit rheinischem Humor deutsche und europäische Eigenarten auf den Punkt. Er witzelte über den nicht vorhandenen deutschen Nationalstolz, für den man sich gleich geschämt habe, als er bei einer gewonnenen WM mal ein bisschen ausgebrochen sei. Über einen europäischen Politiker, dem die Fahrt auf dem Roller zu seiner Geliebten dann doch das Genick gebrochen hätte („So etwas kann uns bei Angela Merkel nicht passieren.“) oder dass es in Europa mittlerweile die Ausnahme sei, dass Regierungen an ihr reguläres Ende kommen.

Einen „Parforceritt durch Europa“ nannte Jörg Müller bei der Verabschiedung den Vortrag von Wolfgang Bosbach. Ein Parforceritt, der amüsant, lebensnah und mit viel Leichtigkeit die begeisterten Zuhörer eineinhalb Stunden lang erreichte. Dennoch untermauerte er mit vielen Zahlen und Statistiken seine Aussagen und stellte wesentliche Fragen wie „Was ist soziale Gerechtigkeit?“, „Was haben wir als Europäer bei den Schicksalsfragen der Welt noch für einen Einfluss?“ oder „Wieso sind wir in der ‚alten‘ Industrie so stark und in der ‚neuen‘ so schwach“? Informativ und den Finger in manche deutsche oder europäische Wunde legend, unterhielt der Politiker mit seiner Aneinanderreihung an Anekdoten und sehr Wissenswertem und manchmal Tiefgründigem auf augenzwinkernde und sympathische Weise.

Aufgabe sei es in Deutschland, vor allem derzeit in der Politik „Maß und Mitte“ zu halten. Die wichtigste Überschrift über Europa: „Nie wieder Krieg“. Auch wenn mancher den direkten Bezug zum Handwerk in Bosbachs Vortrag vermisste, er bot Unterhaltung und Stoff zum Nachdenken – über den friseurspezifischen Tellerrand hinaus. Und einen Anstoß in punkto Ausbildung gab er dennoch: Man dürfe sich nicht über den Mangel an Fachkräften beklagen und dann nicht ausbilden! „Wir haben eine tolle junge Generation. Die wichtigste Investition ist die in die Köpfe unserer Kinder. Die größte Herausforderung ist die Bildung!“

Noch mal Schwarzarbeit und Frauenpower
Schwarzarbeit blieb ein wichtiges Thema. Es hatte sichDr. Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf, für seinen Vortrag gegen Ende des Obermeister-Seminars auf die Fahnen geschrieben. Ein Rückblick auf die Veranstaltung „Leading Salon Ladies“ kam zum Schluss und zeigte: Die Frauen in der Branche können was! Die Kampagne soll eine Fortsetzung finden, waren sich die Verantwortlichen einig.

Text: Susanne Vetter