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13.09.2024

Um mehr Azubis zu gewinnen: Jan Laan schlägt mehrere Zugangswege vor

Ein Blick ins Ausbildungssystem in den Niederlanden: Jan Laan, Vize Präsident von Pivot Point, erläutert die dortigen Zugangswege zum Friseur-Beruf und zeigt die Vorteile für Azubis und Salons auf.

In Deutschland kann man nur über das Duale System Friseur werden. Welchen Weg geht man in den Niederlanden?

„Es gibt mehrere Wege:

  • Vollzeit Staatliche Schule: die Lehrlinge machen Theorie und Praxis beides in der Staatschule. Praktische Arbeit im Salon ist auch Teil von dem Programm.
  • Teilzeit Staatliche Schule: die Lehrlingen machen die Theorie in der Schule machen und die Praxis teilweise in der Schule und teilweise im Salon
  • Vollzeit Privatschule: Theorie und Praxis in der Privatschule, zudem Arbeit im Salon
  • Teilzeit Privatschule: Theorie in der Schule, teilweise Praxis in der Schule und teilweise im Salon

 Welche Vorteile haben diese verschiedenen Formen der Ausbildung?

Es gibt mehrere Vorteile:

1) Flexibilität für die Lehrlinge: Nicht alle finden einen Ausbildungsplatz in einem Salon. Unter anderem weil es nicht genug Ausbildungsplatz gibt für alle potenzielle Lehrlinge; oder weil nicht alle Lehrlingen am Anfang noch überzeugt sind das sie wirklich Friseur wollen werden – nicht ungewöhnlich in einem jungen Alter von 17 Jahren –  oder weil viele 17-jährigen einfach noch mit anderen jungen Leuten zur Schule gehen wollen.

2) Geringere Herausforderungen für die Salons: die meiste Salons sind nicht darauf eingestellt, um richtig auszubilden, weil der Fokus im Salon natürlich auf der Bedienung von Kunden liegt. Für die Mehrheit von kleineren Salons mit drei Mitarbeiter ist die Duale Ausbildung einfach eine zu große Herausforderung im heutigen Business Klima.

3) Finanzielle Gründe: Es kostet die Salons einfach zu viel Geld, um als Branche alleine für die Ausbildung von Mitarbeitern verantwortlich zu sein.

4) Zeitgemäß: Mehrere Systeme als Zugang zu einem Beruf zu haben, ist einfach moderner und attraktiver. Nur die Duale Ausbildung als Weg, passt nicht mehr in die heutige Zeit. Mit mehreren Systeme, so wie Frankreich es auch hat, gibt es in den Niederlanden mehr potenzielle Lehrlingen im Friseurhandwerk und ist der Mitarbeitermangel niedriger als in Deutschland.

Die Ausbildungszahlen in Deutschland sinken seit Jahren – wie könnte die Branche diese Herausforderung aus Ihrer Sicht in den Griff kriegen?

Weil immer weniger Salons in Deutschland noch ausbilden, wird das Angebot an Ausbildungsplätzen in Deutschland immer weniger. Und wenn es immer weniger Angebot gibt, dann sinkt automatisch auch die Nachfrage. Das ist immer so. Deutschland sollte deshalb über die Grenzen nach anderen Ländern schauen. International sehen wir auch, das mittelgroße Salons immer weniger geworden sind in den letzte 15 Jahren, genauso wie in Deutschland. Flexible Ausbildungssysteme mit viel mehr Verantwortung in den Schulen und weniger Lasten für Salons ist der Weg nach vorne. Das muss auch staatlich unterstützt werden, weil die Branche das alleine nicht finanzieren kann.

Was brauchen vor allem die jungen Menschen, die Friseur werden wollen, von ihrem Ausbildungsbetrieb? Wie kann man sie für die Ausbildung begeistern?

Nur wenn es mehrere Systeme gibt, ändert sich etwas. Junge Menschen haben so viel mehr berufliche Optionen als früher, dass wir es viel einfacher machen müssen, um in unserem schönen Beruf anzufangen. Das Duale System alleine und die Abwesenheit von anderen Wegen ist die größte Bremse. Die Frage ist nicht, was Salons machen müssen, sondern was man auf schulischer Ebene anbieten sollte.