Markus Schmidt und sein Mentor Heinrich Kalisch (links) >< Foto: Markus Schmidt

24.04.2020

Neue Wege wagen

Vom Fleischer zum Friseur – und das mit 51 Jahren. Die Geschichte von Markus Schmidt ist eine ungewöhnliche.

Er möchte, dass die Menschen nach einer Begegnung mit ihm mit einem Lächeln gehen. Das ist der Grund dafür, dass Markus Schmidt mit 51 Jahren noch einmal die Schulbank drückt und umschult. Sein Ziel: ein eigener Friseursalon. Sein ursprünglicher Beruf hat mit der Tätigkeit als Friseur nur eines gemeinsam: Gelegentlich nimmt man ein Messer in die Hand. Der gebürtige Pfälzer ist ausgebildeter Fleischer, hat 2000 sogar den Meister gemacht. 2008, im Alter von 38 Jahren, hatte er jedoch genug. „Es hat mir keinen Spaß mehr gemacht. Der Kunde hat keine Achtung vor Lebensmitteln mehr, alles zielt nur darauf ab, möglichst billig zu sein. Den Tieren als Fleischlieferanten wird keine Wertschätzung entgegengebracht, Lebewesen werden verramscht.“ Eine parallel dazu auftretende Verletzung, durch die er seinen Beruf ohnehin
nicht mehr ausüben konnte, zwang den Familienvater dazu, sein Leben neu zu überdenken.

Statt nur Beruf …

In einer beruflichen Reha machte er zunächst eine Weiterbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, ist Umwelt- und Hygienebeauftragter und betreut unter anderem Baustellen, Arztpraxen – und eben Friseurbetriebe. „Die positive Stimmung dort hat mir schon immer gefallen. Leute kommen zum Friseur und gehen glücklich nach Hause.“ Dies bewog ihn, zusammen mit einer Bekannten, die ausgebildete Friseurin war, eine Gesellschaft mit mehreren Friseursalons zu gründen. Drei davon gehörten Markus Schmidt selbst – ohne dass er eine entsprechende Ausbildung oder auch nur Ahnung vom Metier gehabt hätte: „Friseure arbeiten sehr viel mit dem Herzen, sind empathische und leidenschaftliche Typen. Ich bin eher der nüchterne Zahlenmensch. Wir dachten, in der Kombination könnte das funktionieren – bei uns ging es leider trotzdem schief.“ Die Läden mussten schließen. Die Leidenschaft für den Friseurberuf hatte den zweifachen Vater jedoch gepackt und ließ ihn auch nicht mehr los.

… jetzt die Berufung

Vor allem die Anerkennung, die einem Friseur in der Regel von seinen Kunden entgegengebracht wird, ging Schmidt nicht mehr aus dem Kopf: „Als Fachkraft für Arbeitssicherheit bist du nicht gerne gesehen. Du kommst in einen Betrieb oder auf eine Baustelle, nörgelst im schlimmsten Fall herum, hast eine rein beratende Tätigkeit. Du machst nichts Produktives und die Leute sehen nicht, was du eigentlich tust – und wofür sie dich dann auch noch bezahlen sollen. Bei einem Friseur ist das anders: Der Job macht Spaß, man sieht den Erfolg, bekommt direktes und fast immer positives Feedback.“ Logische Konsequenz für Markus Schmidt: Er würde sich zum Friseur ausbilden lassen. Dank der Zweitmeisterregelung (siehe Kasten) könnte Schmidt theoretisch direkt auf die Meisterschule gehen und die Meisterprüfung ablegen, das möchte er aber gar nicht. „Mein Ziel ist es, mich im Vorfeld so weit ausbilden zu lassen, dass ich für die Meisterprüfung bereit bin und danach realistische Chancen habe, am Markt auch zu bestehen.“ Auf der Friseurschule Hader in Duisburg besucht er ab August für sechs Monate ein Lehrlingsseminar. Bis dahin bringt ein guter Freund, ein 72-jähriger Friseur mit Goldenem Meisterbrief, ihm schon vieles bei, was er im Praktischen können muss. Auch langfristig ist klar, wohin die Reise gehen soll: „Ich möchte irgendwann wieder einen eigenen Salon haben!“

Meister mal Zwei

Die sogenannte Zweitmeisterregelung besagt, dass man laut den Paragraphen 46 und 49 der bundesweit geltenden Handwerksordnung direkt (also auch ohne vorher als Geselle gearbeitet oder eine Gesellenprüfung abgelegt zu haben) die Meisterprüfung in einem Handwerk ablegen kann, wenn man zuvor schon eine Meisterprüfung in einem anderen Handwerk bestanden hat. Außerdem ist der Prüfling dann von der Ablegung der Teile III und IV der Meisterprüfung befreit.