Foto: Melanie Fredel

11.09.2024

Berufliche Schule Burgstraße in Hamburg bietet individuelle Wege in der Friseurausbildung

In der Beruflichen Schule Burgstraße in Hamburg gibt es plus-Klassen, Salonklassen, Frühlingsklassen und Vielfaltklassen. Man legt Wert auf offenen Austausch mit allen Beteiligten im Dualen System und fokussiert dabei immer persönliche Entwicklung und erfolgreiches Lernen.

TOP HAIR im Gespräch mit Thomas Lücking, Abteilungsleiter, und Inge von Thun, Public Relations, der Berufliche Schule Burgstraße (BS12) in Hamburg:

TOP HAIR: Wie viele Friseur-Azubis haben Sie durchschnittlich pro Jahrgang in allen Lehrjahren?

Inge von Thun und Thomas Lücking: „In Absprache mit Friseurinnung und Handwerkskammer beginnt der Unterricht in Hamburg für das 1. Ausbildungsjahr erst zu einem späteren Zeitpunkt. So kann auf Wunsch der Ausbildungsunternehmen die Probezeit zur Einschätzung in Gänze genutzt werden. Anmeldungen zur Berufsschule sind also weiterhin möglich. Aktuell haben wir ca. 350 Auszubildende vom 1. bis zum 3. Ausbildungsjahr. Wir hoffen auf mehr!“

Wie haben sich diese Zahlen in den letzten Jahren verändert?

„In allen Ausbildungsberufen sind die Ausbildungszahlen rückläufig. In den 80er Jahren wurden uns im schönsten Beruf der Welt weit über 1.000 junge Menschen gleichzeitig zur Ausbildung anvertraut. Goldene Zeiten. Unsere Zahlen hier in Hamburg sind weiterhin stabil, mit einem deutlichen Trend nach oben.

Unser Geheimnis liegt vor allem in der aktiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Friseurinnung, Handwerkskammer, Bildungswerk der Wirtschaft, Berufsberaterinnen, Lehrerinnen allgemeinbildender Schulen. Es braucht eben auch in der Ausbildung ein „ganzes Dorf“, um jungen Menschen die Sicherheit zu bieten, die sie brauchen, um sich zu entwickeln und ihre Hoffnungen und Träume verwirklichen zu können.

Wir geben den Sparringspartner für Eltern, wir gestalten Berufsmessen mit und vieles mehr. Wir veranstalten z.B. jährlich ein Azubi-Speed-Dating mit hoffentlich auch 2025 wieder zahlreichen Ausbildungsbetrieben und vom Friseurberuf begeisterten jungen Menschen.“

Was sind die größten Herausforderungen für Berufsschulen – in der Zusammenarbeit mit den Betrieben und auch in der Begleitung der jungen Menschen?

„In Zeiten der kritischen Auseinandersetzung mit dem Dualen System erleben wir die in Hamburg etablierte Lernortkooperation sehr positiv. Die Begleitung der Auszubildenden von beiden dualen Ausbildungspartnern wird gegenseitig wertgeschätzt. Es gibt verbindliche Absprachen, vereinbarte Strukturen und Regeln, stets auf Augenhöhe. Wir sprechen gern miteinander. In der Schule leben wir als Lehrerinnen und Lehrer den Teamgedanken vor. Unser Konzept lautet: Ein Team – zwei Klassen – ein Kooperationspartner. Wir bieten „Für jeden Kopf etwas!“.

In unseren plus-Klassen, Salonklassen, Frühlingsklassen und Vielfaltklassen gelingt es uns, die aktuellen Herausforderungen in Bezug auf Heterogenität, Leistungs- wie Sprachvermögen, Vorbildung, Arbeitsauffassung und Motivation individuell zu lösen. Auch hier sprechen wir immer und regelmäßig mit den Ausbildungsbetrieben.

Das gibt es bei uns nicht: Mama sagt dies, aber Papa sagt jenes. Von unseren Auszubildenden holen wir uns regelmäßig ein Feedback ein, beraten uns und gehen neue Wege. Es gibt bei uns ein Preboarding, Onboarding und stete Begleitung über den Unterricht hinaus, sei es im Lernen oder bei Problemen aller Art. Erst wenn der Kopf frei ist und der Lebensunterhalt stimmt, erst dann ist Lernen möglich und erfolgreich.“

Was wünschen Sie sich von den Betrieben in Bezug auf die Zusammenarbeit?

„Wir wünschen uns weiterhin eine wertschätzende Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Denn natürlich gibt es auch in Hamburg eine Vielfalt von Ausbildungsbetrieben mit unterschiedlichen Ausbildungskonzepten. Die Nach-Corona-Zeit zeigt, dass der wirtschaftliche Erfolg in jedem Unternehmen prioritär bleiben muss. Ausbildung muss sich auch rechnen. Wie das gehen kann, das hat schon Peter Polzer eindrucksvoll gezeigt. In unseren Konzeptklassen, für die wir eine Menge möglich machen, schließen wir Vereinbarungen mit den Ausbildungsunternehmen und den Auszubildenden. Sensible Themen wie Schulbesuch und Freistellungen werden hier angesprochen. Eine erfolgreiche Gesellenprüfung ist nur möglich, wenn Auszubildende auch Zeit haben zu lernen.

Kritiker laden wir auch gern mal an die Schule ein. Im vernünftigen Rahmen wünschten wir uns noch mehr Chef*innen und Ausbilder*innen, die einfach mal vorbeikommen und von ihrem Salonalltag, von Ansprüchen und Herausforderungen berichten. Das ist stets für alle Beteiligten sehr bereichernd.

Unsere jährlichen Lernortkooperationsveranstaltungen könnten gern genauso gut besucht sein wie unsere Ausbilderabende zum Onboarding der neuen Auszubildenden.“

Was liegt Ihnen bzw. dem Kollegium in der Burgstraße Hamburg am Herzen in Bezug auf die Begleitung der jungen Menschen?

„Die ideale Auszubildende möchte unbedingt im schönsten Beruf der Welt, als Friseur*in, ein Leben lang arbeiten. Sie/Er ist leistungsbereit und leistungsfähig, strebsam, offen und tolerant, nimmt Unterstützungsangebote freudig an, hält auch in Krisenzeiten durch und… lernt, wiederholt und trainiert mit großer Freude!

Wir begleiten junge Menschen ausgesprochen gern auf ihrem eigenen Weg. Es gilt in der Ausbildung Hürden und Motivationstiefs zu überwinden. Wir wünschen uns, dass unsere Auszubildenden Unterstützungsangebote annehmen, gesund werden oder bleiben und Freude am Friseurberuf haben. Ziel ist der Prüfungserfolg und eine individuelle persönliche Entwicklung. Dies ist bei uns in allen Altersstufen passgenau möglich, von 15 bis 50.

Der Zauber der Zukunft liegt in der Gemeinsamkeit, im Miteinander- und Voneinanderlernen. Denn ein Tag ohne Lernen ist ein verlorener Tag.“