01.06.2018

Chemie – stimmt!

Fünf Minuten plaudern, sich beschnuppern, erste zarte Bande knüpfen. Dann wird durchgewechselt und notiert, ob man sein Gegenüber wiedersehen will.

Richtig – wir sind bei einem Speed-Dating. Organisiert wurde es aber nicht von einer Partnervermittlung, sondern von der Beruflichen Schule Burgstraße in Hamburg. „Ja, da könnte was dabei sein. Bei zwei Salons habe ich direkt einen Probetag“, freut sich Luna Wieczorek, als sie den Raum verlässt. Dass sie Friseurin werden will, weiß die Schülerin schon lange. Sie liebe das Kreative und sei bei ihren Freundinnen für ihre Flechtkünste berühmt, sagt sie stolz. Ihr Hobby will die Zehntklässlerin zum Beruf machen und hat sich daher gut auf die Zweiergespräche vorbereitet. „Mich haben vor allem die Salongröße, die Lage und die Kleiderordnung interessiert“, berichtet sie und ergänzt: „Außerdem fand ich es super, auch etwas von mir selbst erzählen zu können.“ Eine Bewerbung hat sie für ihre Favoriten-Salons gleich mitgebracht.

Sympathien erspüren

Die Begeisterung der Schüler steckt an – auch die Saloninhaber, die sich auf das Experiment „Speed-Dating“ eingelassen haben. „Es ist eine sehr entspannte Atmosphäre im Dating-Raum. Wir haben tolle Gespräche geführt. Und obwohl es nur fünf Minuten waren, habe ich gespürt, ob es passt“, sagt Julia Lückemann vom Salon „Ines Juhl“ in Hamburg. Am Stand in der Aula vertieft sie die Unterhaltungen mit den Besuchern und zeigt ihnen Produkte, die im Salon zum Einsatz kommen.

Auch Andreas Thielhorn vom Salon Struwwelpeter in Geesthacht ist vom Konzept „Speed- Dating“ angetan. „Wir haben bisher nicht viele gute Erfahrungen mit Praktikanten gemacht. Welche zu fnden ist nicht leicht – Azubis noch schwerer. Für die Dating-Situation heute muss man wirkliches Interesse mitbringen“, so der Saloninhaber. Neben „Ines Juhl“ und „Struwelpeter“ sind 18 weitere Salons mit von der Partie. Zudem haben fünf Haarkosmetikfirmen ihren Stand auf der Azubi-Messe aufgebaut.

Gemeinsam auf neuen Wegen

Hand in Hand mit Betrieben, der Friseurinnung und der Fachindustrie zusammenzuarbeiten sei unerlässlich, um die Branche zu erhalten, ist die Öffentlichkeitsbeauftragte der Hamburger Berufsschule Burgstraße, Inge von Thun, überzeugt. „Es braucht ein innovatives Netzwerk, gute Ideen und viel Praxisnähe, um den Nachwuchs nicht nur kurzfristig auszubilden, sondern langfristig ein Leben lang zu befähigen.“ Die erste Azubi-Messe in Form eines Speed-Datings durchzuführen sei eine Konsequenz daraus, meint Inge von Thun: „Friseure sind etwas Besonderes – deshalb brauchen wir besondere Vermittlungsmethoden.“ Kommunikation sei dabei ein wichtiger Aspekt. Dieser Meinung ist auch Bernhard Schuler, Berufseinstiegsbegleiter an der Stadtteilschule Oldenfelde, der mit einigen Schülern zum Speed-Dating gekommen ist. „Die Zeit der ausgetretenen Pfade ist vorbei. Man muss einen neuen Zugang zu den jungen Menschen finden“, findet er und hält das Speed-Dating für den richtigen Weg.

Von Schüler zu Schüler

Zugang zu den vereinzelt noch ein wenig schüchternen Gästen zu finden, gelingt besonders den 30 Berufsschülerinnen aus dem 2. Lehrjahr. Sie geben mit Styling, Färben oder Make-up Einblick in ihr Handwerk, lassen die Gäste selbst Hand anlegen und begeistern sie mit ihrer Show zum Thema Locken. Nora Racipovic verwandelt gerade die krause Mähne einer Besucherin mit dem Glätteisen in seidig glänzendes Haar. Sich in ihrer Freizeit beim Speed-Dating zu engagieren, ist für sie Ehrensache: „Ich finde es super, dass wir unseren vielleicht bald neuen Kollegen zeigen können, was man als Friseur alles machen kann und wie kreativ unser Beruf ist“, sagt sie.

Ein Anstoß für mehr

Zufrieden und ein wenig erschöpf t sind am Ende dieses Tages alle Beteiligten. Thomas Lücking, Leiter der Abteilung Friseur an der Berufsschule, verabschiedet die letzten Besucher – und zieht ein positives Resümee. Vor allem freut er sich über die vielen Probearbeitstermine, die vereinbart wurden: „Manchmal braucht es nur einen kleinen Schubs, um ins Gespräch zu kommen. Den konnten wir heute geben. Jetzt werden wir sehen, was daraus erwächst. Ich bin sicher, es wird etwas Gutes sein.“

Info

Die Berufliche Schule Burgstraße in Hamburg bildet derzeit rund 650 angehende Friseure aus. Dabei spielen individuelle Unterrichtsdesigns eine große Rolle. In sogenannten Konzeptklassen arbeiten die Schüler entsprechend ihrer Stärken und erwerben zusätzliche Kompetenzen. So gibt es unter anderem die Klasse „Lernen Plus“, in der auf erhöhtem Leistungsniveau unterrichtet wird und die Schüler sich Zusatzqualifkationen wie Visagistik oder Veranstaltungsorganisation aneignen. In der Klasse „Lernen Salon“ führen die Auszubildenden mehrere Tage in der Woche den Lernsalon der Schule in eigener Regie.

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