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27.07.2018

Aufreger Amazon Business-Shop für Friseure?

Seit März 2018 gibt es im Business-Shop von Amazon Scheren, Elektrogeräte, Bürsten und weiteres Salon-Equipment und Styling-Zubehör zu kaufen.

Aktuell sind dort zehn Topmarken, wie zum Beispiel Babyliss Pro, Comair, Toni & Guy, Revlon, Denman oder Olivia Garden vertreten. Anmelden kann sich jeder auf dem Businessportal – eine Umsatzsteuer-ID-Nummer muss nicht zwingend eingegeben werden. Einige Produkte scheinen sich auf der neuen Plattform gut zu verkaufen, wie zum Beispiel die Profihaarschneidemaschine ER-1611 von Panasonic – zumindest suggerieren dies die mehr als 2.000 positiven Bewertungen. Während der Recherchen schwankte der Preis dieses Produktes zwischen 105 Euro und 92 Euro. Für Endkunden kostete die Haarschneidemaschine nahezu gleich viel.

Amazon ist ein Online-Gigant. Mit 178 Milliarden US Dollar machte Amazon 2017 über siebenmal so viel Umsatz wie der Softwarehersteller SAP. Das neue Business-Portal kann sich zum ernstzunehmenden Problem für die etablierten Großhändler entwickeln. Kann – muss es aber nicht. Denn die Online-Plattform kann eines nicht: individuell beraten, persönlich schulen oder gar sich fachlich austauschen. Auch ist die Sortimentsbreite und -tiefe (noch) nicht allumfassend.

Nach vier Monaten „Salon Pro“ hat sich TOP HAIR bei Salons und Großhändlern umgehört. Leider gab es bisher von den angefragten Händlern kein Feedback. Aktuell ist zum Beispiel Hair Haus mit seiner Eigenmarke Comair bei Amazon Business vertreten. Natürlich haben wir auch Amazon zur Entwicklung befragt. Die Presseagentur von Amazon macht aktuell jedoch keine Angaben zu Umsatz oder Nutzerzahlen von Salon Pro.

Michelle Ross-Krämer, Fräulein Krämer, Witten
Lieber persönlich
„Ich sehe so Unternehmen wie Amazon, die allein durch ihre Größe die Macht haben, andere zu verdrängen, skeptisch. Ich selbst kaufe auch privat eher bei kleineren, familiengeführten Unternehmen ein. Auch wenn dort der Support vielleicht nicht allumfassend ist. Dafür menschelt es. Der Außendienstmitarbeiter meines Großhändlers kommt alle fünf bis sechs Wochen bei mir vorbei und nimmt meine Bestellung entgegen, die ich zuvor im gedruckten Katalog rausgesucht habe.“

Thomas Löffler, Feinschnitt Löffler, Stuttgart
Direkter Kontakt bevorzugt
„Ich habe kein Geschäftskonto bei Amazon. Meine geschäftlichen Bestellungen habe ich bisher immer über meinen privaten Account gemacht. Dabei beschränkten sich aber meine Einkäufe auf Nicht- Friseurartikel. Wir haben bei uns ums Eck einen Friseureinkauf und wir kennen uns alle. Darauf würde ich ungern verzichten.“

Judith Vennekamp, Judith Vennekamp & Friseure, Bocholt
Fairer ohne Amazon
„Bisher bin ich kein Kunde bei Amazon Business. Ich habe mich für Anbieter entschieden, die großen Wert darauf legen, dass ihre Produkte nicht über das Internet zu sehr viel günstigeren Preisen weiter verkauft werden, als wir diese im Salon anbieten können. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man das Unternehmen Amazon nicht unterstützen sollte. Zum einen ist mir aus anderen Branchen bereits bekannt, dass der Endkundenpreis vieler Produkte geringer ist als der Einkaufspreis, den kleinere lokale Händler bei ihren Großhändlern bekommen. Ein fairer Wettbewerb ist hierdurch nicht mehr gegeben. Zum anderen geht, meiner Meinung nach, der niedrige Preis solcher Onlineriesen immer auch auf Kosten der Mitarbeiter – sowohl beim Thema Lohn als auch bei den Arbeitsbedingungen.“

Rüdiger Schmitt, Kommunikationsmanager der Frisörkette Klier
Kein Thema
„Wir kaufen als Großabnehmer direkt bei den Herstellern ein und beliefern unsere Filialen selbst von unserem Logistikzentrum in Wolfsburg aus. Ich kann mir zum heutigen Zeitpunkt nicht vorstellen, in welcher Weise Amazon Salon Pro für uns jemals eine Rolle spielen könnte.“

Anna Wacker, Anne.Wacker Coiffeur, Damme
Bedenkliche Entwicklung
„Viele Kunden zeigen mir mittlerweile Produktfotos auf ihrem Handy mit Preisen, die teilweise weit unter meinen Verkaufspreisen liegen. Darunter leidet natürlich mein Zusatzgeschäft. Laut meinem Außendienstler macht Amazon über Masse sein Geschäft, geringe Margen steckt der Online-Gigant locker weg. Ich selbst kaufe, außer Haarschmuck, nicht bei Amazon für den Salon ein, sondern bei meinem Großhändler. Erstens bekomme ich da günstigere Konditionen und auch wegen der Garantie.“