Stuhlmiete auf 240 qm am Kurfürstendamm (hier kurz vor der Eröffnung) >< Foto: Rico Beer, Jannis Wernecke

10.11.2022

Stuhlmiete de luxe in Berlin

Rico Beer war jahrelang Stuhlmieter. 2021 startete er selbst mit Parlour & Places in Top-Lage ein Stuhlmiete-Konzept.

In Deutschland haftete dem Konzept Stuhlmiete bislang ein Makel an. Das liegt an den hohen bürokratischen Hürden, aber nicht nur: „Die Grundfrage ist oft der Standort. Meist kann man einen Stuhl in einem bestehenden Salon mieten, der anders nicht mehr voll wird. Das ist häufig nicht in der besten Lage, mit schlechten Lichtverhältnissen und für Stuhlmiete nicht durchdacht.“ Deshalb hat Rico Beer Parlour & Places in Berlin direkt am Kurfürstendamm gegründet. Dahinter verbirgt sich ein 240 m2 großer, exklusiver Salon, in dem Stühle und Kosmetikkabinen gemietet werden können. Hier sollen sich auch Friseure ohne dickes Bankkonto „in der geilsten Lage der Stadt lukrativ aufstellen können“, erklärt Beer die Idee.

Konzept aus den USA

Friseurmeister Rico Beer lernte das Konzept in den USA kennen und lieben, arbeitete auch dort als Stuhlmieter. Mit Parlour & Places will Beer nicht weniger als das Thema Stuhlmiete in Deutschland revolutionieren und salonfähig machen. Gemeinsam mit zwei Fachanwälten hat er das Konzept weiterentwickelt, an den deutschen Markt angepasst und die Verträge für die Mieter aufgesetzt – immer in engem Kontakt mit der Handwerkskammer und der BGW, damit alles nach deutschem Recht ablaufen kann. Problemfelder, die es bislang mit der Stuhlmiete gab, habe er in seinem Konzept gelöst, verspricht Beer. Zum Beispiel das Thema Laufkunden-Annahme: „Der Salonbesitzer hat da bislang gern sein Hausrecht durchgesetzt. Wir arbeiten jetzt mit einem Ticketsystem, ähnlich wie bei der Führerscheinstelle. Ein Zufallsgenerator verteilt in einem gleichmäßigen Algorithmus die Kunden und benachteiligt keinen.“

Ein Kodex zum Vertragswerk soll für alle Mieter Wegweiser sein, es gibt Knigge-Regeln für den Arbeitsablauf und jeder Solo-Selbstständige hat dank eines modernen Schließsystems sieben Tage die Woche 24 Stunden Zutritt zum Salon und kann seine Arbeitszeit so gestalten, wie es ihm beliebt. Nur die Zimmerlautstärke muss von 22 bis 6 Uhr morgens eingehalten werden, erklärt Beer. Persönliche Schließfächer gewährleisten autarke Unternehmen, Kassensysteme nutzen die Mieter auf ihren Smartphones. Neben dem im Mietpreis inkludierten Putz-Service kann nach Bedarf der Produkt-Service oder das Marketing-Package hinzugebucht werden. Die gewünschten Produkte werden dann für den Mieter besorgt oder Werbung nach Mieterwünschen umgesetzt. Ein sogenannter „House Keeper“, der anteilig in der vereinbarten Miete enthalten ist, kümmert sich um die Gäste. Ohnehin wird die Bühne bei Parlour & Places den Mietern überlassen, das Unternehmen selbst tritt in der Außendarstellung nicht in Erscheinung, nichts soll von den einzelnen Stylisten ablenken, so Beer.

Dieser Beitrag basiert auf einem Auszug aus dem TOP HAIR-Magazin 06/2021