Dr. Steffi Burkhart, Foto: privat

12.07.2018

So ticken Generation Y und Z

Viele Chefs fragen sich das: Was wollen die jungen Menschen heute eigentlich? Dr. Steffi Burkhart klärt auf.

TOP HAIR:  Wie sieht der perfekte Arbeitsplatz für einen jungen Friseur aus der Generation Y aus?
Dr. Steffi Burkhart: Den einen perfekten Arbeitsplatz gibt es nicht. Für viele junge Menschen ist es wichtig, am Puls der Zeit zu sein – das sollte sich in einem Friseursalon wiederspiegeln. Was wir derzeit in allen Branchen beobachten, ist ein Kulturwandel, der auf drei Ebenen gleichzeitig stattfindet:

  • Technologie (Kommunikationstechnologie, digitale Arbeitsprozesse)
  • Struktur (Organisationsstruktur, Arbeitsplatzgestaltung)
  • Mensch (Führungskultur, Kundenzentrierung)

Das heißt: Wie gut sind aktuell die Arbeitsprozesse digitalisiert? Gibt es als Kunde die Möglichkeit, über eine App einen Kundentermin zu vereinbaren? By the way: Dank Google Duplex werden Kunden nicht mehr selbst im Salon anrufen, das übernimmt die Künstliche Intelligenz dann für uns. Werden für eine bessere Kunden-Experience Tools wie Apps, Digitale Moodboards oder ein Mirror Screen eingesetzt? Und gibt es für die Mitarbeiter eine Weiterbildungs-App, die mobiloptimiert einsetzbar ist?

Wir wissen, dass wir Menschen – je nach Aufgabe und Projektsituation – in vier unterschiedlichen Arbeitsmodi arbeiten, die auf unterschiedliche Raumkonzepte angewiesen sind:

  • Fokus/Rückzug
  • Kollaboration/Arbeit in Gruppen
  • Lernen
  • Sozialer Austausch in einem informellen Umfeld

Unternehmen fangen heute zunehmend an, intelligent und ganzheitlich Räume zu konzipieren. Mit der Unterstützung von Arbeitspsychologien und Architekten.

Und: Wie wird Führung im Salon definiert und gelebt? Wer ist für die Weiterentwicklung der Mitarbeiter verantwortlich? Wie sehr wird im Team daran gearbeitet, dem Kunden Tag für Tag Wow-Momente zu ermöglichen und ihm eine Best Customer Journey im Store selbst zu ermöglichen? Bestimmt gibt es im eigenen Friseursalon Mitarbeiter, die Bock darauf haben, sich intensiv und dauerhaft mit der Frage auseinander zu setzen: Wie schaffen wir es, Woche für Woche unsere Kunden zu begeistern?

Wer als Saloninhaber genau wissen möchte, wie zufrieden die Mitarbeiter mit ihrem aktuellen Arbeitsplatz sind, rate ich, die Mitarbeiter zu fragen. Das könnte sogar ein eigenes Projekt sein: Arbeitsplatzgestaltung: Wie sieht für Euch der perfekte Arbeitsplatz aus? Das motiviert, die Mitarbeiter fühlen sich wertgeschätzt und vermutlich steigert dieses Projekt auch das Mitarbeiter-Engagement. 

TOP HAIR: Worin unterscheiden sich die Generation Y und die Generation Z?
Dr. Steffi Burkhart:
Ich fasse Generation Y (*1980 – 1995) und Generation Z (*1995 – 2010) gerne als die Millennials Generationen zusammen. GenY wird auch gerne als „Digital Natives 1.0“ und GenZ als „Digital Natives 2.0“ bezeichnet. Wir sind beide Generationen, die stark durch einen digitalen Lebensstil geprägt sind.
Während meine Generation, die GenY, mehr Wert auf Flexibilität und Leistungsbereitschaft legt, streben die Zler eher nach Sicherheit, klaren Strukturen und lehnen Wochenendarbeit lieber ab – ganz nach dem Motto: Work-Life-Separation statt Work-Life-Balance. Beide Generationen haben aber auch Gemeinsamkeiten: Sie leben Zickzack-Lebensläufe und werden laut Prognosen sechs bis acht Mal ihren Job wechseln (World Economic Forum). Weiterbildung und das Aufzeigen eines Karrieremodells ist für beide Generationen wichtig. Wobei das Karrieremodell nicht vertikal gedacht werden muss. Junge Menschen streben heute eher nach horizontaler Entfaltung: Vielfalt schlägt Aufstieg. Wer diese Vielfalt nicht bietet, wird die Mitarbeiter nicht halten können. Denn wir haben es bei den Millennials mit den illoyalsten Generationen aller Zeiten zu tun. Was auf der anderen Seite die Chance erhöht, gute Mitarbeiter – passive Bewerber, von anderen Friseursalons abwerben zu können. 

TOP HAIR: Stichwort Personalgewinnung: Wie spreche ich denn diese begehrten Jungen zielführend an?
Dr. Steffi Burkhart: Azubis stellen andere Erwartungen als ausgebildete Friseure und Friseurinnen. Wobei wir bei beiden Zielgruppen in der Rekrutierung hausgemachte Probleme feststellen: Unzeitgemäße Bewerbungsverfahren, langweilige Stellenanzeigen, unstrukturierte Vorstellungsgespräche.

Kommunizieren Sie auf Ihrer Webseite über zwei Schaufenster: einmal für Kunden, einmal für Bewerber. Kunden interessieren sich für andere Informationen als Bewerber. Bewerber wollen erfahren:

  • wer ihre Chefs sind, ihre Kollegen
  • welche Weiterbildungsmöglichkeiten es gibt
  • wie eine Karriere im Salon aussehen kann
  • wie eine Ausbildung abläuft
  • wer Ausbildungsverantwortlicher ist
  • wie genau der Job vor Ort ausgeübt wird
  • Welche Arbeitszeitmodelle gibt es
  • was passiert bei Schwangerschaft
  • wie wird auf die Gesundheit der Mitarbeiter eingezahlt

 

Zusammengefasst: Wie wird auf die Bio-psycho-soziale Gesundheit der Mitarbeiter eingezahlt? Dann gilt es zu überlegen, wie diese Informationen kommuniziert werden: über Text, oder Bildsprache? Langweilig oder interessant? Wo überall werden Touch-Points zu potenziellen Bewerbern oder Azubis aufgebaut? Wer ist für das Netzwerken in der Öffentlichkeit verantwortlich?Wird im Team auch über ein aktives Empfehlungsmarketing gesprochen? Denn eines ist klar: Die guten Leute werden sich zukünftig nicht mehr bewerben. Der Markt wird sich um sie bewerben. Tun Sie es also auch! 

Darüber hinaus gilt zu überlegen, wie man einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz erlebbar macht: Über Praktika, Probetag oder Videomaterial über den Arbeitsalltag?
Wichtig ist zu verstehen: In Zeiten des Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung geht kein Weg an einem Strategischen Personalmanagement vorbei: Attraktion, Rekrutierung, Entwicklung, Bindung. Was heißt: Ausgehend von der Fragestellung „Wie schaffen wir es, in das Aufmerksamkeitsfeld potenzieller Bewerber und Azubis zu gelangen?“, „Wie holen wir die guten Köpfe in unser Team?“, „Wie fördern wir die Lernkultur und Weiterbildung in unserem Salon?“ „Und welche Incentives bieten wir darüber hinaus, um die guten Köpfe auch längerfristig zu halten?“. 

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