30.04.2018
Nichts Persönliches
Wenn die Farbe nicht gefällt, wird nicht nur die Kundin nervös. Hier muss der Chef seinen Leuten den Rücken stärken.
Peter Lehman, Friseurmeister, Betriebswirt und Unternehmenstrainer weiß wie.
Wenn ich Friseure danach frage, was sie am meisten stresst, lautet eine der häufigsten Antworten: Beschwerden! Da ist die Kundin, die über ihre Strähnen klagt. Oder der Kunde, der sich über die Wartezeit ärgert. Und fast jeder hat schon erlebt, welche möglichen Probleme eine Preiserhöhung bedeutet. Kaum eine Situation ist so unangenehm. So mancher Kollege rechnet sogar grundsätzlich den günstigsten Preis für den Haarschnitt ab, um mögliche Szenen an der Kasse zu vermeiden. Doch auch wenn es einem so vorkommt, als ob sich alle Nörgler dieser Welt nur in den eigenen Laden verirren: Fehler passieren überall. Und deshalb muss man sich gelegentlich mit unzufriedenen Kunden arrangieren.
Hineinversetzen
Was also tun? Die richtige Reaktion beginnt mit Zuhören und hört mit einer Wiedergutmachung und Entschuldigung auf. Trägt ein Kunde seine Beschwerde vor, empfehle ich, sich in dessen Lage zu versetzen: „Ich fühle mich auch unwohl, wenn mir meine Haare nicht gefallen.“ Dieser verständnisvolle Satz nimmt selbst dem Aufgebrachtesten den Wind aus den Segeln. Oder wie wäre es mit einem Dank dafür, dass der Kunde eine Chance zur Wiedergutmachung gibt? Der größte Teil verschwindet nämlich wortlos und macht draußen schlechte Reklame für Ihren Salon. Der souveräne Umgang mit Beschwerden erfordert emotionale Distanz. Ich lege Führungskräften deshalb nahe, ihren Mitarbeitern bewusst zu machen, dass der Mensch, der sich beschwert, sie nicht persönlich angreifen will. Manchmal hört es sich vielleicht zwar so an, als würde er dem Kollegen unterstellen, sein Handwerk nicht zu beherrschen. Aber das ist der Ärger, weil er sich mit dem Ergebnis nicht wohlfühlt. Und manchmal auch die Hilflosigkeit, sich nicht anders in Konflikten verhalten zu können. Mit einer überzeugenden Haltung, bestimmten Redewendungen und Formulierungen kann es jedem gelingen, Kunden zu beruhigen, um dann die Ursache für die Misere zu erfragen. All das kann man trainieren.
Besser werden
Zudem braucht es Richtlinien, an denen sich jeder im Team orientiert: Wann gibt es einen Gutschein? Wie ist bei Farbehandlung zu verfahren? Erhält der Kunde vielleicht ein kleines Präsent? Diese Regeln sollten Chefs mit ihren Mitarbeitern gemeinsam definieren. Das gibt den Kollegen Sicherheit beim Ausbügeln von Beschwerden. Das Zustandekommen der Preise sollten Salonleiter ebenfalls haarklein erklären! Denn nur so kann jeder Kollege sie selbstbewusst kommunizieren. Übrigens: Beschwerden weisen fast immer auf Unzulänglichkeiten hin. Man kann sie nutzen, um besser zu werden! Wie wäre es zum Beispiel, Kunden zukünftig telefonisch vorab zu informieren, falls sich Wartezeiten ergeben? Schließlich geht nichts über guten Service.