25.05.2017
Kredite: Jetzt handeln!
Für risikobehaftete Geschäfte müssen Banken künftig mehr Eigenkapital vorhalten – Stichwort Basel IV. Das hat Auswirkungen auf Kreditvergaben.
Bei Betriebsverantwortlichen und Freiberuflern ist es kaum bekannt, dennoch ist es für diese Zielgruppe mit möglicherweise erheblichen Konsequenzen verbunden: Das Stichwort „Basel IV“ als Synonym für zu erwartende weitere Regulierungen der Bankinstitute im Hinblick auf ihre Kreditvergabe. Im Wesentlichen geht es darum, die mit Kreditvergaben nun einmal verbundenen (Ausfall)-Risiken durch ein angemessenes Eigenkapital der Banken weitgehend abzusichern. Ob die Bedenken, durch anspruchsvollere (und damit wohl höhere) Eigenkapitalvorgaben durch die Aufsichtsbehörden könnten künftige Kreditvergaben erschwert werden, tatsächlich zutreffen, wird sich erst noch zeigen. Immerhin, resümieren Teilnehmer der Finanzbranche, würden die Finanzierungskapazitäten der Banken durch bereits bestehende Regulierungen auch heute schon reduziert.
Nicht abwarten
Führungskräften und Betriebsinhabern kann diese Entwicklung nicht egal sein. Kommt es in den kommenden ein, zwei Jahren tatsächlich zu strengeren Vorgaben für die Kreditgeber, ist davon auszugehen, dass dies unmittelbar auf den Kunden als Kreditnehmer durchschlägt. Da das von den Banken vorzuhaltende Eigenkapital bei Kreditnehmern mit durchschnittlicher oder sogar unterdurchschnittlicher Bonität wohl zunehmen dürfte, liegt es nahe, diese Kunden insbesondere betriebswirtschaftlich noch kritischer zu sehen als dies bisher je nach Bankinstitut schon der Fall zu sein scheint. Mit, im günstigeren Fall, höheren Kreditzinsen oder, im ungünstigeren Fall, Kreditkürzungen oder sogar Kreditablehnungen muss dann durchaus gerechnet werden.
Eine mögliche Strategie des Bankkunden kann jetzt darin bestehen, erst einmal die Ergebnisse der Basel-IV-Gespräche auf sich zukommen zu lassen und die Bank als Kreditgeber in der Informationspflicht zu sehen. Prekär kann dieses Zuwarten allerdings dann werden, wenn bereits bestehende Kredite verlängert werden sollen oder Neukredite geplant sind, also eine eher kurzfristige Reaktion der Bank erwartet wird. Kreditnehmer, die so mehr oder weniger unvorbereitet in akute Bankverhandlungen einsteigen, müssen mit unerfreulichen Gesprächsverläufen rechnen. Es ist durchaus möglich, dass ihnen bankseitig erklärt wird, dass sich der Kunde früher mit dem Thema „Basel IV“ hätte auseinandersetzen sollen und nun eine sprichwörtliche „Hals-über-Kopf“-Entscheidung nicht getroffen werden kann.
Kontrollierte Offensive
Erfolg versprechender dürfte dagegen das eigene unmittelbare Agieren des Kreditnehmers sein. So lange also noch kein akuter Kreditbedarf besteht, sollte ein professionelles Orientierungsgespräch mit den Hausbanken stattfinden, in dem die relevanten Punkte vorerst ohne Entscheidungsdruck thematisiert werden (siehe Infokasten). Derzeit kann in der Tat noch davon ausgegangen werden, dass die meisten kleinen und mittleren Betriebe insbesondere durch den recht hohen Anbieterwettbewerb noch zufriedenstellende Finanzierungsbedingungen vorfinden. Möglich ist natürlich auch, dass Banken als Kreditgeber versuchen werden, ihre eigenen Marketingstrategien auf der Grundlage der jetzigen Regeln auszubauen und sich zusätzliche Marktanteile in diesem Segment der Mittelbetriebe und Praxen zu verschaffen.
Darauf verlassen sollten sich Geschäftsinhaber nicht. Dazu ist in der Vergangenheit sicherlich auch zu viel Porzellan zerschlagen worden und letztlich auch Vertrauen verloren gegangen. Im Ergebnis sollte daher nicht gezögert werden, einen Banktermin zu vereinbaren und die Zukunft ein wenig vorwegzunehmen. Hinzu kommt, dass es auch strategisch von Vorteil sein kann, den Kreditinstituten zu zeigen, dass man „Basel IV“ keineswegs ignoriert.
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Autor:Michael Vetter
Finanzberater und TOP HAIR-Experte für alle Fragen rund ums Geld