Foto: frankie's / Shutterstock.com

19.06.2020

Corona-Management: Fahren auf Sicht

Covid 19 wirbelt das Friseurhandwerk ordentlich durcheinander und bringt Unternehmer vom Kurs ab. Erfahrungen und bewährte Regeln gibt es nicht. Wie kann „Corona-Management“ aussehen? Diplom-Ökonom und Branchenkenner Ralf Osinski beschreibt den Weg aus der Krise - in Etappen. Ein Navi für Saloninhaber.

Ein Blick in die Zukunft (der Versuch) soll den Inhabern von Friseursalons mehr Sicherheit bei der eigenen Planung geben. Dabei gilt es zunächst, den Wandel zu akzeptieren; Wechsel ist normal und kommt immer wieder vor. Manchmal heftig. Es geht also  darum, sich von dem (unausgesprochenen) Gedanken zu verabschieden, dass es irgendwann „so wie vorher“ sein wird. Zum Zweiten ist es wichtig, sich mental darauf einzulassen, dass bis auf Weiteres Unsicherheit das unternehmerische Handeln bestimmt. Das bedingt, sich zeitnah zu orientieren und Entscheidungen auch einmal komplett über den Haufen zu werfen. Schnelligkeit ist das Gebot der Stunde!

Phase 1: Überleben sichern

Nach der abrupten Salonschließung, Schockstarre und kurzem Innehalten ging es in der ersten Phase darum, die eigene wirtschaftliche Existenz zu sichern. Liquidität erhalten! Mit staatlicher Unterstützung, mit Soforthilfe und KfW-Darlehen ist das rückblickend mal mehr, mal weniger gut gelungen. Immerhin! Ob die Überlebenssicherung passt, gilt es jetzt weiter zu beobachten.

Aktuelle Phase 2: Vortasten

Behutsam, aber zielstrebig! Seit der Aufhebung des Lockdown am 4. Mai 2020 befinden sich die Saloninhaber in der Orientierungsphase. Diese wird sicher einige Monate andauern. Ein guter Start, das freut, lässt aber keine verlässliche Aussage über die weitere (lang fristige) Entwicklung zu. Besuchs- und Kundenverhalten sind nicht zuverlässig einzuschätzen, wenn mit Arbeitslosigkeit und Einkommensverlusten gerechnet wird. Ob und wann es einen Rückschlag bei der Ausbreitung des Virus geben wird, ist nicht vorhersehbar. Auch intern, im Team kann in puncto Gesundheit, Motivation und Loyalität Unerwartetes passieren. Aktuell kann Salonführung nur „auf Sicht“ erfolgen. Die Umsätze, die Konten- und Gewinnsituation gilt es jetzt zeitnah im Blick zu behalten. Ursache und Wirkung! Es ist wie mit dem Navigieren eines Schiffes auf hoher See. Wie bei Kolumbus.  Irgendwo im Westen muss es Land geben. Also den Kurs Richtung Westen halten! „Land“, das ist die Zielsetzung, vom Ertrag des eigenen Unternehmens leben zu können. Was das konkret in Euro bedeutet, welche Abstufungen es gibt, das muss jeder für sich definieren – aber es ist wichtig.

Phase 3: Zukunftsmodelle entwickeln

Schon in der vorher beschriebenen Phase des Hineintastens in die neue Situation ergeben sich in der Regel Hinweise darauf, wie es in Zukunft weitergehen kann. Da wird viel Bekanntes dabei sein, aber in anderer Ausprägung. Gut möglich, dass für diese Phase das Jahr 2021 ins Land geht.
   Wie verändert sich die Kundenbindung bei Frauen und Männern? Wie ist die Reaktion auf höhere Preise? Haarwäsche als „Pflicht“ – das Ende von Cut & Go? Welche Bedeutung hat die aktuell stark reduzierte Servicequalität in Zukunft? Verändern sich die Kundenerwartungen an die Friseurdienstleistung? Scheiden Mitbewerber am Markt aus, überleben nur die Starken und Großen? Wie nachhaltig ist die gesteigerte Wertschätzung der Friseurdienstleistung? Und: Wie dauerhaft ist die „Krisenloyalität“ der Mitarbeiter? Das alles gilt es aufmerksam zu beobachten, zu bewerten und sich bietende Chancen zu nutzen.
   Auch in dieser Phase ist das zeitnahe Verfolgen von Umsätzen, Kontenständen, Gewinnen wichtig. Immer wieder schnelle (!) Positionsbewertungen, Bewertung des eigenen Leistungsangebots usw. Und, wenn’s sein muss, rasch das Ruder herumwerfen! Erste Planungs- und  „Break-even-Berechnungen“ (Gewinnschwelle!) sind nun möglich.

Phase 4: Willkommen in der „Nach- Corona“-Zeit

2022 sollte dann klar sein, wie sich das eigene Unternehmen für die Zukunft aufstellen kann. Planung in Zahlen und Maßnahmen wird sicherer. Absolute Sicherheit wird es nicht geben, aber das war auch schon vor Corona so. Spätestens 2022, wenn die Tilgung von üppig gewährten Krediten beginnt, erlangt das Thema Liquidität eine besondere Bedeutung. Unter Umständen muss die Finanzierungssituation noch einmal grundlegend auf den Prüfstand, um zu vermeiden, dass Darlehensraten die für die eigene Lebenshaltung und Investitionen notwendigen finanziellen Spielräume einschränken.

Nun ist es höchste Zeit, die eigene Konzeptplanung und Kosten­/Erlös­Planung „griffiger“ zu gestalten. Dabei wird das „Learning“, dass sich die Situation von heute auf morgen komplett ändern kann, sicher eine Rolle spielen.

Corona-Controlling: eine Mustertabelle für Umsatzplanung

Für größere Darstellung bitte Bild anklicken

Die Zahl der genutzten Plätze, der Engpassfaktor, die Zahl der Kunden pro Tag und der Umsatz pro Kunde. Dazu ein Salon-Tagesumsatz, der erwartet bzw. benötigt wird, als Zielgröße. Das verschafft einen schnellen Überblick und erleichtert das Navigieren!

Sie wollen mehr zur Tabelle oder zum Thema wissen? Wenden Sie sich per E-Mail an: ralf-osinski@t-online.de