Michael Vetter, Foto: Studio Nawrath

22.08.2018

Vorsorge treffen: Ein Plan für den finanziellen Notfall

Zur unternehmerischen Verantwortung sollte für Betriebsverantwortliche ein professioneller Notfallplan gehören, sagt unser Finanzexperte Michael Vetter.

Folgender Praxisfall: Die Überraschung hätte für Rüdiger D., einen Unternehmer aus dem Ruhrgebiet, kaum größer sein können, als ihm ein Kollege fast beiläufig mitteilt, dass er einen Versicherungsschaden von etwa 12.000 Euro selbst zahlen müsse. Dabei geht es um einen Wasserschaden, der wohl dazu führen wird, dass der Mittelbetrieb für einige Tage schließen muss und in diesem Zeitraum naturgemäß keine Einnahmen erzielen kann. D. war vor Allem deshalb so überrascht, da er wusste, dass das Gewerbegebiet, in dem der Betrieb des Kollegen liegt, auf Grund der unmittelbaren Nähe zu einem Kanal als hochwassergefährdet einzustufen ist. Der Unternehmer hatte aber in der Betriebsversicherung auf den Einschluss einer für entsprechende Schäden grundsätzlich eintretenden Elementarversicherung bisher verzichtet. Nach dessen eigener Aussage sah er für eine solche Versicherungserweiterung „bisher keinerlei Anlass“.

Kritische Reaktion der Bank

Als der Unternehmer daraufhin seine Bank um eine zur Finanzierung dieser Kosten kurzfristige Erhöhung seines Überziehungskredites auf dem Geschäftskonto bittet, muss er sich dort nicht nur heftige Vorwürfe gefallen lassen („Gibt es denn bei Ihnen keine entsprechenden Vorsorgeplanung?“). Darüber hinaus macht sein Gesprächspartner deutlich, dass ein derartiger Vorsorge- oder Notfallplan im Rahmen seiner Kreditbeurteilung und damit bei der Kreditvergabe als wichtiger Punkt gilt. Erst nach langem Hin und Her stimmt der Bankmitarbeiter dem Kreditwunsch unter der Bedingung einer sofortigen und sorgfältigen Überprüfung des vollständigen Versicherungsschutzes des Betriebes zu.

Versicherungsschutz prüfen

D. sah sich nach der Erzählung seines Kollegen noch am gleichen Abend die eigenen Versicherungsunterlagen an und war erstaunt darüber, dass er eine Neuordnung sowohl der privaten als auch der betrieblichen Versicherungen vor mehr als fünf(!) Jahren vorgenommen hatte. Danach hat es zwar seitens des Ansprechpartners seines Versicherers immer wieder Versuche gegeben, ein entsprechendes Gespräch zu führen. Tatsächlich geschehen ist aber nichts, da D. dazu keine Veranlassung sah und regelmäßig Gründe fand, sich vor einem solchen Gespräch mehr oder weniger zu drücken. Erst jetzt, nach dem geschilderten Problem seines Kollegen, denkt er anders darüber und wird mit dem Versicherungsmitarbeiter kurzfristig Kontakt aufnehmen und jede einzelne Versicherung sowohl auf deren Inhalt als auch auf die jeweilige Versicherungshöhe hin prüfen

Mängel im Mittelstand

D. ist mit seiner bisherigen Einstellung zum Vorsorgethema offenbar kein Einzelfall im Mittelstand. Je nach Betrieb scheint es zum Teil durchaus markante Mängel in der individuellen Notfallplanung zu geben, die sich auf nahezu sämtliche unternehmensrelevante Bereiche erstrecken. Zu einer professionellen Notfallplanung gehört wie im Beispiel also auch ein kontinuierlich anzupassender Versicherungsschutz, der sich an der jeweiligen Entwicklung des Betriebes orientiert. Hier sollte man ähnlich verfahren wie bei privaten Versicherungspolicen, die man möglichst auch an die sich verändernden Lebensverhältnisse des Unternehmers und seiner Familie sinnvollerweise anpasst.

Die Kennzahlen im Blick

Bei einem weiteren, ebenfalls wichtigen Problembereich unternehmerischer Vorsorge geht es um ein funktionierendes Controlling und das rechtzeitige Auswerten betriebswirtschaftlicher Kennzahlen. Darüber hinaus sollte ein gutes Kreditmanagement für die im Betrieb wichtige Liquidität sorgen. Das gilt auch für die Fremdkapitalfinanzierung durch eine oder mehrere Hausbanken. Ein Überziehungskredit sollte obligatorisch sein. Man muss Höhe und Laufzeit regelmäßig überprüfen. Auch betriebliche Darlehen sind eine Möglichkeit. Umschuldungen können hier genauso wichtig sein wie ein regelmäßiger Informationsaustausch zwischen Bank und Kunde beispielsweise über Sonderkredite oder über öffentliche Förderprogramme.

In Kontakt bleiben

Hilfreich ist ein regelmäßiger Informationsaustausch. Regelmäßig auch dann, wenn es um die jeweilige Beurteilung der Bonität durch die kreditgebenden Banken geht. Begriffe wie „Rating“ oder „Scoring“ als wesentliche Maßstäbe der Kreditwürdigkeit sollten ebenso zum alltäglichen Sprachgebrauch des Unternehmers gehören wie der jeweilige Stand seiner möglicherweise umfangreichen Kreditsicherheiten. Auch eventuelle Mängel in der Datentechnik dürfen nicht unterschätzt werden: So sollte man etwa über die doch eigentlich selbstverständliche sorgfältige Verwahrung von Sicherungskopien mit wichtigen betrieblichen Daten ebenso nachdenken wie über eine regelmäßige Aktualisierung der jeweils genutzten Hard- und Software.

Faktor Unternehmer

Bei aller Sorgfalt im Hinblick auf betriebliche Details darf man nicht übersehen, dass die Arbeitskraft des Unternehmers die wohl größte Bedeutung für den Fortbestand des Betriebes besitzt. Konkret bedeutet das: Stellen Sie sicher, dass bei einem plötzlichen Ausfall des Betriebsinhabers das Unternehmen weitgehend reibungslos fortgeführt werden kann. Dazu gehören Bankvollmachten ebenso wie klare und verbindliche Regelungen beim täglichen Geschäftsverkehr.

Nochmals zurück zu D., der sich nun entschlossen hat, mit Hilfe seines Steuerberaters und seiner Hausbank sämtliche relevanten Punkte zu bereden und innerhalb eines betriebsinternen Organisationshandbuchs für alle Mitarbeiter verbindliche Regeln einzuführen. Er verspricht sich davon auch eine Verbesserung seines betrieblichen Kreditratings. Ein solches Kreditrating schätzt die Bonität von Unternehmen ein. Immerhin zeigt er seiner Bank damit, dass er auch an dieser Stelle deren Vorstellung von einer professionellen Unternehmensführung Rechnung trägt

Check-Liste:

  • einerlei ob Vorsorge- oder Notfallplan: Mittelbetriebe sollten sich bei erkannten Lücken im Betriebsbereich kurzfristig um entsprechende Maßnahmen zur Schließung dieser Lücken bemühen;
  • neben Standesorganisationen können hierzu vor allem Banken und Steuerberater Hilfe leisten, da sie den jeweiligen Betrieb meist gut kennen und auch Erfahrungen mit vergleichbaren Unternehmen, selbstverständlich anonymisiert, einbringen können;
  • einmal verabschiedete Regelungen sollten nicht statisch gesehen, sondern vielmehr regelmäßig aktualisiert werden;
  • von großer Bedeutung ist bei so gut wie allen Maßnahmen die Einbindung der im Betrieb tätigen Mitarbeiter. Immerhin sind sie für die jeweilige Umsetzung dieser Maßnahmen mitverantwortlich.