12.09.2017
Der beste Barbier Deutschlands: "Plötzlich kennen dich alle"
Das Interview mit Sezer Soylu – Gewinner des German Barber Awards 2016. Wie der Wettbewerb ihn motivierte und inspirierte.
Vor rund einem Jahr konnte er sein Glück kaum fassen: Sezer Soylu aus Augsburg hatte die German Barber Awards 2016 gewonnen. Ein Kindsheitstraum ging damals für den mittlerweile 40-jährigen Barbier in Erfüllung. In diesem Jahr findet der Wettbewerb nun zum dritten Mal statt - diesmal mit internationaler Beteiligung. Ausrichter sind wieder die 1o1Barbers. Nach mehreren Live Competitions im In- und Ausland treten am 22. Oktober auf der Messe Haare in Nürnberg die besten Barbiere an. Mit dabei ist auch TOP HAIR International als Medienpartner. Wir fragten Sezer Soylu nach seinen Erfahrungen zum Wettbewerb. Was hat ihm der Erfolg gebracht? Wie hat er sich weiterentwickelt?
TOP HAIR: Herr Soylu, vor fast ein Jahr haben Sie den Titel gewonnen. Was hat Sie dazu inspiriert an den Best German Barber Awards teilzunehmen?
Sezer Soylu: Meine Frau hat die Veranstaltung 2015 im Internet entdeckt und meinte: „Schau, da ist etwas, was du dir schon immer gewünscht hast!“ Dann war ich aber für die Anmeldung 2015 zu spät. 2016 wollte ich das nicht verpassen. Ich habe mir damals bei den ersten Barber Awards in Nürnberg alles sehr intensiv angeschaut, und meine Hände zitterten, als ich meine Berufskollegen auf einer Bühne sah. Ich hatte so etwas noch nie auf einer Bühne gesehen und wollte das unbedingt! Ich war so beeindruckt von der Arbeit der Teilnehmer, dass ich es mir auch beweisen wollte. Emotional hat mich meine Frau unterstützt. Auch mein Chef hat mich ermutigt und sagte, „du schaffst das!“
Wie hat sich dieser Sieg auf Ihre Karriere ausgewirkt?
Sezer Soylu: Als bei der Siegerehrung mein Name als Gewinner der German Barber Awards 2016 fiel, konnte ich es nicht fassen. Plötzlich lief alles wie in Zeitlupe vor mir ab. So viele Menschen kamen auf mich zu, die Kameras, die Presse, die Barbiere. Mir wurde klar, dass dies einer der goldenen Momente im Leben ist. Über Social Media überollte mich eine Glückwunschwelle aus der ganzen Welt. In der Zwischenzeit habe ich viele Pressetermine absolviert. Vom Veranstalter, den 1o1Barbers, werde ich bis heute sehr gut unterstützt. So gehöre ich heute zum Fachteam der Academy, trainiere mit Barbieren und ich hatte in der Zwischenzeit einige Auftritte bei Fachveranstaltungen oder öffentlichen Messen. Im Oktober folgt der nächste Meilenstein: Die Eröffnung meines ersten eigenen Barbershops in meiner Lieblingsstadt Augsburg. Aber trotz allem bin ich mir immer selbst treu geblieben und gehe nach wie vor täglich meiner Arbeit als Barbier im Salon nach. Genauso wie vor den Sieg. Am Ende des Tages zählt die Qualität deiner Arbeit, die du Tag für Tag bei jedem einzelnen Kunden leistest.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Sezer Soylu: Im Moment konzentriere ich mich auf zwei Dinge: Die Zufriedenheit meiner Kunden und den Aufbau meines Barbershops. Ich habe nach langer Suche endlich eine geeignete Location gefunden, denn ich wollte das unbedingt in Augsburg umsetzen. Der Laden ist toll. Ein sehr altes Haus, in dem ganz früher mal eine Bäckerei war. Der Barbershop wird dann etwa 100 Quadratmeter mit vier Bedienplätzen haben.
Wann haben Sie Ihre Berufung zum Barber entdeckt?
Sezer Soylu: Für mich kam nie etwas Anderes in Frage. Ich wollte schon immer Barbier werden. In meiner Kindheit in der Türkei faszinierte es mich immer, dass es bei den Barbieren so ähnlich wie bei einem Arzt zugeht. Alles war sehr hygienisch und es wurde sehr detailliert gearbeitet. Eine Rasur folgte mehreren genauen Arbeitsschritten und dauerte nahezu eine Stunde. Das sind einfach meine ersten Erinnerungen an diesen Beruf. Nachdem ich ihn erlernt hatte, arbeitete ich zehn Jahre in Saudi-Arabien als Barbier. Dann kam ich nach Deutschland und konnte hier all meine Erfahrung einbringen.
Auch in diesem Jahr wird wieder der Best Barber ermittelt. Als Reaktion auf die starke Resonanz aus dem Ausland zum ersten Mal auf internationaler Ebene. Gibt es Unterschiede zu den Kollegen aus anderen Ländern?
Sezer Soylu: Ich kann natürlich nicht für alle Barbiere aller Nationen sprechen. Jeder hat seinen eigenen Arbeitsstil. Ein orientalischer Barbier ist zum Beispiel mehr auf die Arbeit mit dem Rasiermesser und mit der Schere spezialisiert, während man in UK oder Amerika öfter Trimmer und Haarschneidemaschinen im Einsatz sieht. Wie gesagt, man kann das schlecht verallgemeinern, denn es ist für jeden Barbier eine individuelle Entscheidung, wie er arbeitet. Zudem hat jedes Land andere Ausbildungsgegebenheiten. In Deutschland gibt es die klassische Friseurausbildung, die auch Herrenhaarschnitte und das Thema Rasur beinhaltet, aber insbesondere Letzteres nur in kleinem Rahmen.
Welche Fähigkeiten muss ein Wettbewerbsteilnehmer mitbringen, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen zu können? Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Sezer Soylu: Jeder Finalist der International Barber Awards ist ein Gewinner, ganz gleich ob er den ersten oder letzten Rang belegt, denn er hat es bereits weit gebracht und gehört zur Top Elite der besten Barbiere. Man sollte mit Herz und Leidenschaft bei der Sache sein und sich voll auf die Arbeit am Model konzentrieren, am Boden bleiben, seine innere Balance behalten und einfach in jeder Sekunde sein Bestes geben. Die Jury achtet auf sehr viele Details, so sind z.B. Hygiene und Ordnung am Arbeitsplatz, auch Beurteilungskriterien. Vor allem schaut die Jury auf Präzision und Exaktheit sowie auf das, was man aus den Haar-Gegebenheiten des Modells macht. Ich finde bei so einem Wettbewerb auch wichtig, dass man sich als guter Verlierer zeigt, wenn es nicht klappt. Es kostet manchen viel Kraft sich geschlagen zu geben und dem Kollegen zu gratulieren, der weitergekommen ist. Für mich zeigt das guten Charakter und eine starke Persönlichkeit.
Was macht einen Barber zum besten Barber Deutschlands?
Sezer Soylu: Lernen. Lernen. Und nochmals Lernen. Man sollte nie aufhören damit, auch später, wenn man älter ist und in den Ruhestand geht. Meine Fachexpertise ist über die Jahre gewachsen und beruht auf vielem, was ich dazugelernt habe. Für die Barber Awards habe ich mich sehr intensiv vorbereitet. Alle Berufskollegen, die dort teilgenommen haben, werden bestätigen, dass die Jury sehr viel Leistung und ein hohes Maß an Fachkompetenz abfordert. Nach dem Motto „Übung mach den Meister“ habe ich ganz klassisch für die verschiedenen Disziplinen trainiert. Wenn man schlecht vorbereitet oder zu leichtfertig beim Finale antritt, wird das nichts.
Werden Sie wieder bei der Messe Haare dabei sein?
Sezer Soylu: Natürlich werde ich in diesem Jahr in Nürnberg dabei sein, aber nicht als Kandidat. Schließlich möchte ich ja meinem Nachfolger die Hand reichen und den Thron übergeben. Ich bin schon sehr gespannt und freue mich auf den Event, denn dieses Jahr wird es international und es werden Barbiere aus vielen Nationen dabei sein.