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10.06.2020

Mehrwertsteuer: 16 Prozent als Chance?

Im Konjunkturprogramm der großen Koalition wurde eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent beschlossen. Wir haben Harald Esser, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks (ZV), hierzu befragt.

TOP HAIR: Wie soll die Umsetzung in den Salons konkret aussehen? Empfiehlt der ZV z. B. den Friseuren, alle Preise um 3 Prozent zu senken?

Harald Esser: Der Zentralverband begrüßt die Maßnahme der Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 16 Prozent vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020. Bezüglich der Umsetzung fordert die Bundesregierung ausdrücklich, dass die Mehrwertsteuersenkung in Form von Preissenkungen an die Kunden weitergegeben werden soll. Eine Vergünstigung für die Allgemeinheit ist das ernannte Ziel.

Die Entscheidung, ob die Verbraucherpreise wirklich abgesenkt werden, trifft der jeweilige Dienstleister jedoch selbst, dies ist nicht verpflichtend. Betriebe werden sicherlich versuchen, in diesen 6 Monaten der Mehrwertsteuersenkung die Verluste der 6 Wochen der Schließung aufzufangen.

Konkret könnte der Corona-Preisaufschlag, den einige Friseure aufgrund der Mehrkosten und des Mehraufwands durch die Hygieneauflagen derzeit erheben, mit einer Preissenkung durch die Senkung der Mehrwertsteuer abgemildert werden. Die Nachfrage nach Friseurdienstleistungen kann angekurbelt werden, auch über den derzeitigen Run hinaus.

TOP HAIR: Einige Friseure sagen, dass diese Mehrwertsteuersenkung mehr Verwirrung bringt, als nützt. Wie sehen Sie das?

Harald Esser: Mit der Mehrwertsteuersenkung ist natürlich ein bürokratischer Aufwand verbunden, wenn diese in Form von Preissenkungen an den Kunden weitergegeben wird, da Kassensysteme umgestellt und Preisschilder neugestaltet werden müssen. Friseurunternehmer sollten sich diesbezüglich unbedingt zeitnah mit ihrem Steuerberater in Verbindung setzen.

Die Senkung ist aber auch eine Chance für die Salons, ein positives Signal zu setzen. Viele Kunden sind zurzeit in Kurzarbeit, eine entsprechende Preissenkung und deren Kommunikation sorgt für eine gute Außendarstellung und ist ein guter Anreiz für den Friseurbesuch in der Krise.

TOP HAIR: Fänden Sie es wünschenswert, dass die Senkung der Mehrwertsteuer dauerhaft ist und nicht zum 31. Dezember endet?

Harald Esser: Die Mehrwertsteuersenkung für Friseurdienstleistungen ist seit vielen Jahren eine der steuerpolitischen Forderungen des Zentralverbandes. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn diese nicht nur temporär im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie abgesenkt würde.

Die Bundesregierung hat jedoch bedauernswerterweise bereits verlauten lassen, dass sie eine Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung über das Jahresende hinaus ausschließt. Wir werden uns aber weiter für eine Senkung stark machen.