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05.01.2022

Soforthilfen: Brief an die Wirtschaftsministerin von Baden-Württemberg

Friseurmeister Ralph-Joachim Hoffmann, SCISSORYS Friseure Heilbronn, wehrt sich in einem Brief gegen die Rückzahlung der Soforthilfen.

Auch Saloninhaber Ralph-Joachim Hoffmann hat es getroffen. Laut der L-Bank soll er die gewährte Soforthilfe von 9.000 Euro vollständig zurückzahlen. Und dass, obwohl ihm aufgrund der beiden Lockdowns insgesamt 82.000 Euro Umsatz entgangen sind. In seinem Brief an die BW-Ministerin Frau Dr. Hoffmeister-Kraut äußert er sein Unverständnis dafür. Hier ein Auszug aus seinem Schreiben vom 3. Januar 2022:

(...) Jetzt wurden wir – und viele andere durch die Landes- und Bundesregierung gezwungen, im ersten Lockdown unsere Betriebe für sechs Wochen zu schließen, obwohl hier nachweislich keine erhöhte Gefahr für die Menschen ausging. Wir hatten keine Möglichkeit für unseren Unterhalt oder den unserer Familien zu sorgen. Sowohl die betrieblichen als auch die privaten Kosten liefen weiter.Zusätzlich hatten wir immense Ausgaben (viele von uns im 5-stelligen Bereich), um weitere Hygienemaßnahmen vorzunehmen, um in erster Linie unseren Gästen ein Gefühl von Sicherheit zu geben und selbstverständlich auch die uns auferlegten Vorschriften einzuhalten.

Streitfall Erhebungszeitraum

Des weiteren beklagt Ralph-Joachim Hoffmann in seinem Brief den Erhebungszeitraum: (...) Die Erhebung umfasst immer einen Drei-Monatszeitraum, bei welchem immer der Monat Mai enthalten ist. Dieser Monat, der Erste nach dem Lockdown, gilt für alle Branchen als absolut umsatzstark (Nachholbedarf), kann aber die Defizite der Monate davor nicht ausgleichen. Selbstverständlich war der Mai ein Monat wie kein anderer. Tatsache ist aber auch, dass bereits die Monate davor und leider auch die Monate danach der Umsatz erheblich weniger war als in den Jahren zuvor. (...) Durch diesen Abrechnungsmodus kommt es in den meisten Fällen zu dem Ergebnis, dass Unternehmen für diesen Zeitraum betriebswirtschaftlich mit Minibeträgen ins Plus geraten und dadurch die gesamte Soforthilfe zurückzahlen müssen. Beträge, die als Minus ausgewiesen werden, können von den Hilfeempfängern einbehalten werden, der Rest muss zurückgezahlt werden. Dieses ist kritikfähig weil: 

  • Der Abrechnungszeitraum vollkommen falsch gewählt ist (der März zählt nicht dazu, sondern erst der Monat, in dem der Antrag gestellt wurde)
  • ein privater Lebensunterhalt in dieser Zeit finanziell nicht realisierbar war (in BW)
  • bestimmte notwendige Kosten nicht einberechnet werden
  • weil diese Regelung dem ehrlich agierenden Unternehmer zum Nachteil gereicht
  • steuersparendes Geschäftsgebaren hier Vorteile erlangt.

Lesen Sie hier den gesamten Brief an die Ministerin.

UPDATE vom 21. Januar 2021:

Inzwischen hat Ralph-Joachim Hoffmann eine Antwort auf seinen Brief bekommen. Zufrieden ist er damit nicht: "Die Antwort ist doch wieder nur ein langes Wischi-Waschi an oberflächlichen Aussagen. Auf das ,Versprechen' von Herrn Scholz und Herrn Altmeier seinerzeit wird nicht eingegangen. Frei nach dem Motto: ,Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern'. Typisch für das, wofür unsere Politiker heute stehen. Für wen wollen diese denn die ,bestmögliche Lösung finden'?", ärgert sich der Friseurmeister aus Heilbronn über die Mail der Fachabteilung 'Soforthilfe' aus dem Ministerium. "Ein Teil der Unternehmen wurde und wird mit so großen Restriktionen belegt, die viele von uns in den Ruin treiben, während andere Unternehmen keinerlei Einschränkungen haben!"

In der Antwort aus dem Ministerium wird den Sorgen und Bedenken der Unternehmer "großes Verständnis" entgegengebracht, aber auch darauf hingewiesen, dass "dem Wirtschaftsministerium und der L-Bank zwingend einzuhaltende Grenzen gesetzt " seien. [...]: "Zwar handelt es sich bei der Soforthilfe um einen „nicht rückzahlbarer Zuschuss“, dieser ist jedoch laut Haushaltsrecht nur dann tatsächlich nicht zurückzubezahlen, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung oder Belassung – in diesem Fall insbesondere ein Liquiditätsengpass in (mindestens) der im Antrag angegebenen Höhe – erfüllt sind. [...]

Man könne auch seinen Unmut über die Rückzahlung nachvollziehen, heißt es in der Mail aus Stuttgart. Man versichert ihm aber, dass " [...] sich das Wirtschaftsministerium im Lichte der späteren Entwicklungen im Frühjahr 2020 für eine im Rahmen des rechtlich Möglichen günstige Ausgestaltung aller Vorgaben eingesetzt" [habe] – insbesondere hinsichtlich der Vorgaben für die Feststellung einer möglichen Überkompensation. Trotz aller Bemühungen konnten dabei jedoch nicht alle Unzulänglichkeiten ausgeräumt werden. Das betrifft bedauerlicherweise unter anderem auch die Eröffnung von Flexibilisierungsmöglichkeiten bei den zu betrachtenden Zeiträumen, wie sie bei den Ergänzungs- und Folgeprogrammen erfreulicherweise geschaffen werden konnten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass aus unserer Sicht die mit der Rechtslage gesetzten Grenzen, was weitergehende Flexibilisierungsmöglichkeiten bei der Festlegung des Betrachtungszeitraums anbelangt, als eindeutig angesehen werden. [...]"

Außerdem verweist das "Team Soforthilfe" in dem Schreiben an Hoffmann darauf, dass man die Regelungen in anderen Bundesländern nicht beurteilen könne, versichert ihm aber: "Wir sichern Ihnen aber zu, dass es weiterhin unser Ziel ist, bei der Umsetzung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung und auch bei der Ausgestaltung den Corona-Hilfsprogramme für alle Personen und Unternehmen eine bestmögliche Lösung zu finden. [...]"