15.09.2022

Eine Idee mit Sti(e)l: die Erfolgsgeschichte Margot Schmitt

Friseurmeisterin Margot Schmitt hat ihre Traumrolle gefunden. Seit 25 Jahren ist sie beim Verkaufssender QVC ein TV-Star.

Mit ihren 84 Jahren steht Margot Schmitt noch zweimal pro Woche vor der Fernsehkamera. Beim Teleshopping-Kanal QVC ist die quirlige Powerfrau eine der wenigen Unternehmer*innen, die ihre Erfindung selbst live präsentieren und auf Kund*innenfragen eingehen.
   Margot Schmitt kam als Kind aus Oberschlesien, von wo sie mit ihrer Familie zunächst nach Sachsen flüchtete, um schließlich in Nordrhein-Westfalen zu leben. Der Friseurberuf sei eigentlich der Traum ihrer Mutter gewesen. Resolut, wie diese war, machte sie ihn jedoch ihrer Tochter zu eigen. In einem renommierten Kölner Salon stellte die junge Friseurin allerdings schnell ihr Talent unter Beweis und wurde schließlich sogar die jüngste Meisterin Deutschlands. Es war die Zeit der hochtoupierten Frisuren, die in den 60er-Jahren Mode waren. „Die Frauen sahen aus wie gemeißelt, wie Puppen, so künstlich“, erinnert sich Margot Schmitt. Und dann die immer gleiche Frage im Salon: „Hält das auch eine Woche?“ „Mein Traum war es, Frauen selbstständiger zu machen. Sie sollten nicht jede Woche nur zum Eindrehen zum Friseur müssen, sondern zu Hause selbst in der Lage sein, sich schön frisieren zu können“, erinnert sie sich.

Frauen freier machen

Mit viel Erfindergeist tüftelte sie drauf los. Und es entstand ein Tool, eine Rundbürste mit abnehmbarem Stiel, die die Frauen zu Hause leicht anwenden und so ihre Haare in die gewünschte Form bringen konnten. Die „Traumrolle“ war geboren. Die Idee der Freiheit der eigenen Gestaltung der Frau kam bei ihrem damaligen Chef nicht gut an. Dabei, so ist Margot Schmitt auch heute noch sicher, geht es bei ihrer Erfindung nicht darum, den Friseur zu ersetzen. „Gekonnte Schnitte, tolle Farben, das Styling im Salon – das kann nur der Friseur.“ Doch schmerzhaft eingedrehte Lockenwickler, auf denen die Frau schlief, die Abhängigkeit des wöchentlichen Friseurbesuchs – hier wollte Margot Schmitt Abhilfe schaffen.

Selbstständig mit eigenem Salon

Die einzige Lösung war, zunächst einen eigenen Salon zu eröffnen. Denn, das ist heute ihre Erkenntnis: „Mit der Freiheit der Selbstständigkeit kann man wirklich Dinge bewegen!“ Rund 50.000 Mark waren damals notwendig, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ihr Mann, ein Landwirt, schimpfte: „Da bekomme ich zwei Traktoren dafür“, war die endgültige Antwort, erinnert sie sich. Kurzerhand nahm sie einen Kredit bei der Bank auf. Nach und nach konnte Margot Schmitt ihre Schulden durch den stetigen Erfolg im Salon und mit der Erfindung abbezahlen. Und auch ihr Mann revidierte sein Urteil bald. „Irgendwann hat er meine Gedanken mitgetragen und zum Schluss gesagt: ‚Das hast du sehr gut gemacht!‘“

30 Millionen „Traumrollen“

Den ersten Anlauf, ihre „Traumrolle“ an die Frau zu bringen, startete Margot Schmitt über die Kosmetikfirma Avon. Das ähnlich wie Tupper- Abende funktionierende Verkaufsprinzip gestaltete sich mühsam. Die Mittlerinnen konnten das Konzept, die Idee, die Anwendung nicht entsprechend präsentieren. Dann hörte Margot Schmitt Ende der 90er von einem neuen Verkaufssender in Düsseldorf. Sie sprach mit ihrer Idee vor. Mit ihrer Leidenschaft, viel Humor und unglaublicher Kamerapräsenz überzeugte die Rheinländerin.
   In fünf Minuten gingen 50 Sets der „Traumrolle“ weg und der steile Erfolg nahm seinen Lauf. Bis heute hat Margot Schmitt davon über 30 Millionen weltweit verkauft, dazu kamen stetig mehr Haarpflegeprodukte, die die Friseurmeisterin mit besonderem Fokus auf empfindliche Kopfhaut entwickelte. Heute, mit ihren 84 Jahren, ist Margot Schmitt noch immer das Zugpferd bei QVC und Geschäftsführerin ihres mittelständischen Unternehmens Margot Schmitt Haar-Cosmetic Spezial GmbH.

Junge Friseur*innen mit Mut

Teleshopping heißt abliefern. Und zwar Verkaufszahlen pro Minute. Ein hartes Brot. Doch geht die Kamera an, ist Margot Schmitt wie auf Knopfdruck präsent – und in ihrem Element. Mit ihrer authentischen Art, mit der sie sich für jede Sendung eine neue Botschaft, Alltagstipps und Hilfestellungen für ihre Fans überlegt, ist Margot Schmitt zum Liebling des Teleshopping- Formats avanciert und hat sogar einen Facebook-Fanclub. „Ich fühle, dass ich schön bin, wenn ich die Rollen angewendet habe“, habe einmal eine blinde Anruferin gesagt. „Und dafür bin ich auf der Welt, dass ich die Menschen glücklich machen kann. Dafür bin ich Friseurin mit Leib und Seele“, schwärmt sie. Mit ihrem Unternehmen im nordrhein-westfälischen Hiddenhausen hat sich die Unternehmerin mit viel Mut ihren Traum erfüllt. Diesen Mut wünscht sie sich von jungen Friseur*innen heutzutage. „Ich wünsche mir, dass die Jungen wieder mehr Mut haben, bei sich zu bleiben und ihre eigenen Ideeen auch gegen den Strom durchzusetzen.“

Auch wenn man sich im Gespräch mit ihr nicht vorstellen kann, dass sie jemals ans Aufhören denkt – ihr Plan ist, sich nach und nach zurückzuziehen. Friseurmeisterin Elke Schmitt und ihre persönliche Assistentin Anke Goesling sollen in Kombi die Nachfolge antreten. „Ich habe meine Rolle zu Ende gespielt“, sagt sie mit schelmischem Augenzwinkern. Wir werden sehen ...