01.09.2023
Alexander von Trentini: ein Friseur im Couture-Himmel von Paris
Der Saloninhaber Alexander von Trentini war Haarpartner bei vier Pariser Haute Couture Defilees. Wir wollten wissen, wie er das geschafft hat.
Fashion Week Paris. Die Eventlocation liegt im Herzen der französischen Hauptstadt und ist spektakulär: Es ist die Cathédrale Américaine de Paris. Hier werden die Models durch das Mittelschiff defilieren. Drei Schauen von Valeriya, La Métamorphose und Lena Erziak locken ein buntes, modebegeistertes Publikum sowie zahlreiche Pressefotografen an. Backstage frisiert von früh bis spät das zehnköpfige Team von Alexander von Trentini, um die Couture-Looks zu vervollständigen. Am nächsten Tag folgt ein weiteres Highlight: das Defilee des Designers Stefan Djokovich in der Residenz des serbischen Botschafters, mit Blick auf den Eiffelturm.
TOP HAIR: Du hast in Wiesbaden einen Salon und bist eigentlich kein Session Stylist. Trotzdem bist du Partner von vier Haute-Couture-Schauen in Paris. Wie hast du denn das geschafft? Oft läuft das über Industriepartner, aber hier bist du der Partner.
Alexander von Trentini: Das hat sich aufgebaut mit der Zeit. Als ich in Cannes bei den Filmfestspielen vor drei Jahren das erste Mal gearbeitet habe, habe ich die Produzenten von diesen Shows hier kennengelernt. Sie haben als Stylisten die Celebrities ausgestattet, denen ich wiederum die Haare gestylt habe. Dann haben wir uns hier in Paris beim „le Bal“ durch Zufall wiedergetroffen, weil sie die Debütantinnen eingekleidet haben und ich Haarpartner war. Le Bal ist ein sehr traditionsreiches Event; sehr exklusiv. Da hatten wir schon gesagt: „Lass uns mal was zusammen machen!“ Also haben wir uns vor ein paar Wochen in Cannes verabredet und dort sehr intensiv zusammengearbeitet. Und so kamen sie dann auf mich zu: „Was hältst du davon, wenn du in Paris die Haute Couture Shows für uns machst?“ Das ist die Geschichte dahinter.
Aber Cannes muss ja auch irgendwie zustande gekommen sein.
Cannes ist entstanden, weil ich in Paris früher durch die Fashion Week, bei der ich damals Teil eines Teams war, noch nebenbei ein Jobangebot hatte und weil ich einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort bereit war, der richtigen Person, die Haare zu machen. Nachts um fast 12 Uhr wurde ich gefragt, ob ich noch einen Haarschnitt machen könnte. Sie wurde von jemand anderem abgelehnt und ich habe angenommen. Letztendlich war sie diejenige, die mich dann in Paris zu Elie Saab gebracht hat. Ich habe dort das Showroom-Styling gemacht. Von Elie Saab wurde ich dann nach Cannes empfohlen und von Cannes nach Paris zum le Bal. Ich hab immer das Netzwerken für mich als ganz wichtiges Tool gesehen und auch genutzt.
War es denn schon immer dein Traum hier solche Events zu stylen?
Ein Traum auf jeden Fall, aber der war überhaupt nicht greifbar. Man muss ja auch Träume haben, um etwas zu verwirklichen. Dass das jetzt alles so seinen Weg geht, das war natürlich nicht vorstellbar.
Wie sieht denn die Kooperation aus? Ist das eher fürs Image, oder wird eine Gage gezahlt, oder wie läuft das?
Über Gagen rede ich grundsätzlich nicht. Aber ich habe definitiv ohne Gage angefangen. Ich habe meine Arbeit gratis angeboten und das ist auch bei den meisten Jobs so. Erstmal geht es nicht ums Geldverdienen. Es geht darum, die Chance zu nutzen und den Fuß reinzubekommen. Wenn man dann irgendwann mal fleißig genug und groß genug ist, dann kann man vielleicht auch daran denken, dass man damit Geld verdient. Aber der Fokus ist erstmal: Marke aufbauen, Image aufbauen, und den Mitarbeitern – wenn man einen Salon hat wie ich – eine Menge bieten zu können. Das ist im Vordergrund. Am Anfang war es selbst in Cannes so. Da gab es den einen Job, wo man einfach gesagt hat: „Hey, ich mach das gratis, dafür darf ich mit dir Werbung machen.“ Und so baut sich das auf. Man kriegt erstmal nichts geschenkt, sondern muss investieren: Zeit, Geld und sich selbst. Monetär gesehen holt man, wenn man es richtig macht, später vielleicht an anderer Stelle wieder was rein. Wenn man seine Marke richtig aufgebaut hat, einsetzt, die Qualität sichert, bei sich im Team und dementsprechend auf einem höheren Preislevel arbeitet und dadurch auch mehr Geld verdient. Da zahlt es sich am Ende aus.
Die Models laufen heute alle drei Shows. Das ist eine Herausforderung, weil ihr viel Produkte in die Haare einarbeitet. Wie habt ihr das gelöst?
Wir mussten darauf achten, dass die Produkte aufeinander aufbauen können. Das heißt, man fängt erst mit weniger Produkt an, um den Look zu kreieren. Für die erste Show haben wir Braids gemacht. Man durfte die Haare nicht zu klebrig machen und hatte eine gewisse Grenze, wie viel Produkt man verwenden kann. Für die zweite Show ist das Thema Ocean. Da sind die Haare sehr wet gestylt. Als dritten Look wollten die Designer was ganz Ausgefallenes haben, eine besondere Wasserwelle, die 3D ist. Aber das konnten wir eben wegen der ganzen Produkte überhaupt nicht umsetzen. Keine Chance! Also haben wir Haarteile bestellt und diese im Salon vorprepariert, in einer Nachtschicht. Die Hairpieces werden dann aufgesetzt auf den Scheitel: Weil schon sehr viel Produkt in den Haaren drin ist, werden wir sie streng zusammen machen, schön shiny, und setzen darauf dann die Waves.
► Alexander von Trentini führt in Wiesbaden zwei Friseursalons. 2022 wurde er von TOP HAIR als TOP Salon in der Kategorie Marketing ausgezeichnet.
Video: TOP HAIR