24.03.2023
Sulfate - gut oder böse?
Chemisches Wissen, verständlich verpackt, wird Friseurunternehmer Michael Ahlmeyer aus Köln künftig in loser Folge präsentieren. Zum Start klärt er über Sulfate auf.
Heute möchte ich das Thema „Sulfate in Haarshampoos“ behandeln. Wenn man von Sulfaten spricht, meint man in der Regel die Tenside Sodium Lauryl Sulfate (SLS) oder Sodium Laureth Sulfate (SLES). Diese finden sich bei den Inhaltsstoffen eines Shampoos meistens direkt hinter dem Inhaltsstoff Wasser.
Warum Sulfate?
Um das zu beantworten, schauen wir erst einmal etwas zurück. Das erste Shampoo auf Basis eines sulfathaltigen Tensides wurde in den 1930er Jahren von der Firma Procter & Gamble entwickelt. Noch heute beinhalten die zehn erfolgreichsten Shampoos im Massenmarkt SLS oder SLES. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen machen Sulfate ihre Arbeit sehr gut! Das Haar wird hervorragend gereinigt und fühlt sich nach der Wäsche schön sauber an. Zum anderen sind sie sehr einfach zu verarbeiten und dazu auch noch preiswert.
Welche gibt es?
Man unterscheidet zwischen anionischen, amphoterischen und nicht-ionischen Tensiden. Bei SLS und SLES handelt es sich um anionische Tenside mit einer negativ geladenen funktionellen Gruppe. Sie haben die beste Reinigungswirkung. Um die Shampoos milder und verträglicher zu machen, werden sie für gewöhnlich mit amphoterischen und nicht-ionischen Tensiden kombiniert.
Kommunikation mit dem Kunden
Also machen wir uns nichts vor: Es reicht heutzutage nicht, seinen Kunden mit „frei von“-Claims Angst zu machen. Die Welt ist komplexer als das. Einfache Aussagen wie „Produkte aus dem Supermarkt sind schlechter als Friseurprodukte“, „Silikone sind böse und Sulfate reizen die Haut“ sind für Profis wie uns nicht ausreichend und wir werden unseren Verkauf dadurch auch nicht ankurbeln können. Hier braucht es mehr Wissen und gekonnte Aufklärung.
Warum ohne Sulfate?
In den frühen 1990er-Jahren kam man zu der Annahme, dass Sulfate krebserregend sein könnten. Dies ist mittlerweile mehrfach widerlegt worden, und Sulfate gelten als sicher. Anfang der 2000er begannen die Marketingabteilungen, vor allem von Salon- und Premiummarken, ihre Formulierungen auf sulfatfrei umzustellen. Nicht, weil es per se besser oder nachhaltiger ist, sondern weil es sich gut verkaufen ließ. Erinnern Sie sich noch an die Gespräche mit Ihren Kund*innen?
WAS STIMMT: GUT ODER BÖSE?
Als Entwickler von Haarprodukten kann ich sagen: Man kann ein sehr verträgliches Shampoo mit Sulfaten herstellen. Man kann aber auch ein sulfatfreies Shampoo produzieren, das die Haarfarbe stark ausbleicht. Es kommt wie immer auf die Mischung und das Budget an. Eine Flasche Shampoo liegt bei einem Massenprodukt bei 10 bis 30 Cent für den Inhalt. Bei Salonmarken sind es vielleicht 60 Cent und bei kleinen Indie-Brands bis zu 4 Euro. Das liegt zum einen an den eingekauften Rohstoffmengen, aber auch an der Zusammensetzung. Gute, schäumende, sulfatfreie Shampoos haben eine ausgeklügelte Tensidmischung. Häufig verwendete sulfatfreie anionische Tenside sind z.B.: Sodium Cocoyl Isethionate, Sodium C14-16 Olefin Sulfonate, Sodium Lauroyl Methyl Isethionate, Sodium Methyl Cocoyl Taurate. Ihr Ziel ist es, die Performance eines Shampoos mit SLS/SLES herzustellen.
Michael Ahlmeyer
ist Friseurmeister mit zwei Salons in Köln. Unter dem Markennamen „Michael Ahlmeyer“ entwickelt er hochwertige Haarkosmetik, nachdem er die Corona-Pandemie für ein Chemie-Fernstudium der Produktentwicklung genutzt hatte. Mehr Infos zu den Produkten und Kontakt unter: michaelahlmeyerpro.com