17.07.2024
Trendfrisur Fade Cut - Hautpilz aus dem Barbershop
Vorsicht, ansteckend! Der Hautpilz Trichophyton tonsurans breitet sich aktuell europaweit aus. So erkennen Sie einen sauber arbeitenden Salon.
Das Thema ist ein wenig unappetitlich und emotional, die Kommentare unter unserem Instagram-Post zeigen es: Sie reichen von „Scheert nicht alle über einen Kamm“ bis „schließt die Barbershops“. Der sogenannte Barbershop-Hautpilz Trichophyton tonsurans ist in vieler Hinsicht ein Aufreger.
Das sind die Fakten Hautpilz Trichophyton tonsurans
Der Pilz breitet sich schon seit einiger Zeit in Europa und jetzt auch verstärkt in Deutschland aus. Bisher gibt es für Pilzerkrankungen kein einheitliches Melderegister, sodass es keine sicheren Zahlen gibt. Fest steht aber, dass sich die Meldungen aus Kliniken und Praxen stark erhöhen.
Trichophyton tonsurans ist hochansteckend. Der Pilz ernährt sich von Keratin, das in Nägeln und Haaren zu finden ist. Es sind vor allen Dingen junge Männer, die vor kurzem einem Barbershop besucht haben, die mit dem Pilz zu tun bekommen. Bei der Rasur kann es zu kleinen Verletzungen und zur Übertragung der Pilzsporen kommen - jedenfalls dann, wenn die Rasierklingen ungenügend desinfiziert wurden. Es handelt sich um einen Fadenpilz, der Entzündungen auf der Kopfhaut verursacht. Es beginnt mit Rötungen, es juckt, Bläschen bilden sich. Typisch sind kreisrunde rote Flecken. Es kann zu Haarausfall kommen.
Die gute Nachricht, der Pilz ist behandelbar, die schlechte: Wer mit der Behandlung zu lange wartet, läuft Gefahr, dass die Haarwurzel dauerhaft geschädigt wird. „Wer Symptome bei sich bemerkt, sollte sofort zu einem Hautarzt zu gehen“, erklärt Dr. Valentina Laura Müller, Leiterin der dermatologischen Infektiologie und Mykologie der Helios Standorte Duisburg und Oberhausen. „Unbehandelt kann die Erkrankung erhebliche Nachwirkungen für die Betroffenen haben von der Narbenbildung bis zum dauerhaften Haarverlust. Mitunter müssen wir monatelang mit Cremes, Lösungen und Tabletten behandeln, um den Pilz sicher zu entfernen.“
Der Hautpilz ist nach Corona zurückgekommen
Dr. Valentina Laura Müller hatte mit Kolleginnen schon 2020 in einer Studie auf die Problematik und den Zusammenhang mit Barbershops hingewiesen. Immer öfter traf sie in der Praxis auf junge Männer mit kurz geschorenen Haaren und der Infektion. „Wir vermuten, dass es zu der Zunahme kam, weil sich die Haarmode verändert hat, es wurde immer mehr und kürzer rasiert. Durch Corona verlor das Thema an Bedeutung, um seit etwa zwei Jahren umso drängender zurückzukommen."
„Es ist notwendig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin geschult werden, wie unverzichtbar das Desinfizieren ist, und zwar mit antimykotischen Produkten. Nicht jedes Desinfektionsmittel ist auch gegen Pilze wirksam“, sagt Dr. Müller Der Pilz wurde bislang Matten- oder Ringerpilz genannt, weil er in erster Linie von Kampfsportlern übertragen wurde. Haut-zu-Haut-Kontakt oder Hautschuppen mit Sporen auf der Matte führten zu Ansteckungen. Der Pilz kann auch den ganzen Körper befallen. Bei den jungen Männern, die vor kurzem einen Barbershop besucht haben, ist oft gerade der Nackenbereich betroffen, wo die Haare besonders häufig ausrasiert werden.
Liegt eine Infektion vor, müssen Kopfkissen und Handtücher zu Hause täglich bei mindestens 60°C gewaschen werden. Innerhalb einer Familie sollten Bürsten und Kämme nicht gemeinsam genutzt werden. In Salons kommt es darauf an, sie bei jedem neuen Kontakt zu desinfizieren.
Nicht alle über einen Kamm scheren - Barbershops wehren sich
Dr. Valentina Müller findet es besonders wichtig, „Berufsgruppen wie Friseure, Barber und Co. darin zu schulen, auf Veränderungen der Haare und Kopfhaut zu achten und im Zweifelsfall auffällige Areale zunächst durch einen Hautarzt begutachten zu lassen.“ Eine schnelle Therapie entscheidet über den Verlauf und kann weitere Ansteckungen verhindern.
Verstärkt auf Hautbildveränderungen bei ihren Kundinnen und Kunden zu achten, dazu fordert auch der Zentralverband alle Friseurinnen und Friseure auf und erwartet von seinen Mitgliedern, dass sie sich an die hohen Hygienestandards, wie sie die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) vorschreibt, halten. Dazu gehört, dass Kämme, Bürsten, Wickler, Scheren (inkl. Messer, Scherkopf zum Schneiden von Haaren) bei Verunreinigung mit Blut sofort ausreichend lange in eine Tauchdesinfektion gelegt und gereinigt werden. Zum Rasieren auf der Haut dürfen nur Einmalklingen verwendet werden, wiederverwendbare Gerätschaften wie Klingenhalter müssen zerlegt und ebenfalls in Desinfektionslösung eingelegt werden.
Kristina Baumgartner, Inhaberin des Herrensalons und Barbershops Platzhirsch im bayerischen Städtchen Viechtach, ärgert sich, dass bei der Aufregung über den Pilz Barbershops unter Generalverdacht gestellt werden. Sie betreibt ihren Salon seit acht Jahren, wünscht sich klare Regelungen der Innung, verpflichtende Barber-Schulungen und dass die Einhaltung der Regeln auch kontrolliert wird. „Kunden rate ich, sich einen Barbershop anzuschauen oder sich von einem Freund empfehlen zu lassen. „Man bekommt einen Eindruck, ob ein Salon hygienisch geführt. Auch dass eine Terminbuchung möglich ist, weist auf einen gut geführten Shop hin, der sich auch die Zeit für die notwendigen Hygienestandards nehmen kann.“
Chris Coenen sieht das ähnlich. Er ist Inhaber des Salon Colour Code und angeschlossen einem Barbershop in Korschenbroich am Niederrhein in Nordrhein-Westfalen. Er gibt regelmäßig Barber-Seminare für Wella. Dabei erlebt er, dass oft das Bewusstsein und das Wissen um die Bedeutung für wichtige Hygienemaßnahmen nicht vorhanden ist. „Es fällt auf, dass gerade Barbershops mit kleinen Preisen, die auf Masse machen müssen, die notwendigen Standards nicht erfüllen. Die haben gar nicht die Zeit dafür.“ Chris Coenen fordert, dass einen Barbershop nur betreiben darf, wer eine Friseurlehre absolviert und sich zusätzlich auf das Thema Rasur spezialisiert hat. In seinem Barbershop wird immer vor den Augen des Kunden eine neue Klinge eingelegt. „Wir reden gar nicht darüber, aber zeigen dem Kunden so, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes sauber arbeiten.“
Verpflichtende Ausbildung und Kontrolle sind die zentralen Stichworte, um die schwarzen Schafe unter den Barbershops herauszufiltern. Und ein Stück weit tragen Kunden auch selbst Verantwortung. Ein Shop, der Acht-Euro-Schnitte anbietet, kann sich nur rechnen, wenn wie am Fließband rasiert wird. Die Hygiene kommt dann schnell zu kurz.
So erkenne ich einen einwandfreien Salon:
- Optimalerweise haben Betreiberin oder Betreiber eine Meisterausbildung.
- Der Betrieb ist in der Innung oder einer anderen qualifizierten Friseurvereinigung organisiert.
- Angemessene Preise. Keine Billigangebote.
- Terminvereinbarung ist erwünscht. Keine zu enge Taktung, damit genügend Zeit für das Desinfizieren bleibt.