17.01.2017
Wohin steuert der Friseurmarkt 2017?
Immer mehr Kleinstbetriebe, Mitarbeitermangel und hoher Umsatzdruck? Der Friseurmarkt wird sich auch 2017 weiter verändern, sagt Ralf Osinski.
Nach außen hin lief es 2016 im Friseurmarkt recht normal. Die obligaten Events, Industrieaktivitäten mit immer kurzatmigeren, ultimativen Innovationen, Verbände und Gruppen, die sich, wie immer recht rührig, an der Wahrung der Mitglieder-Interessen abgearbeitet haben. Ist deshalb alles gut? Das war nur die glatte Oberfläche. Es knirscht und rumpelt im Getriebe. Gut möglich, dass es 2017 nicht mehr ganz so ruhig zugeht. Spektakuläres ist aber wohl nicht zu erwarten.
Die Einzelsalons
Salons bis zu 250.000 Euro Netto-Jahresumsatz erwirtschafteten 2014 rund 62 Prozent des Branchenumsatzes und stellten gut 93 Prozent aller Salons in Deutschland (Umsatzsteuerstatistik). Der durchschnittliche Netto-Jahresumsatz liegt bei 78.803 Euro im Jahr oder 6.567 Euro im Monat. 25,5 Prozent aller Friseurunternehmen schaffen weniger als 17.500 Euro Netto-Jahresumsatz und vergrößern den Umsatzkuchen noch etwas, sodass sich die Dominanz der Mini- und Mikrosalons etwas erhöht. An dieser Situation hat sich 2016 nichts geändert und es ist zu erwarten, dass sich im Jahr 2017 der Trend zu Mini- und Mikrosalons fortsetzt. Auch wenn die Zahl der Unternehmen stagniert oder nur sehr langsam steigen wird – die strukturelle Entwicklung geht weiter.
Die Filialisten
Salons, die mehr als 250.000 Euro Netto-Jahresumsatz erwirtschafteten, erreichten 2014 gut 38 Prozent des gesamten Branchenumsatzes (Umsatzsteuerstatistik) und stellten knapp sieben Prozent der Friseurunternehmen. Umsatzstarke Einzel- und Filialunternehmen sind in dieser Umsatzkategorie verstärkt anzutreffen. Es fand in der Vergangenheit eine massive Umsatzkonzentration bei immer weniger Friseurunternehmen statt, die 2017 sicher weiter voranschreiten wird. Es zeichnet sich ab, dass größere Betriebe zahlenmäßig nicht mehr so rasant zulegen; vielleicht ist sogar eine leicht rückläufige Entwicklung zu erwarten. Ihre Marktbedeutung in puncto Branchenumsatz wird sich jedoch weiter erhöhen.
Branchensituation 2017
Der Friseurmarkt stellt sich in der Struktur atomisiert dar. Gleichzeitig kommt es zu einer Konzentration auf immer weniger größere Unternehmenseinheiten. Dieser Prozess ist langfristig angelegt und wird 2017 weiterlaufen. In den letzten zehn bis 15 Jahren schwappte die 10-Euro-Salon-Welle über die Branche hinweg. Die Folge war und ist (!) das, was man ökonomisch als „Margen-Erosion“ bezeichnet: Die Gewinne schmolzen dahin. Hier gilt es nun einiges aufzuholen; der Produktivitätsdruck auf das Friseurhandwerk ist enorm und wird nicht nur 2017 anhalten. Ein langfristiger Trend. Verstärkt wird der Druck durch das Problem, ausreichend gute Mitarbeiter für das Friseurhandwerk zu gewinnen (u. a. Ausbildung) und den Mindestlohn, der zum 1. Januar 2017 gestiegen ist. Sicher nicht das letzte Mal.
Firmen, Lieferanten und Großhandel
An dem beschriebenen Szenario müssen und werden die mit dem Friseurmarkt verbundenen Unternehmen und Anbieter ihre Geschäftspolitik ausrichten. Die großen, umsatzstarken Anbieter werden sich immer stärker den großen Friseurunternehmen zuwenden. Die immer größer werdende Zahl an Mini- und Mikrosalons per Direktvertrieb zu bedienen, ist und wird immer unlukrativer. Das wird Folgen für die Anbieter haben. Entweder Konzentration auf margenstarke Nischen oder die Flucht ins attraktive Endverbraucher-Geschäft. Letzteres ist 2015/2016 festzustellen gewesen und wird auch 2017 die Situation kennzeichnen. Das Grübeln darüber, wie die Vertriebssituation im Friseurmarkt in Zukunft aussieht, geht weiter. Der 2017 erstmals komplette Auftritt von Coty/Wella im Friseurmarkt, die Positionierung als Beautykonzern – das wird 2017 interessant. Vor allem, wie L’Oréal auf diesen neuen Mitbewerber reagiert.
Verbände und Gruppen
Der Anspruch von Verbänden, alle Mitglieder glücklich zu machen, ist heute schon nicht mehr durchzuhalten. Offenkundig wird das an dem stetig sinkenden Organisationsgrad im Friseurhandwerk. Einerseits ist eine wirkungsvolle Vertretung der Interessen im öffentlichen Raum dringender denn je und eine breit angelegte „Qualitätsoffensive“ notwendig. Ansätze und Versuche in dieser Richtung finden allerdings bisher nicht die nötige Resonanz, um nachhaltige, positive Wirkungen zu zeitigen.
Augen zu und durch?
Die Fakten liegen auf dem Tisch, die Analyse liefert den gedanklichen Unterbau. Offen ist, ob es irgendwann und irgendwie mal „knallt“. Die Insolvenzen und Sanierungsbemühungen bei 10-Euro-Salon-Unternehmen liefen recht geräuschlos ab. Ob das allerdings in Zukunft so bleibt, wird sich zeigen. Das Handwerk ist ein wichtiges Element unserer Wirtschaftsordnung. Auch das Friseurhandwerk. 2017 mit klarem Blick weiter an einer gedeihlichen Entwicklung zu arbeiten, ist deshalb eine wichtige Aufgabe. Die Menschen, die in diesem Handwerk arbeiten, haben es verdient! Die Großen wie die Kleinen.
Autor: Ralf Osinski
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