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18.10.2018

Salontausch: Kiez trifft Kuhdorf

Red Bull statt Latte Macchiato, Extensions statt Dauerwelle – zwei Friseurinnen haben den Salon getauscht und damit ein ganz besonderes Projekt zum Leben erweckt.

„Der Austausch unter uns Friseuren ist das Allerwichtigste!“ Aus diesem Gedanken heraus haben die beiden Unternehmerinnen Kati Kalinowsky und Anke Niekrenz im Mai das Projekt „Friseurtausch“ ins Leben gerufen. „Ich lag abends im Bett und dachte: Jeden Tag im Laden, immer dasselbe, ich würde gerne mal was Neues sehen, über den Tellerrand schauen!“, erzählt Anke Niekrenz. Die Sendung „Mein Hund – dein Hund“ brachte die Hamburgerin schließlich auf die zündende Idee. Kurzerhand stellte sie diese in einem Friseurforum auf Facebook vor, und es meldete sich Kati Kalinowsky.

Kulturschock

Die beiden Saloninhaberinnen traten ihren ersten Friseurtausch sofort an. Unterschiedlicher hätten die Voraussetzungen nicht sein können: Friseurmeisterin Katharina Kalinowsky betreibt seit 13 Jahren die „Haarschneiderei“ im kleinen Ort Tostedt in Niedersachsen. Heide und Felder prägen die Gegend, der Ort hat 13.000 Einwohner, die Kundschaft ist gut situiert. Anke Niekrenz führt mitten auf dem legendären Kiez in Hamburg den Salon „ManiacHairstylz“ und ist genauso bunt wie ihr Klientel. Der schroffe Charme des Kiez-Friseurs gegen das ruhige Wellness-Ambiente. „Das waren echte kulturelle Unterschiede“, sagt Kati Kalinowsky. Die Preise in beiden Salons sind wohlgemerkt fast gleich. „Es war so spannend: Nach fast 14 Jahren Selbstständigkeit wieder in einem anderen Salon zu arbeiten. Ich war total nervös und beeindruckt, was ich alles Neues lernen durfte“, erzählt die Friseurin. Angefangen bei den Kunden: „Alles hatte einen anderen Rhythmus, lockerer und auch derber“, lacht sie. Sie habe viel über Haarverlängerungen gelernt, die im Salon im Tostedt kaum vorkämen, eine neue Scherenhaltung, andere Schnitttechniken.

Einen Blick weiter

Ähnlich ging es Anke Niekrenz, als sie für zwei Tage ihre Kollegin auf dem Land besuchen durfte. „Wir haben hier auf dem Kiez sehr viele Extreme, viel Millieu. Bei Kati war alles einen Tick ruhiger – das Ambiente, die Musik.“ Doch auch in ihrem Tauschsalon konnte die Kiez-Frau einiges lernen. Neue Farbtechniken, Umformungen, andere Produkte. Es seien die Dinge, die man selbst nicht mehr sehe in seiner Betriebsblindheit, die das Besondere des Tauschs ausmachten. Aber ebenso zu erkennen, was bei einem selbst gut laufe. Das stärke das eigene Selbstbewusstsein.

Netzwerk für die Branche

Reich an Eindrücken und mit einem neuen Bild vom Job kehrten die beiden in ihre Läden zurück und beschlossen, das Experiment „Friseurtausch“ auch anderen schmackhaft zu machen. Sie richteten eine geschlossene Facebook-Gruppe ein. Salons stellen sich hier vor und werden, nach Beantwortung einiger Fragen, freigeschaltet. Bereits am ersten Tag wollten mehr als 300 Friseure teilnehmen, vom Chef bis zum Azubi, von Borkum bis Andalusien. Die beiden Friseurinnen sehen das Netzwerk, das dadurch entsteht, als Chance für die gebeutelte Branche: „Solche Aktionen stoppen den Konkurrenzgedanken. Wir können uns gegenseitig befruchten und stärken“, ist Anke Niekrenz überzeugt. Tauschlustig? Einfach auf Facebook „Friseurtausch“ eingeben, schon erscheint die Gruppe: beitreten, anklicken und los geht’s.