Foto: Susanne Vetter

19.10.2020

Genug qualifiziert in Sachen Zweithaar?

Präqualifizierung muss neu gedacht werden, sagt der Bundesverband der Zweithaarspezialisten (BVZ).

Im Jahr 2010 wurde das Präqualifizierungsverfahren eingeführt – die Voraussetzung für den Einstieg ins Zweithaargeschäft. Es ist gedacht als Qualitätsversprechen für den Kunden und die Krankenkassen. Um die Präqualifizierung zu erhalten, muss der Friseur sowohl seine fachlichen als auch die räumlichen Voraussetzungen des Salons belegen. Ramona Rausch, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Zweithaarspezialisten e. V. (BVZ), ist der Meinung, das Verfahren sei nur eingeschränkt geeignet, um das tatsächliche Qualitätsniveau eines Zweithaarspezialisten nachzuweisen.

 

Lediglich eine Mindesthürde
„Die Präqualifizierung ist eine Mindesthürde für den Einstieg ins Perückengeschäft“, sagt Ramona Rausch. Und die reiche nicht aus. Der Grund: Im Rahmen der Präqualifizierung sind die Anforderungen für eine Zulassung für individuelle Anfertigungen ein Handwerksrolleneintrag beziehungsweise der Meisterbrief. „Es kann sich so die unglückliche Konstellation ergeben, dass ein Friseurgeselle, der jahrelang im Bereich Zweithaaar gearbeitet hat, keine Zulassung zur Abrechnung von ,individuell‘ gefertigtem Zweithaar bekommt. Ein frisch gebackener Meister jedoch schon“, so Ramona Rausch. Meisterschulen unterrichten Zweithaar allerdings nur sehr rudimentär. Der Meister sei also kein Qualitätskriterium für einen Zweithaarspezialisten, ist die Meinung des BVZ. Und im Verfahren müsse nicht angegeben werden, wie umfangreich die Kenntnisse im Bereich Zweithaar tatsächlich sind. Für den Verkauf konfektionierter Ware reicht der Gesellenbrief oder sogar die Berufsurkunde über die abgeschlossene Friseur- oder Maskenbildnerausbildung aus. Der Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Friseur beinhalte aber nur unzureichende Stunden für den Bereich Haarersatz.

Es gibt Gesprächsbedarf!
Bereits seit mehreren Jahren fordert der BVZ hier eine Änderung der Verordnung – allerdings ohne Erfolg. „Aus unserer Sicht sollte die Ausbildung zur Staatlich gesprüften Fachkraft für Zweithaar hier den Meister ersetzen oder wenigstens alternativ anerkannt werden – auch in eigenem Interesse.“ Alternativ sieht die BVZ-Geschäftsführerin die Möglichkeit, sich im Baukastenprinzip durch Seminare bei verschiedenen Herstellern das nötige Fachwissen anzueignen und dann die entsprechende Prüfung abzulegen. „Nur so ist sichergestellt, dass der Zweithaarspezialist auch wirklich ein Spezialist und in allen Bereichen auf einem möglichst hohen Level ist. In diesem sensiblen Tätigkeitsfeld ist man das vor allem den Patienten schuldig“, findet Ramona Rausch.

Zweithaar in der Friseurausbildung
Auch in der klassischen Friseurausbildung wünscht sich der Bundesverband mehr Einblicke in den Bereich Zweithaar. „Denn“, so fragt sich die BVZ-Geschäftsführerin, „wie soll der Nachwuchs ein Interesse entwickeln, wenn Friseurlehrlinge nie mit dem Bereich Zweithaar in Berührung kommen?“ Zweithaar sollte deshalb aus Sicht des BVZ in der Ausbildungsordnung eine größere Rolle spielen und als fester Bestandteil dort verankert sein. In der Theorie an den Berufsschulen ohnehin, meint Ramona Rausch, doch auch in der Praxis: „Es ist verständlicherweise im eigenen Ausbildungsbetrieb oft nicht möglich, das Feld Zweithaar kennenzulernen. Doch hier könnten Patenschaften zwischen Ausbildungsbetrieb und Zweithaarstudios helfen, um Lehrlingen die Chance zu geben, in das Geschäftsfeld reinzuschnuppern.“

Text: Susanne Vetter