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20.11.2018

Passende Vorsorge – die Qual der Wahl

Will man das passende Vorsorgemodell für sich finden, sollte man die Möglichkeiten gut vergleichen.

Über 60 Prozent der Inhaber von Handwerksbetrieben in Deutschland sind im Alter finanziell schlecht gestellt. Sie können nur mit einer monatlichen Rente unter 600 Euro rechnen. Das stellt das Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen in einer im Februar 2018 veröffentlichten Studie fest. Nur jeder Achte komme auf mehr als 1.000 Euro. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig private Vorsorge ist. Welches Vorsorgemodell man wählt, hängt von Alter und persönlichen Vorlieben ab. Für Friseure stellt sich die Frage nach privater oder staatlicher Versicherung erst einmal nicht. Angestellte sind immer bei der Deutschen Rentenversicherung pflichtversichert. Selbstständige fallen unter das zulassungspflichtige Handwerk der Handwerkerrolle.
A. Sie müssen zumindest 216 Monate (18 Jahre) ihres Berufslebens in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlen.
Angerechnet werden dabei alle Pflichtbeitragszeiten: Ausbildung, Wehrdienst, Kindererziehung und unter Umständen Pflegezeiten.

Pflichtversichert bleiben?

Sind die 18 Jahre voll, kann sich ein selbstständiger Friseur entscheiden, die Pflichtversicherung zu verlassen. Er muss dann einen Antrag auf Befreiung bei der Deutschen Rentenversicherung stellen. Einmal draußen, ist die Rückkehr in die Pflichtversicherung allerdings nicht mehr möglich. Für die Festlegung der Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es zwei Möglichkeiten: Versicherte zahlen einen sogenannten Regelbeitrag, der sich am Durchschnittseinkommen orientiert. Das sind derzeit monatlich 566,35 Euro in den alten, 501,27 Euro in den neuen Bundesländern. Oder sie entrichten sogenannte einkommensgerechte Beiträge in Höhe von 18,6 Prozent des aktuellen Einkommens. Existenzgründer haben in den ersten vier Kalenderjahren der Selbstständigkeit die Möglichkeit, nur den halbierten Regelbeitrag zu entrichten.

Geförderte Rentenverträge

Neben der gesetzlichen Rente fördert der Staat die private Vorsorge in Form von Riester- oder Rürup-Rentenverträgen. Für Arbeitnehmer gelten Riester-Verträge als erstes Mittel staatlich geförderter privater Altersvorsorge, da sie als Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung eine unmittelbare Förderberechtigung haben. Dabei werden eigene Sparaufwendungen mit staatlichen Zulagen kombiniert. Zusätzlich können die eigenen Aufwendungen in der Steuererklärung als Sonderausgaben geltend gemacht werden. In vielen Fällen führt das zu einer Erstattung. „Tendenziell ergibt sich für geringe und mittlere Einkommen bei Riester-Verträgen eine höhere Förderquote im Vergleich zu Rürup-Verträgen. Dies gilt umso mehr, wenn noch Kinder erzogen werden“, erläutert Michael Grunert, Koordinator für die Servicezentren für Altersvorsorge bei der Deutschen Rentenversicherung in Baden-Württemberg. Wichtig sei, aus der Vielzahl an Fördermöglichkeiten und Produktarten das zur eigenen Lebens- und Bedarfssituation Passende herauszusuchen.

Riester für längere Sparer

„Beispielsweise können etwa Riester-Fondssparpläne auch in Zeiten niedriger Marktzinsen noch gute Ertragschancen bieten. Jedoch eignet sich diese Produktart eher bei einem längerfristigen Anlagehorizont; weniger, wenn nur noch einige Jahre bis zum Rentenalter bleiben“, so Grunert. Auch für Saloninhaber sei die Riester-Rente möglich, sofern sie oder der Ehepartner pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, erläutert der Fachmann. Die kompletten staatlichen Zuschüsse für einen Riester-Vertrag erhalten Sparer, die vier Prozent ihres rentenversicherungspflichtigen Vorjahrseinkommens, maximal 2.100 Euro im Jahr, abzüglich der staatlichen Zulagen, einzahlen.

Alternative: Rürup

Alternativ kommt als staatlich gefördertes Instrument die Basisrente, nach ihrem Erfinder Bert Rürup auch Rürup-Rente genannt, in Betracht. Hier erhält der Sparer anstelle staatlicher Zulagen eine steuerliche Freistellung der eingezahlten Beträge. Für Niedrigverdiener ist das eher uninteressant. Gefördert werden ausschließlich Verträge, die eine lebenslange Leibrente garantieren. Das angesparte Kapital vorzeitig auszahlen zu lassen, ist nicht möglich. Rürup-Verträge können auch mit einem Hinterbliebenenschutz und einer Absicherung bei Berufsunfähigkeit kombiniert werden. Allerdings sind die Vertragsgestaltungen bei derartigen Kombi-Verträgen komplexer und damit meist für den Sparer undurchsichtiger. Die im Vertrag zugesicherte lebenslange Garantiezahlung kann sich – ähnlich wie bei „klassischen“ Versicherungen – um variable Überschüsse erhöhen. „Darauf sicher zu bauen, birgt allerdings Risiken“, warnt Grunert.

Freiwillig in der Gesetzlichen

Wer der Pflichtversicherung einmal den Rücken zugedreht hat, kann dennoch auf Basis freiwilliger Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Vorteile der Pflichtversicherung, etwa der Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, können dann wegfallen.

Fondsgebundene Renten

Die fondsgebundene Rentenversicherung verbindet einen Fondssparplan mit lebenslangen Rentenzahlungen. Sie finanziert sich durch Gewinne aus Aktien-, Rentenpapier- und Immobiliengeschäften. Der Sparanteil des Versicherungsbeitrags wird in einem oder mehreren Investmentfonds angelegt, an deren Wertentwicklung der Kunde unmittelbar beteiligt ist. Daraus entstehen Chancen auf eine höhere- Rendite, aber auch Risiken durch sinkende Kurswerte. Musterberechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaf t (GDV) zu unterschiedlichen Produkttypen finden sich auf der Internetseite der GDV.

Feste Zahlungen für die Immobilie

Eine Immobilie lässt sich durchaus in die Überlegungen zur Altersvorsorge miteinbeziehen. Der Gedanke, im Eigen heim als Senior miet- und kostenfrei zu wohnen, ist reizvoll. Doch je nach Alter der Immobilie oder persönlichem Gesundheitszustand sind irgendwann Sanierung oder Umbau nötig. Das kostet Geld. Ähnlich ist es, wenn Wohnraum vermietet wird: Rücklagen und Investitionen sind zu berücksichtigen. Dennoch kann eine abbezahlte Immobilie dazu beitragen, die Lebenshaltungkosten zu senken und somit den zusätzlichen Vorsorgebedarf zu verringern.

Private Renten- und Kapitallebensversicherungen

Private Renten- und Kapitallebensversicherungen sind trotz derzeit magerer Garantiezinsen bei den Deutschen beliebt. Sie bieten garantierte Leistungen in Form einer monatlichen Rente oder einer möglichen Kapitalauszahlung. Für ungeförderte private Rentenversicherungen gewährt der Staat keine Zulagen oder Steuervorteile. In der Auszahlungsphase ist die Besteuerung dafür niedriger.

Sofortrenten

Sofortrenten bieten Einzahlern die Möglichkeit, sich gegen eine Einmalzahlung noch im höheren Alter eine garantierte Monatsrente bis zum Lebensende zu sichern. Die Auszahlungsphase beginnt direkt nach Vertragsabschluss. Die Höhe der Rente hängt von der Höhe der eingezahlten Summe ab.

WELCHER ANLAGETYP BIN ICH?

Wenn klar ist, dass die gesetzliche Rente allein im Alter nicht ausreichen wird und die Auswahl einer zusätzlichen Vorsorge ansteht, sollte man klären, welcher Anlagetyp man ist: Der Sicherheitsbewusste, der eine garantierte Verzinsung bei allerdings begrenzten Ertragschancen vorzieht?Oder der Risikobewusste, der einen Teil der Ersparnisse für die Altersvorsorge in Kapitalprodukten wie Aktienfonds oder ETFs anlegt? Diese Anlageformen ermöglichen zwar höhere Ertragschancen, bergen aber stets ein höheres Risiko aufgrund möglicher Kursverluste. „Natürlich kann man risikoreichere Formen der Kapitalanlage in die Altersvorsorge miteinbeziehen. Dies empfiehlt sich jedoch nur, wenn noch ein genügend langer Anlagehorizont verbleibt, um eventuelle Verluste noch rechtzeitig vor dem Rentenalter ausgleichen zu können“, erklärt Renten-Experte Michael Grunert. Außerdem sollte niemals der Großteil der für die Altersvorsorge zur Verfügung stehenden Mittel oder gar alles in Anlageformen mit höheren Risiken, etwa Aktien, investiert werden. Herauszufinden, welche Fördermöglichkeiten und Vorsorgeprodukte am besten für einen selber geeignet sind, fällt nicht leicht. Einen ersten Überblick können Publikationen wie „Finanztest“ bieten. Als erste Anlaufstelle für eine umfassende Beratung zu allen Aspekten der Altersvorsorge eignet sich die Deutsche Rentenversicherung. Die Berater sind zur neutralen, nicht gewinnorientierten Beratung verpflichtet. Doch selbst wenn eine professionelle Betreuung hilfreich ist: Entscheiden muss man schließlich selbst.