17.09.2021

Wie geht's der Branche?

Im TOP HAIR Austria Interview nimmt Bundesinnungsmeister Wolfgang Eder Stellung zur derzeitigen Situation der Friseurbranche in Österreich und nennt Details einer von der Bundesinnung im Juli beauftragten Studie.

Haben sich Kaufkraft und Bedürfnisse der Kund*innen verändert?

Im Durchschnitt wurde während der letzten drei Monate deutlich seltener als noch 2019 ein Friseursalon besucht. Mobile Friseure, Friseur-Dienstleistungen im Familien- bzw. Freundeskreis oder durch sonstige Privatpersonen und Eigenbehandlungen gewannen hingegen im Zeitvergleich spürbar an Bedeutung. Letzteres war besonders bei den über 50-Jährigen und bei Bewohnerinnen der städtischen Strukturen beliebt. Im Gegensatz dazu beanspruchte nur eine Minderheit die Dienste eines mobilen Friseurs.

Wie nahmen/nehmen Kund*innen die neuen Regeln auf, bleibt Kundschaft aus?

Die 3G-Regel hält von einem Besuch beim Friseur ab – dies gilt vor allem für jene Personen, die sich einem Test unterziehen müssen (vor allem die jüngeren ÖsterreicherInnen): Hier sind 4 von 10 Personen seltener beim Friseur. Die gestiegene Impfquote verschiebt aber die Attraktivität wieder Richtung Friseur-Salons – dennoch berichtet ein Drittel der Bevölkerung noch von sporadischen Salon-Besuchen. Und – ganz aufzuholen wird dieser Rückgang aus heutiger Sicht nicht sein, etwa die Hälfte geht von einem Beibehalten der sporadischen Besuche aus.

Zur aktuellen Geschäftssituation:

Sie wird von den Friseurbetrieben mehrheitlich als positiv eingeschätzt – 4 von 10 Betriebe sind aber aktuell noch kritisch. Mehr als die Hälfte der Unternehmen berichtet von einem Umsatzrückgang und beziffert diesen durchschnittlich mit etwa 30 Prozent. Drei Viertel der Friseurbetriebe sind optimistisch beim Blick auf das kommende Jahr. Ein Fünftel der Betriebe geht aber davon aus, dass das Vorkrisenniveau nicht erreicht werden wird – das Minus wird in dieser Gruppe auf etwa 30 Prozent geschätzt. Für die Zeit nach dem Ende der Testpflicht wird mit einem Anstieg der Kundenzahlen gerechnet. Erster Vorbote auf diese Entspannung ist die Einführung der 3G-Regel, da für viele KundInnen damit das aufwändige Testen wegfällt.

Hat die Krise zur Verbesserung des Images der Friseure beigetragen?

Nein, die Krise hat nicht zu einer Verbesserung des Images beigetragen, sondern sie hat uns großartig vor Augen geführt wie wichtig der Friseur für die Gesellschaft ist. Das hat uns eine große mediale Aufmerksamkeit gebracht. Diese und der großartige Einsatz der Bundesinnung hat dazu geführt, dass wir bei Öffnungen immer bei den Ersten waren, die Unterstützungen großteils dem Hotel- und Gastgewerbe angeglichen wurden – Umsatzersatz –, nach dem ersten Lockdown 2020 zu wesentlich leichteren Bedingungen aufsperren möglich war und es dieses Jahr, für viele überraschend, das Arbeiten ohne Maske bei Einhaltung der 3 G-Regel möglich ist.

Das wohl ärgerlichste und am meisten die Nerven Belastende war die, trotz im Vorfeld zur Beachtung aufgezeigte, regelmäßige Ungleichbehandlung von Hausbesuchen und Friseurbesuchen im Salon bei Beendigung des Lockdowns. Hier konnte immer wieder durch gute Kontakte zum Gesundheitsministerium darauf hingewiesen werden und im Rahmen der Verfassungsrechtlichen Möglichkeiten eine Gleichstellung erreicht.

Wird es im Herbst einen neuen Lockdown geben?

Das ist wohl eine Frage die derzeit niemand beantworten kann. Vieles hängt auch von uns ab inwieweit einerseits die auferlegten Regeln beachtet und überprüft werden und andererseits sich die Situation in den Krankenhäusern sich entwickelt. Ich als Bundesinnungsmeister und alle Mitglieder er Bundesinnung werden jedenfalls alles uns Mögliche Unternehmen um den Schaden so gering als möglich zu halten.

Was hat die Krise dich gelehrt?

Vieles, aber ganz besonders, wie hemmungslos auf den diversen sozial Media Kanälen reagiert wird. Im Besonderen auch, wie rasch sich Fehlmeldungen in den sozialen Medien verbreiten und ohne vorher selbst auf deren Richtigkeit zu kontrollieren Reaktionen geschrieben werden. Auch der Ton, der so in den persönlichen Gesprächen selten herrscht, sehr häufig auch unschöne und beleidigende Formen annimmt.

Unsere Bemühungen um eine Reduzierung der Mehrwertsteuer, sie haben mit Einführung des Mindestlohnes begonnen, laufen nach wie vor. Unsere Forderung war bereits Bestandteil

des im zu verhandelnden neuen Steuerpaket der ÖVP-FPÖ Koalition. Durch Ibiza, Abdanken und Zwischenregierung, Neuwahlen und Covid hat man diese dem Blickfeld geraten. In unserer Umfrage haben wir dazu Fragen gestellt.

Die Zusammenfassung der Antworten ergab folgendes Bild: Eine mögliche Senkung der Mehrwertsteuer würde zumindest teilweise von den Betrieben an die Kunden weitergegeben werden, vor allem die Betriebe mit positiver Umsatzentwicklung würden hier die Kunden überproportional stark profitieren lassen. Als Auswirkung einer Mehrwertsteuersenkung sehen die Betriebe einerseits eine Verbesserung des Betriebsergebnisses und andererseits auch positive Wirkung für die MitarbeiterInnen.

Neben der Umsatzsteuer ist die schlechte Situation bei jungen Menschen die unseren Beruf erlernen wollen und der damit einhergehende Fachkräftemangel wohl die größte Herausforderung die an uns gestellt wird.

Die Vorschläge meiner Kollegen/innen dazu sind folgende: finanzielle Unterstützung für Lehrbetriebe pro Lehrling Steigerung der Attraktivität des Lehrberufs Verbesserung der Ausbildung an den Schulen, bessere Vorqualifikation der potentiellen Lehrlinge Verbesserung der Ausbildung an den Berufsschulen Erhöhung der Lehrlingsentschädigung Verbesserung der Ausbildung für die Lehrbetriebe selbst Mithilfe bei der Unterstützung der Lehrlingssuche Möglichkeit, die Lehrlinge gemeinsam mit einem zweiten Betrieb auszubilden