Kemon-Inhaber Nocentini: „Friseure haben die Ausbildung und das Wissen, trauen sich aber oft nicht.“

27. Mai 2025
Giuliano Nocentini im Gespräch mit Nicoletta Zitarosa (TOP HAIR) // Foto: Kemon

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Umbrien wird oft das „grüne Herz Italiens“ genannt. An der Grenze zur Toskana, in San Giustino, liegt auch das grüne Herz von Kemon. Das Familienunternehmen in dritter Generation setzt auf eine Symbiose aus Natur und Technologie und hat sich mit seinem Vollsortiment dem Friseurgeschäft verschrieben. Wir trafen den Inhaber von Kemon, Giuliano Nocentini, in Italien zum Interview:

TOP HAIR: Unser letztes Treffen ist fast elf Jahre her. Was hat sich seither bei Kemon getan?
Giuliano Nocentini: Jede Menge: Wir haben die Firma und das Sortiment erweitert, haben jüngst zwei Akademien eröffnet und sind eine „Benefit Corporation“ geworden. Die Fläche ist gewachsen, auf der wir Pflanzen für unsere Produkte anbauen, neben dem Wein und dem Öl.

Und eine kleine Brauerei betreibt Ihre Familie auch. Mit einem interessanten Benefit:
Ja, wir haben kürzlich ein Patent angemeldet, einen Komplex aus Inhaltsstoffen des Trebers, den Resten des Brauvorgangs. Wir entwickeln gerade eine eigene Produktlinie dazu. Upcycling ist Teil unserer nachhaltigen Philosophie. Unser Labor erforscht zum Beispiel im Moment, wie wir die Schnittreste der Olivenbäume nutzen können.

Viele große Firmen und Konzerne werden von Managern geleitet, die haben – glaube ich – oft nicht die gleiche Leidenschaft. Giuliano Nocentini


Mit Ihren Töchtern ist bereits die nächste Generation am Ruder, sind Sie noch im Unternehmen aktiv?
Jeden Tag, sonntags inklusive (lacht). Es gibt nicht mehr viele Familienunternehmen in unserer Branche, die können Sie an einer Hand abzählen. Das ist ein Vorteil. Denn viele große Firmen und Konzerne werden von Managern geleitet, die haben – glaube ich – oft nicht die gleiche Leidenschaft.

Auch als Familienunternehmen sind Sie global präsent.
Wir sind in ca. 50 Ländern vertreten, in Europa, aber auch Australien, Dubai oder Japan.

Das „Open Lab“ von Kemon in San Giustino // Foto: Kemon

In Asien sind die Ansprüche der Kunden sicher andere als bei uns, angefangen bei der Haarstruktur …
Darum arbeiten wir auch mit japanischen Partnern in der Produktentwicklung zusammen.
Forschung und Entwicklung sind unsere Stärke, vor allem von Naturkosmetik. Da liegen unsere Wurzeln. Unser erstes Produkt 1959 war eine Haarlotion gegen Haarausfall auf der Basis von Brennnesselextrakt.

„Wer wachsen möchte, sollte es nachhaltig tun.“

In Deutschland ist der Friseurmarkt angespannt, die Verbraucher schauen auf ihr Geld. In Italien sicher auch. Was raten Sie den Salons?
Es gibt zwei Wege: den der billigen Preise – fahrende Friseure, die nach Hause kommen. Oder Salons, die ihren Kund*innen mehr Services anbieten und mehr Produkte verkaufen.
Ein professioneller Salon auf einem gewissen Niveau muss auf dem Laufenden bleiben, sich weiter professionalisieren. Wer wachsen möchte, sollte es nachhaltig tun, das ist der große Trend.

Mit dem Verkaufen tun sich viele Friseure und Friseurinnen schwer.
Es gibt nur zwei Orte, an die sich die meisten von uns im Bedarfsfall wenden müssen: die Apotheke und den Friseur. Und schauen Sie, wie clever die Apotheker „Nebenprodukte“ zusätzlich zur Medizin verkaufen.
Auch ein Friseur ist ein Profi, ein Experte. Mit einer guten Beratung, einem guten Rat an die Kundin könnte er es ihnen gleichtun. Friseure haben die Ausbildung und das Wissen, trauen sich aber oft nicht. Liegt es am Selbstbewusstsein? Hier wollen wir unsere Partner unterstützen.

Der ganze Betrag erscheint demnächst in TOP HAIR Fashion. Hier können Sie ein Probeheft oder Einzelheft bestellen.