Foto: Egbert Krupp

10.06.2018

Indira Schauwecker

Die Meisterin der Avantgarde ist unbeschwert in den Schweizer Alpen groß geworden. Als International Artistic Director arbeitet sie aber längst bei Toni&Guy in London. Ihr eigener Stil und ihre Kunstfertigkeit stechen immer wieder preiswürdig aus der Masse hervor.

Uns hat Indira Schauwecker verraten, was sie zurzeit inspiriert und was ihr am Herzen liegt.

Tokio ist wunderbar verrückt

Indira Schauwecker: Meine Lieblingsstadt ist Tokio. Es ist so ein beeindruckender Ort! Dort gibt es so viel Farbe und es passiert so viel, wie eine andere Welt. Ich liebe die Verrücktheit. Ich könnte nie dort leben, aber inmitten der Lichter, Farben, Menschen und Mode zu sein, ist so inspirierend. Zuletzt war ich zur Kirschblüte da und die ganze Stadt war pink. Auch in Kyoto habe ich die Kirschblüte sehen können. Dort habe ich erstmals japanische Geishas gesehen. Ihre Haare und ihre talentierten Friseure haben mich unglaublich inspiriert. Ich mag Tokio auch, weil dort meine zweite Toni & Guy Familie ist. Hide Saiga ist ein toller Freund und auch International Artistic Director. Die Stadt durch die Augen eines Einheimischen zu sehen, ist großartig.

Ihre Heimat ist die Schweiz

Indira Schauwecker: Als International Artistic Director reise ich viel in der Welt umher und sehe faszinierende Orte. Und genau deshalb ist mein Lieblingsziel mein Heimatort in der Schweiz, wo ich in den Bergen aufgewachsen bin. Dort kehren meine Kindheitserinnerungen zurück. Ich bin dort völlig konträr zu meinem jetzigen Leben aufgewachsen. Heute dreht sich alles um Mode und harte Arbeit, was auch stressig sein kann. Haare, Nägel und Make-up sind Teil meines Lebens in England, wenn ich in die Schweiz fahre, spielt nichts davon eine Rolle. Dort mache ich mir um diese Dinge keine Gedanken und kann meine Kindheit wieder erleben: als ich frei war und machen konnte, was ich wollte, etwa ins eiskalte Wasser zu springen, ohne Restriktionen. Das Leben war einfach, ohne Stress und Aufregung. Nach Hause zu kommen, hilft mir zu entspannen. Hauptsächlich liebe ich es dort zu essen! Alles was ich mache, dreht sich ums Essen! Gehe ich spazieren, suche ich Pilze und sammle Früchte oder Gemüse im Garten. Alles mündet im Essen und Kochen, meinem Lieblingshobby – hauptsächlich essen! Besonders mit ein paar Gläsern Wein, was viel Altglas bedeutet, das zum Container am Fuße des Berges geschleppt werden muss!

Das Design dänischer Vintage Möbel

Indira Schauwecker: Das Design dänischer Vintagemöbel zählt zu meinen Favoriten. Ich mag, dass sie einfach konstruiert und praktisch sind. Sie sehen schön und elegant aus, aber sind auch funktional. Das übertrage ich aufs Frisieren. Mein Geschmack hat sich weiterentwickelt und heute sind meine Avantgarde teile viel weniger verziert als vorher. Ich versuche immer, die pure Handwerkskunst des Frisierens zu zeigen, und zwar auf meine ganz eigene moderne Weise. Weniger ist immer mehr.

Modedesignerin Iris van Herpen

Indira Schauwecker: Unter den Modedesignern inspiriert mich Iris van Herpen am meisten. Die Art, mit der sie Architektur, 3D-Druck und Stoff-Manipulation in ihrer Kleidung zusammenfügt, inspiriert meine Avantgarde Werke. Ich liebe es, dass ihre Stücke elegant und gleichzeitig Haute Couture sind.

Sie möchte persönlich kommunizieren

Indira Schauwecker: Die Sozialen Medien sind toll, wenn es darum geht, dich beeindruckender Kreativität und talentierten Menschen auszusetzen. Dennoch raubt es zu viel meiner Zeit. Ich interagiere lieber und lasse mich durchs Unterrichten oder Lernen im direkten Kontakt inspirieren. Ich nutze die Sozialen Medien nicht als Kanal, um zu lernen oder als Mittel, mich auszudrücken. Am glücklichsten bin ich auf der Bühne beim Unterrichten oder Präsentieren, wenn ich die Reaktionen des Publikums mitbekomme. Als Mädchen aus den Bergen erschrickt es mich, wie abhängig Leute von den Sozialen Medien werden. Bis ich 14 war, hatte ich nicht mal einen Fernseher, deshalb überwältigt mich die digitale Szene. Ich versuche mich davon fernzuhalten und nicht von ihr eingesaugt zu werden, wie all die anderen.

In Zeitschriften blättern

Indira Schauwecker: Ich muss gestehen, dass ich kaum Zeitschriften lese. Ich schaue mir vor allem die Bilder an, die mir als Inspiration dienen.

Die Leinwand kann mit dem Leben nicht konkurrieren

Indira Schauwecker: Ich schaue wenige Filme. Da ich in den Bergen aufgewachsen bin, kam ich mit Technologie erst spät in Berührung. Bis 14 hatte ich keinen Fernseher und habe mich auch nicht dafür interessiert. Stattdessen bin ich Berge rauf gelaufen und in Seen gesprungen.

Teamwork macht das Leben leichter

Indira Schauwecker: Meine Kollegen bei Toni & Guy sind nicht nur Arbeitskollegen, sondern meine Familie. Wir sind so ein tolles Team und seit ich vor 17 Jahren dort angefangen habe, weiß ich, dass Teamarbeit und Kollegen das Leben so viel einfacher machen. Allein zu arbeiten, niemanden an deiner Seite zu haben, der dich unterstützt, inspiriert und in deiner Karriere antreibt, schwächt deine Energie. Im Team blühst du auf und ihr befruchtet euch gegenseitig.

1970er ist Indiras Lieblingsära

Indira Schauwecker: Die Farben in dieser Zeit waren toll. Ich liebe die Kleidung sowie die Tatsache, dass so viele Haartrends ihren Ursprung in den 70ern hatten. Vorher sahen die Styles sich sehr ähnlich und jeder kopierte jeden. Das änderte sich in den 70ern. Alle arbeiteten und stylten experimenteller, deshalb inspiriert mich die Zeit so sehr. Die 70er Trends sind wieder zurück, mit einem modernen Twist.

Sie mag es, sich in der Kunst auszuleben

Indira Schauwecker: Ich habe keinen Lieblingskünstler oder –kunstwerk, weil sich mein Geschmack ständig ändert. Ich bin sehr speziell und habe einen sehr individuellen Stil, der von neu bis alt variiert. Wenn ich eine Kollektion anschaue, mag ich vielleicht ein oder zwei Teile, aber nicht alles. Ich picke bestimmte Teile heraus und erstelle meine eigene Kollektion durch verschiedene Medien und unterschiedliche Kunstformen. Alte Architektur, Farben, Gemälde und Statuen inspirieren mich auch. Ich liebe es, Stoffe zu manipulieren und andere Texturen zu schaffen. Origami ist auch großartig, es gewährt mir oft Einblicke in meine eigenen Haar Designs. Korbflechten ist eine weitere Technik, die meine Fantasie beflügelt.

London Fashion Week

Indira Schauwecker: Ich liebe das Gewusel und Adrenalin der London Fashion Week. Dann verlasse ich meinen Salon- und Lehr-Alltag und gebe mich der Kunst der Session- und Editorial-Arbeit hin. Es ist großartig, zusammen mit anderen Friseuren, aber auch Visagisten, Stylisten und natürlich Modedesignern zu arbeiten. Hier steht nicht mehr das Haar im Fokus. Hier ist es wichtig, das Haar zurückzunehmen, so dass die Kleidung im Vordergrund steht. Es geht um die Einfachheit, was eine eigene Kunst ist. Zur London Fashion Week kommt die Toni & Guy Familie aus der ganzen Welt zusammen und so treffe ich Leute, die ich nur sehr selten sehe. Ich liebe die Teamarbeit, den Austausch von Ideen und das Austesten von Grenzen im Bereich der Haare.

Die Schere ist ihr Lieblingstool

Indira Schauwecker: Scheren sind mein liebstes Arbeitsgerät, weil sie es mir ermöglichen, um die Welt zu reisen! Egal wer du bist oder woher du kommst, Haare wachsen und alle brauchen immer einen Haarschnitt.