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24.04.2017

Gericht sieht Raum für Manipulationen

Das Finanzgericht Münster hat aktuell festgestellt, dass eine PC-gestützte Kassensoftware für Barzahlungen "manipulationsanfällig" sein kann.

Im vorliegenden Fall ging es um einen Friseursalon, der die Software Microsoft Access nutzte. Die Bareinnahmen wurden über diese PC-gestützte Kassensoftware erfasst, die auch über andere Funktionen wie Kundenkartei oder Terminverwaltung verfügte. Im Rahmen einer Betriebsprüfung hatte der Kläger keine Programmierprotokolle für die Kasse vorgelegt, infolgedessen das Finanzamt erhebliche Hinzuschätzungen zu den Umsätzen und Gewinnen des Klägers für die Jahre 2007 bis 2009 vornahm. Diesen legte es eine Bargeldverkehrsrechnung sowie eine Kalkulation von „Chemieumsätzen“ zugrunde. Die Kalkulation basiert auf der Auswertung eines Teils des Wareneinkaufs für 2007.

Dabei dürfe eine Manipulation vom Finanzamt als gegeben unterstellt werden - auch wenn nicht nachgewiesen worden sei, dass tatsächlich manipuliert wurde, weil sich dies nicht immer vollständig nachweisen lasse. Hier wurde vom Finanzgericht Münster im Rahmen der Betriebsprüfung eines Friseursalons ein solches System angewendet. Das Finanzamt durfte eine Steuernachschätzung vornehmen - die vom Gericht allerdings nicht in voller Höhe anerkannt wurde. (FG Münster, 7 K 3675/13) – vom 29.03.2017  

Entscheidung und Begründung des Finanzgericht Münster:

  • Es gab ein Sachverständigengutachten, welches zu dem Ergebnis kam, dass das vom Kläger verwendete Microsoft Access-System aufgrund der Verknüpfung verschiedener Datenbankdateien nur schwierig zu manipulieren ist. Eine nachträgliche Manipulation sei allerdings durch geschulte Personen mit EDV-Kenntnissen bzw. unter Einsatz entsprechender Programme möglich.
  • Da die Kassenführung des Klägers nicht ordnungsgemäß war, hätte das Finanzamt grundsätzlich eine Schätzungsbefugnis. Bei bargeldintensiven Betrieben, die programmierbare, elektronische Kassensysteme nutzen, stellt das Fehlen der Programmierprotokolle einen gewichtigen formellen Mangel dar.
  • Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass sein Kassensystem ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass im System Manipulationen vorgenommen werden können.
  • Durch wen oder mit welchem Aufwand eine Manipulation dabei möglich ist, sei hierbei nicht relevant. Die vom Kläger verwendete Software bietet, unabhängig davon, ob sie bereits für einen „normalen“ Anwender manipulierbar ist oder dieser erst einen IT-Spezialisten beauftragen muss, keine Gewährleistung für die vollständige Erfassung aller Einnahmen.
  • Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Kasse ist nach der BFH-Rechtsprechung, dass diese keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, und zwar unabhängig davon, ob der Kläger tatsächlich Manipulationen vorgenommen hat.

Quelle und weitergehende Informationen unter: FG Münster (online)