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19.06.2019

Kassensoftware: Die Richtige finden

Welche Software ist für meinen Salon die richtige? Friseurunternehmer Heiko Schneider gibt Hilfestellung.

Wie beschreiben wir das, was der Friseur dringend braucht, aber doch eigentlich gar nicht mag? Etwas, was seine Kreativität nicht fördert, aber wichtige Grundlage ist, damit er seine Kreativität leben kann? Ein Arbeitsmittel, bei dem es schon lange nicht mehr um die Frage geht „ob oder ob nicht“, sondern darum, „welches Kassenprogramm“ passt zu mir und meinem Salonkonzept. Hier liegt schon ein entscheidender Punkt in der Fragestellung: Es geht nicht so sehr um genau die richtige Kassensoftware, sondern um die Software, die zum Salonkonzept passt. Genau wie bei der Frage nach der richtigen Haarfarbe, der passenden Haarschneideschere oder der Saloneinrichtung – suchen Sie nicht nach dem heiligen Gral, nach der eierlegenden Wollmilchsau, sondern nach der für Ihren Salon passenden Kassensoftware.

Heute wollen wir Ihnen ein paar Leitlinien, ein paar Antworten auf bisher unbeantwortete Fragen geben. Sehen Sie Ihre Kassensoftware als genau das an, was sie ist: ein Arbeitsmittel im Salon, genau wie die Haarschneideschere, Ihr Föhn oder die Haarfarbe. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!

Unterschiedliche Betriebsarten

Beginnen wir bei ein paar grundlegenden Fakten zur Kassensoftware: Es gibt zunächst einmal unterschiedliche Betriebsarten, nach denen Software heute arbeitet. Man sollte entscheiden, mit welcher Art man sich wohlerfühlt. Es gibt kein richtig oder falsch. Die am Markt gängigen Friseur-Softwarepakete arbeiten nach drei verschiedenen Methoden:

  1. Die Software ist stationär auf dem PC im Salon installiert. Dieses nennt sich On-Premise-Software. Früher war das gängiger Standard. Der Vorteil ist, dass Sie unabhängig von einer stabilen Internetverbindung sind, der Rechner muss nicht ständig „im Netz“ hängen.
    Nachteile sind, dass Updates wie früher installiert werden müssen. Das ist zeitaufwendig. Eine Onlinebuchung für den Kunden ist nicht möglich, da keine permanente Internetverbindung besteht, und ein Abruf Ihrer Daten vom Büro oder unterwegs aus dem Urlaub ist nicht ohne Weiteres möglich. Sollten Sie nur Wert auf das Kassensystem und die Kundenkartei legen und eine Onlinebuchung nicht oder erst später in Betracht ziehen, kann diese Art der Sof tware die richtige sein.
     
  2. Das Gegenstück dazu sind Kassensysteme, die nach dem modernen sogenannten SaaS (Software as a Service) arbeiten. Der Vorteil ist hierbei, dass die Software ständig und regelmäßig durch den Anbieter aktualisiert werden kann, keine Installationen nötig sind, sondern alle neuen Funktionen direkt beim nächsten Programmstart zur Verfügung stehen. Dies kennen wir alle von vielen Anwendungen, die wir heute täglich im Internet nutzen.
    Der Nachteil: Sollte die Internetverbindung im Salon nicht stabil sein, kommt es zu langsamer Datenverarbeitung. Bei größeren Salons oder Filialbetrieben mit vielen Mitarbeitern und mehreren tausend Kunden ist das durchaus bemerkbar. Der größte Nachteil ist allerdings die Gefahr, dass der Anbieter (aus welchen Gründen auch immer) plötzlich vom Markt verschwunden ist oder die Software abschaltet. Viele Friseure mussten hier leider schon schlechte Erfahrungen machen. Trotzdem ist diese Art der Software inzwischen bei vielen großen Unternehmen und in anderen Branchen etabliert.
     
  3. Einige Softwareanbieter arbeiten mit einer Kombination aus OnPremise & SaaS. Der Vorteil hier: Sie können auch ohne Internetverbindung im Salon kassieren und Kundendaten bearbeiten. Besteht eine sichere Webverbindung, sind all die Dinge wie Onlinebuchung und automatischer UpdateService nutzbar.

Die Frage nach einer stabilen Leitung sollten Sie sich also zuerst beantworten. Sie ist sicherlich auch vom Kommunikationsanbieter am Standort des Salons abhängig.

Für den Inhaber oder für den Kunden?

Ein weiterer großer Unterschied hat sich erst im vergangenen Jahr auf dem deutschen Friseurmarkt herauskristallisiert. Vornehmlich deutsche Anbieter (e-Cut, Comhair, cloudCIS) legen seit vielen Jahren Wert auf umfangreiche Einstellungs- und Auswertungsmöglichkeiten bei ihren Programmen. Man kann sagen, das Softwareprogramm ist auf die Arbeit des Saloninhabers ausgerichtet. Aktuell kommen international ausgerichtete Softwareanbieter auf den Friseurmarkt (Treatwell, Phorest, Shortcuts). Sie haben weitaus mehr die Kundenausrichtung der Salons im Blick. Hier gibt es eine stärkere Anbindung der Programme an verschiedene Social-Media-Kanäle sowie an Google. Diese Programme sind stärker danach ausgerichtet, Neukunden zu gewinnen und Stammkunden über die Social-Media-Kanäle an das Unternehmen zu binden. Als Friseurunternehmer können Sie sich also wieder entscheiden, was Ihnen bei den Programmfunktionen wichtiger ist.

Sie wissen, was Sie wollen?

Wenn Sie für sich diese beiden Grundentscheidungen getroffen haben, geht es eigentlich nur noch um ein paar Details. Alle Softwareprogramme haben heute so viele Funktionen und Reports, dass es nicht mehr möglich ist, alles zu nutzen, es sei denn wir schneiden keine Haare mehr – und wer will das schon?!

Bei einigen Programmen haben Sie bereits eine Kunden-App integriert. Über diese kann dann auch die Online-Terminbuchung erfolgen. Vorteil ist hierbei, alles aus einer Hand zu bekommen, nicht zuletzt die DSGVO-Konformität der Onlinebuchung. Andere Anbieter stellen eine Schnittstelle zur Verfügung, und somit lässt sich die Onlinebuchung in eine eigene, bestehende App integrieren. Ich glaube, dass auch Friseurtermine, dem allgemeinen Trend folgend, zukünftig verstärkt über das Smartphone gebucht werden. Aktuell können Kunden bei den ersten Anbietern direkt bei Google ihren Friseurtermin buchen. Hier scheinen die internationalen Software-Anbieter im Moment die Nase vorn zu haben. Ob es eine ähnliche Entwicklung bei Friseurterminbuchungen wie bei den Hotelbuchungen gibt, bleibt abzuwarten. Wenn sich die Verbraucher erst einmal an solche Funktionen gewöhnt haben, setzen diese sich allerdings schnell durch. Der Bereich ist zukünftig sehr spannend.

Schnittstellen sind gefragt

Einige Funktionen der Kassenprogramme sind für eine einfache, intuitive Bedienung ausschlaggebend. So zum Beispiel die Anbindung an die bekannten Office-Programme.

Wie werden die Berichte der Umsatzauswertungen ausgegeben? Die Programme unterscheiden sich oft durch die Anzahl der Exportmöglichkeiten. Achten Sie darauf, dass die Exportstandards, die für Ihren Salon und Ihren Steuerberater notwendig sind, zum Beispiel die Datev-Schnittstelle, vorhanden sind. Auch wenn viele Funktionen in die meisten Programme integriert sind, kann es notwendig sein, bestimmte Daten in ein Excel-Format zu exportieren, um diese dort weiterverarbeiten zu können. Zukünftig kann es auschlaggebend sein, ob die
Softwareanbieter Standardschnittstellen zur Verfügung stellen oder ihre Programme gegenüber Drittanwendungen abschotten. Nachfragen bei den Softwareanbietern geben Ihnen ein Gefühl dafür, wie offen das Unternehmen am Markt agiert.

Ein komplettes Warenwirtschaftssystem haben fast alle Softwareanbieter integriert. Der Zeitaufwand, solch ein System tatsächlich Tag genau auf Stand zu halten, ist allerdings enorm und nur von größeren Unternehmen zu meistern. Auch fehlen hier immer noch die Schnittstellen zu den Haarkosmetikherstellern. Leider hängt hier die Friseurbranche anderen Branchen noch weit hinterher. Erst wenn es einen elektronischen Lieferschein der Haarkosmetikindustrie gibt oder zumindest einen einheitlichen Standard für die Warenwirtschaft, ist eine solche wirklich sinnvoll.

Wünsche erfüllt

Das Personalmanagement und die Kundendatenbank hingegen lassen keine Wünsche offen. Hier haben die Programme mehr Funktionen und Einstellungsvarianten integriert, als wir dies tatsächlich im Salonalltag nutzen können und wollen. Unterscheidungsmerkmale sind hier vielleicht, ob Kundenfotos in der Kartei gespeichert werden können und wie viele. Einige Anbieter lassen nur ein Bild pro Kunde zu, bei anderen kann man pro Besuch Bilder speichern, was durchaus sinnvoller ist, um Veränderungen zu dokumentieren.

Genauer hinschauen kann man bei der Art, wie das Programm mit der DSGVO-Verordnung umgeht. Besteht die Möglichkeit, das DSGVO-Formular auf Ihren Salon anzupassen? Kann das Formular direkt im Programm auf einem Tablet unterschrieben werden und wird es an der Kartei des Kunden gespeichert? Wenn dies geht, ist das ein guter Hinweis darauf, dass das Programm mit neuesten Technologien programmiert ist oder zumindest über die notwendigen Schnittstellen verfügt.

Auch beim nächsten wichtigen Punkt in der Bewertung von Kassensystemen kommen wir um das Wort Schnittstelle nicht herum: Welche Zahlungsmöglichkeiten bietet mir das Kassensystem? Barzahlung und die Zahlung mit EC-Karte sind standardmäßig bei allen integriert. Es lohnt sich aber genauer hinzuschauen, wie die Kasse mit Rechnungen umgeht. Vor allem für Dienstleistungen wie Haarverlängerung und Haarersatz ist eine korrekte Rechnungslegung und Rechnungsverwaltung notwendig. Gibt es die Möglichkeit, Kreditkartenzahlungen extra auszuweisen, und vor allem, ist die Kasse auf die kommenden Möglichkeiten der Handy-Bezahlvarianten vorbereitet? Mit einigen Anbietern kann man bei Onlinebuchung bereits eine Anzahlung per Kreditkarte hinterlegen lassen.

Sicherlich ist das noch ein wenig Zukunft in Deutschland. Allerdings beklagen immer mehr Friseure zunehmende „No-Shows“, und etwa in England begegnet man diesem betriebswirtschaftlichen Risiko mit Anzahlungen bei Online- Buchungen. Planen Sie die Anschaffung einer neuen Software, kann man durchaus auch auf solche Möglichkeiten Wert legen. Schließlich soll die neue Software dann ja auch eine ganze Weile im Salon eingesetzt werden.

Für immer und ewig?

Da kommen wir zu einer weiteren wichtigen Frage. Wie lange „hält“ so eine Software eigentlich nach einer Neuanschaffung, und was kostet sie? Bei gleichem Funktionsumfang unterscheiden sich die Preise nicht allzu sehr. Das schwierige für jeden Friseurunternehmer ist eigentlich die Zusammenstellung der notwendigen und gewünschten Funktionen. Was brauche ich? Lassen Sie sich hier gut beraten und vergleichen Sie nicht Äpfel mit Birnen. Fragen Sie bei verschiedenen Anbietern dieselben Funktionen an und vergleichen Sie dann!

Inzwischen wird Software fast ausschließlich über einen monatlichen Betrag „verkauft“. Und wenn Sie dann die Hardware noch dazunehmen sind alle Anbieter bei einer Vertragslaufzeit von 60 Monaten. Dies kommt dem Friseur mit seiner nicht so wechselwilligen Unternehmenskultur entgegen, schließlich wollen wir ja Haareschneiden und nicht ständig neue Software einführen.

Zur Person:

Heiko Schneider betreibt einen preisgekrönten Salon in Hoyerswerda, wird als Referent und Unternehmensberater gebucht und gibt Webinare für die Friseurbranche.
www.haarschneider.eu