16.05.2018

Mustafa Yanaz lebt im Big Apple

2013 wurde Mustafa Yanaz German Hairdresser of the Year. Heute lebt er in New York und verwirklicht seine Träume.

Bei Mustafa Yanaz läuft es gerade richtig gut. Zwischen Aufträgen für Lookbooks großer Marken und Engagements auf der New York Fashion Week findet er Zeit für ein Interview mit TOP HAIR. Seit zwei Jahren lebt er nun mit seiner Frau in den USA.

Nicht immer lief es im Big Apple so gut für den Stuttgarter mit türkischen Wurzeln: „Ich hatte es mir leichter vorgestellt, gesteht Yanaz. Die Konkurrenz ist groß, der Kampf um Jobs hart, ohne Kontakte tut man sich schwer: „Ich habe mich bei einer Agentur in New York vorgestellt – dass ich der German Hairdresser of the Year war, war für die gar nicht wichtig.“ Die Agentur schickte ihn weg, gab ihm aber einen Rat: „Verbinde dich mehr mit den Leuten“, erinnert sich Yanaz. „Also bin ich in Cafés und auf Partys gegangen und habe mit den Menschen geredet, habe so Fotografen kennengelernt, die mich an Make-up-Artisten weiterempfohlen haben. So kam ich zu den ersten Aufträgen und Kunden.“

Damit wiederum nahm ihn auch die Agentur auf, die ihn heute für große Marken wie Marc Jacobs bucht. „Ein Traum!“, sagt Yanaz, dessen großes Ziel es nach dem Hairdressing Award 2013 war, verstärkt für Magazine und ­Fashion-Shows zu arbeiten. Das hat er geschafft, ist dick im Geschäft, stylt für bekannte Labels, Magazine wie die Vogue, ist auf Fashion Weeks unterwegs und kümmert sich um Celebrities: „Die meisten Namen habe ich schon wieder vergessen“, so Yanaz. Nur an eine kann er sich gut erinnern: Eva Mendes. Für ihr Fashion-Label hatte er den Posten des Lead-Hairdressers übernommen. 

Rund sechs Monate hatte Yanaz gebraucht, um Fuß zu fassen. Seine eigene Schuld, gesteht er: „Ich habe es falsch gemacht, ich habe mich gar nicht vorbereitet.“ Sein Tipp an alle, die Ähnliches wagen wollen: „Connectet euch mindestens zwei Monate vorher mit Leuten in der Stadt, schreibt Fotografen und Make-up- Artisten an. Das ist immens wichtig!“

Während seine Frau vom deutschen Büro ihres Arbeitsgebers in die New Yorker Dependance gewechselt hat und dort den gleichen Job macht, musste Yanaz seinen Job nach zwölf Jahren im Salon für den Traum von New York an den Nagel hängen. Auch das Haus, dass das junge Paar gerade gekauft und eingerichtet hatte, haben sie zurückgelassen. „Das haben wir an ein Paar aus Amerika vermietet. Wenn wir gewusst hätten, dass wir nach New York gehen, hätten wir es wohl nicht gekauft.“ 

Irgendwann gibt’s ein Zurück

Aus den zwei Jahren werden drei, vier oder noch mehr, ist sich Yanaz sicher. Sicher ist aber auch: „Irgendwann komme ich zurück. Auf jeden Fall. Ich will Kinder haben – die sollen nicht in NY aufwachsen, sondern in der Nähe meiner Familie.“ Bis dahin will er sich einen so guten Ruf aufgebaut haben, dass Kunden ihn auch buchen, wenn er in Deutschland lebt.

Als Auslöser für die Verwirklichung seines­ Traums sieht Yanaz auch den Titelgewinn beim Hairdressing Award: „Das war einer der Punkte,­ wo mir klar wurde, ich brauche jetzt eine Veränderung. Danach habe ich angefangen auf Fashion Weeks zu arbeiten und mich bei einer englischen Agentur beworben. Ich sehe den Titelgewinn auf jeden Fall als Punkt, an dem ich angefangen habe.“ Ein Tipp an alle, die auch an Awards teilnehmen wollen: „Erstellt ein Gesamtkonzept mit Stylisten, Fotografen, Make- up-Artisten. Entwickelt das als Team, das ist wichtig für den Erfolg. Ich bin auch alleine in Shootings rein – die waren ein Desaster.“

Neue Ziele gesetzt

Im vergangenen Jahr wurde Mustafa Yanaz 30. Zeit, innezuhalten und neue Ziele zu formulieren, nachdem er die aus dem Jahr 2013 erreicht hat: „Was mache ich eigentlich neben all dem Glamour für die andere Seite, für die, denen es nicht so gut geht?“ Also besuchte er kurzerhand während seines Einsatzes auf der NY Fashion Week ein nahe gelegenes Obdachlosenheim, bot an, den Obdachlosen die Haare zu schneiden. „Charity-Geschichten – das möchte ich gerne als Kontrastprogramm machen. Außerdem möchte ich mit jungen Kollegen teilen, was ich im Fashion-Bereich gelernt habe. Ich plane etwas in Sachen Education.“ Erfüllung findet er auch in seiner neuesten Aufgabe: Für eine Agentur nimmt er Typveränderungen an Models vor. „Als Stylist fehlt mir das Haareschneiden im Salon schon. Durch diese Make-over-Geschichten kann ich das wieder tun.“ 

Sind große Karrieren für Friseure nur in den USA möglich? „Nein, das geht auch in Europa. Aber man macht sich interessant.“ Und: „Es steigert das Selbstbewusstsein enorm. Wenn ich jetzt Jobs in Deutschland habe, bin ich total relaxt – und mache dadurch einen viel besseren Job.“

Text: Yvonne Rieken