Foto: Melanie Fredel

14.06.2018

LED muss heute sein

Wie werde ich zum Klimaschützer im Salon? Klimaprofi Ernst Panse gibt Tipps für Ihren Alltag.

TOP HAIR: Herr Panse, was ist denn eigentlich eine nachhaltige Saloneinrichtung?
Ernst Panse:
Zunächst einmal: Nachhaltigkeit ist ein Begriff, den wir nicht mehr so schön finden, weil ihm etwas Negatives anhaftet. Wir versuchen, dem Ganzen ein etwas positiveres Image zu geben. Wir setzen Klimaschutz mit dem Begriff Nachhaltigkeit gleich. Und dieser Klimaschutz lässt sich durch ganz einfache Dinge in den Salon einbinden, etwa, in dem konsequent Lichter, die nicht gebraucht werden, ausgemacht werden und auf eine energiesparende Beleuchtung gesetzt wird.

TOP HAIR: Wie kann ich im Salon also konkret das Klima schützen?
Ernst Panse: Es gibt Dinge im Salon, die man beachten kann und andere, die man beachten muss. Als Muss sollten Sie alles überprüfen, was an der Decke hängt: Bei der Beleuchtung unbedingt auf LED umstellen, das ist langlebig und stromsparend. Die neueste LED-Technik wird Sie und mich überleben. Schöner Nebeneffekt: LED bringt auch deutlich weniger Wärme in den Salon, der „Legehennen“-Effekt wird vermieden. Im schlimmsten Fall produziert die alte Lichttechnik so viel Wärme, dass die Klimaanlage unnötig angeschaltet werden muss. Bei der Anschaffung von LED-Technik sollten Sie nicht zur 0815-Ware greifen, sondern  am besten eine Technik wählen, die den Tageslichtverlauf nachahmt. Nach zwei bis vier Jahren hat sich die Investition in der Regel refinanziert.

TOP HAIR: Meist hängt an der Decke auch die Klimaanlage.
Ernst Panse: Ja, die fällt auch in den Bereich „Muss“. Leider verbrauchen die Lüftung und die Klimaanlage viel Energie. Wir sehen recht häufig alte, ineffiziente Geräte, die falsch eingestellt sind und teils noch mit verbotenen, umweltschädlichen Kältemitteln betrieben werden. Hier lohnt es sich auf jeden Fall, Geld für eine effiziente Anlage zu investieren. Die Klimaanlage ist für mich übrigens Chefsache – da sollte nicht jeder dran „rumspielen“ dürfen. Die Einstellung und das Ein- und Ausschalten der Anlagen sollten nur unterwiesene Personen durchführen. Hier sollten Schulungen, oder zumindest genaue Einweisungen durch Fachpersonen durchgeführt werden.

TOP HAIR: Gibt es noch weitere Dinge, die in die Kategorie Muss fallen?
Ernst Panse: Ja. Wir entdecken in den Sozialräumen und Küchen häufig sehr alte Kühlschränke. Eine grobe Faustformel ist hier: Ersetzen Sie das Gerät nach 15 Jahren. Häufig finden wir nicht nur alte Geräte, sondern auch Geräte, die schlecht platziert sind: Sie stehen direkt neben der Heizung, zu nah an Wänden und können die Wärme nicht abführen oder die Sonne knallt direkt darauf. Außerdem ein kleiner Tipp: Wischen Sie mindestens einmal im Jahr die Dichtungen ab, das verbessert die Sogwirkung. Und stellen Sie den Kühlschrank nicht zu kalt ein. Weniger als sieben Grad müssen es nicht sein. Jedes Grad weniger Kühlung spart bis zu zehn Prozent Energie. Im Sommer können Sie ohnehin mit passiven Maßnahmen den Geldbeutel entlastet, indem sie bei Fenstern, in die die Sonne fällt, mit Markisen, Jalousien oder einer Folierung auf dem Außenfenster arbeiten.

TOP HAIR: Was gehört denn in die Kategorie „Kann“?
Ernst Panse:
Im Friseursalon wäre das etwa das Umstellen der Putzmittel. Weg von chemischen Stoffen und hin zu natürlichen Putzmitteln. Meist sind diese „sehr scharf“ und umweltschädlich und es wird zu viel dazu verwendet. Umweltsiegel können hier Orientierung geben. Ein weiterer Punkt wäre die Umstellung auf Recyclingpapier. Teilweise haben auch Salons im Jahr einen Papierverbrauch bis zu 10.000 Blatt. Gerade wenn ich auch bei den Friseurprodukten auf natürliche Rohstoffe setzen und diesen USP meinen Kunden verkaufe, wirkt es unglaubwürdig, wenn Sie dann gebleichtes Papier einsetzen. Von Plastiktüten kann ich auf Papiertüten umstellen. Allerdings sollte ich auch darauf achten, woher sie kommen, ob sie abbaubar sind und mit welchen Farben gebleicht wird.

TOP HAIR: Fallen Möbel für Sie in die Muss oder Kann-Kategorie?
Ernst Panse: Das ist schwer zu sagen und da fehlt mir auch ein wenig die Erfahrung: Wo fängt hier kann an und hört muss auf? Sicherlich sollte man sich bei einer Neuanschaffung gut überlegen, ob man nicht die eine oder andere Investition nach oben schraubt. Mein Rat wäre auf jeden Fall: Schauen Sie ins Detail, wenn Sie neue Möbel für den Salon anschaffen: Wenn das verarbeitete, recycelte Material aus China kommt, dann ist das vielleicht auch nicht mehr ganz so nachhaltig, denn auch die CO2-Bilanz sollte positiv sein. Achten Sie auf Zertifikate und Siegel und sehen Sie sich immer das Kleingedruckte an. Vermutlich machen dann unter dem Aspekt der Klimaschonung deutsche Produktionslinien mehr Sinn.

TOP HAIR: Überprüfen Sie auch die Energieverträge der Salons?
Ernst Panse: Ja, das machen wir auch. Schon durch den Strombezug kann man das Klima schützen. Wir stellen fest, dass viele Salons sehr häufig noch in der  Grundversorgung des örtlichen Stromversorgers sind. Und das ist meist der teuerste Tarif. Für die Umwelt ist es besser, klimaneutralen-, idealerweise Ökostrom, zu beziehen. Und was man im Privaten zu wenig macht, finden wir natürlich auch in den Salons vor: Angebote werden zu selten verglichen und der Anbieter zu selten gewechselt. Hier kann die Umweltbilanz verbessert und zugleich der Geldbeutel entlastet werden.

TOP HAIR: Haben Sie Tipps zum Thema Wasser?
Ernst Panse: Die Strahlregler sind eine Möglichkeit, Wasser einzusparen. Ich finde das allerdings etwas schwierig beim Friseur. Um das Shampoo auszuwaschen, muss er das Wasser länger laufen lassen. Probleme gibt es häufig auch bei der Bereitstellung des Warmwassers, nämlich dann, wenn die Zapfstelle weit weg ist von der Wärmeerzeugung. Dann braucht es einfach sehr lange, bis warmes Wasser bei mir ankommt. Hier helfen Zirkulationspumpen und Durchlauferhitzer. Allerdings haben wir hier ein Problem: Salons sind häufig nur zur Miete in einer Immobilie. Somit können Sie manche Dinge nicht, oder nur sehr schwer, beeinflussen. Mit unserer Arbeit versuchen wir, Ihnen eine Argumentationsgrundlage für entsprechende Gespräche mit dem Vermieter zu schaffen. Eventuell muss man vielleicht auch mal selbst investieren. Vieles holt man dann über die Nebenkostenabrechnung wieder rein.

TOP HAIR: Wenn der Geldbeutel entlastet wird, ist das immer ein Anreiz. Wie viel Einsparpotenzial hat denn so Friseursalon Ihrer Meinung nach?
Ernst Panse: Ich glaub, dass man immer fünf bis zehn Prozent recht einfach einsparen kann. Eine kleine Baustelle findet sich eigentlich in fast jedem Salon. Bei den großen Baustellen, wenn Sie also ihr Lichtkonzept erneuern, sind bei den Gesamtenergiekosten 50 bis 60 Prozent Ersparnis drin. Wichtig ist, dass Sie bei allem ihre Mitarbeiter sensibilisieren und integrieren und aus Betroffenen Beteiligte machen.

TOP HAIR: Für welche Maßnahmen gibt es denn Förderungen?
Ernst Panse: Das ist unterschiedlich. Für die LED-Technik gibt es derzeit keine landesweiten Zuschüsse. Aber man kann das etwa über ein zinsgünstiges Darlehen der KfW finanzieren. Wir kritisieren allerdings, dass das recht kompliziert ist. Es kann aber sein, dass es immer mal wieder Förderungen in den einzelnen Bundesländern hierfür gibt. Über unsere Beratung machen wir uns dann für das jeweilige Bundesland schlau. In Sachsen-Anhalt gibt es etwa Förderungen, die von der Höhe der CO2-Einsparung abhängig sind, etwa für den Einsatz von Elektroautos oder Klimaanlagen. Es gibt auch eine bundesweite Förderung für Klimaanlagen, diese ist aber recht unattraktiv für Friseure. Die Sichtung und Bewertung des Förderdschungels, ist eine schöne Leistung, die wir im Zuge der Beratung mit anbieten.

TOP HAIR: Elektroautos? Die werden beim Friseur eher weniger zum Einsatz kommen.
Ernst Panse: Nicht unbedingt. Derzeit haben wir ein Pilotprojekt im Großraum Köln. Dort stellen wir Betrieben, wie etwa Apotheken oder Bäckereien, die ihre Ware ausliefern, für eine Woche kostenlos zum Test ein Elektroauto zur Verfügung. Das können auch Friseure nutzen. Etwa, wenn sie mehrere Filialen betreiben und zwischen ihnen hin- und herpendeln oder wenn sie Kundenbesuche als Service anbieten. So ein Fahrzeug erzeugt jede Menge Aufmerksamkeit. Warum nicht eine fahrende Visitenkarte anschaffen? Wir helfen gerne bei der Entscheidungsfindung.

Das Klima schützen

Ernst Panse ist Leiter Klima und Energie beim Mittelstandsverbund. Er leitet ein Team von vier Klimaschutzberatern, die kleine und mittelständische Unternehmen beraten. Kostenlos bieten sie eine Vor-Ort-Begehung, zeigen auf, wo Potenziale sind, geben Tipps und kleinere Maßnahmen werden auch direkt umgesetzt. Für größere Maßnahmen stehen die Klimaprofis mit Rat und Tat zur Seite und helfen nicht nur durch den Förderdschungel, sondern auch beim Vergleichen von Angeboten. Gefördert wird das Projekt „ Klimaprofi für den Mittelstand“ vom Bundesumweltministerium im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) und ist für Friseurbetriebe noch bis Mitte 2019 kostenlos.

Interview: Yvonne Rieken