09.08.2024

Interview mit einem Prinzen

Fresh Prince ist seit 20 Jahren in der Branche tätig und hat sich als Barber in der Fußball-Szene einen Namen gemacht.

Bereits mit 14 Jahren fing er an, Haare zu schneiden – mit dem Traum, etwas ganz Großes daraus zu machen. Das hat der Barber mit adliger Abstammung geschafft. Heute führt er einen Barbershop in Düsseldorf, in dem sich die Fußballprofis die Klinke in die Hand geben. Auch für die Fußball-EM war er unterwegs, um den afrikanisch-stämmigen Spielern der französischen und deutschen Nationalmannschaft die Haare zu schneiden.  

TOP HAIR: Eine Frage, die unsere Leser*innen natürlich brennend interessiert – bist du wirklich ein Prinz?
Fresh Prince: Tatsächlich, das bin ich. Mein Papa war in Ghana ein König. Man kann sich das in Ghana in etwa so vorstellen: Es gibt einen König sowie Könige von den  einzelnen Bundesländern und von den einzelnen Städten, wenn ich das mal auf Deutschland übertragen würde. Mein Papa war quasi König von einem ganzen Bundesland. Alles aber eben nur viel kleiner, man kann Ghana nicht mit Deutschland vergleichen. Und das Fresh in meinem Titel, das kommt daher, dass ich in den 90er Jahren großer Will- Smith-Fan war. 

Wie bist du zum Barbering gekommen?
Vor genau 20 Jahren tatsächlich, ich war 14 Jahre alt und habe meinen Brüdern beim Haarschneiden zugeschaut. Ich kann mich tatsächlich noch an einen Tag erinnern, an dem mein Cousin zum Schneiden kam. Nach dem Haarschnitt hat er sich im Spiegel angeschaut – und dieses Leuchten in seinen Augen hat mich so verzaubert, dass ich mir gedacht habe: Unglaublich, man ist in der Lage, mit den Händen und seinem Talent jemanden so glücklich zu machen, dass ich mir gesagt habe, boah, das will ich auch. Dann habe ich angefangen und die ersten zwei Jahre so viel geschnitten, wie es nur ging, ich wollte es unbedingt lernen – und so kam das eine zum anderen.

War das Barbering schon immer dein Traum?
Nachdem ich gesehen habe, was möglich ist, war es natürlich mein Traum, das Ganze so groß wie möglich zu machen. Gerade in der afrikanischen Community, die nicht so vertreten war, war ich mir auf jeden Fall sicher, dass ich es groß machen muss, egal wie, und dass ich dafür mein Bestes geben muss. Ich habe studiert und anschließend eine Ausbildung sowie meinen Meister gemacht, damit ich nicht nur Afrohaare schneiden kann. Ich habe somit quasi zwei verschiedene Kulturen zusammengebracht. Das ist mein Schneidestil, und deswegen ist der auch, ich sage mal, sehr unique, weil ich quasi zwei Welten fusioniert habe.

Dein Salon heißt „Hair Jordan“ – wie kam es dazu und was bedeutet dir die Verbindung zu „Air Jordan“? 
Hair Jordan bedeutet zum einen, dass mein Team und ich, wie damals Michael Jordan und die Chicago Bulls in der NBA, unschlagbar in der Barberszene sind. Die zweite Bedeutung ist der Fluss Jordan, den man ja aus der biblischen Historie kennt und in dem damals die Menschen getauft wurden. Das heißt, man ging unrein ins Wasser – und kam rein wieder raus. Dasselbe passiert auch bei uns im Laden. Der Kunde verlässt den Laden nicht so, wie er gekommen ist. Das ist quasi eine Art Taufe.

Du dekorierst deinen Salon mit jeder Menge Sneakers. Wie viele sind es?
Ca. 200, würde ich sagen. Mal mehr, mal weniger. Wir tauschen sie ab und zu auch mal aus.

Wie hast du es geschafft, so viele prominente Kunden zu bekommen? 
Ich habe ja mit 14 Jahren schon angefangen im Keller Haare zu schneiden. Mein erster Profi, der durch Mundpropaganda auf mich aufmerksam geworden ist, war Patrick Owomoyela von Borussia Dortmund. Der kam dann wirklich in diesen Keller, und ich habe ihm dort die Haare geschnitten. Das hat ihm so gefallen, dass er im Trainingslager vorgeschlagen hat, mich einreisen zu lassen und der Mannschaft die Haare zu schneiden. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber noch nie eurpäisches Haar geschnitten. Das hat mir so weh getan und war gleichzeitig der Push, die Ausbildung zu machen. Dann sind auch Freunde von mir Fußballer geworden, u. a. Antonio Rüdiger. Und so ging das weiter. Wenn man erst mal drin ist, ist man drin.

Wer von den Fußballprofis ist denn dein Lieblingskunde?
Das ist schwer zu sagen, denn die Spieler sind alle individuell, aber mein Lieblingsspieler in dem Sinne, weil er wie mein Bruder ist, ist Antonio Rüdiger. Er ist auch einer von wenigen, die sich überhaupt nicht verändert haben. So wie er war, bevor er Profi geworden ist, so ist er auch heute noch. Das sagt sehr viel über einen Menschen aus.

Welches ist momentan der heißeste Schnitt?
Der heißeste Schnitt – das ist schwer zu sagen. Ich sage mal so, bei den afrikanischen Spielern   wie Jonathan Tah, Benjamin Henrichs und Antonio Rüdiger aus dem deutschen Team – da ist es schlicht geworden. Kurze Haarschnitte mit sehr scharfen Konturen.Bei den Deutschen oder den Europäern an sich ist es lauter geworden mit mehr Farbe, einem Mohawk, Strichen usw. Aber ich glaube, es gibt nicht DEN Haarschnitt. Ich habe bei der Fußball-EM vieles geschnitten, aber die Tendenz geht dahin, dass die Seiten sehr kurz sind. 

Wem würdest du gerne einmal die Haare schneiden?
Auf jeden Fall gerne Will Smith als dem wahren Fresh Prince. Und Christiano Ronaldo. Michael Jordan hat leider keine Haare, deshalb fällt der raus, aber wenn Michael Jordan Haare hätte, dann würde ich ihn mit auf die Liste packen.

Du kommst viel in der Welt herum – wo bist du von allen Orten am liebsten?
Ich bin durchs Haareschneiden und mit der Firma Wahl sehr viel rumgekommen. Ich war in Äthiopien, Urganda, LA, Kenia, Frankreich – ich bin schon wirklich viel herumgekommen und ich muss sagen, Amerika ist sehr schön, und natürlich die Heimat Ghana, das ist natürlich auf Platz 1. Aber LA fand ich auch ganz cool, für die Barber Community ist der Vipe dort sehr cool.

Welche Trends und Techniken hast du auf deinen Reisen entdeckt, die du in deinem Salon umsetzt?
Durch die Reisen selbst eher nicht. Es war eher umgekehrt, dass ich viel weitergegeben habe. Gerade in Afrika, weil die mit vielen Sachen noch nicht so weit sind, konnte ich sehr viel an Techniken usw. weitergeben. So habe ich z. B. erklärt, warum ich einen schwarzen und einen weißen Kamm benutze. Denn wenn ich die Technik Maschine über Kamm anwende oder mit der Schere arbeite, je nachdem, dann benutze ich bei schwarzen Haaren einen weißen und bei hellen Haaren einen schwarzen Kamm, um den Kontrast besser zu sehen. Das war für die so wow! Oder dass man Watte in die Ohren steckt, denn durch den Föhn bekommt man die Haare nicht wieder raus. Oder wie man das Deckhaar mit der Maschine bearbeitet. Durch Wahl kennen wir viele Techniken, bei denen wir einen kompletten Haarschnitt machen können, ohne die Schere zu benutzen. Das sind Sachen, die ich als Educator weitergegeben habe.

Wie gelingt es dir, die individuellen Wünsche und Stile der prominenten Kunden zu erfüllen und gleichzeitig deiner eigenen Kreativität treu zu bleiben?
In erster Linie ist die Beratung wichtig, also zuzuhören. Was will der Kunde? Und dann musst als Barbier wissen - ist das, was der Kunde möchte, überhaupt umsetzbar? Denn wenn nicht,, muss man das kommunizieren und dann auch erklären, warum es nicht umsetzbar ist. Z. B. "zu deiner Kopfform passt es nicht oder dein Atlasknochen steht weit raus", was auch immer. Es dem Kunden erklären und eine Alternative anbieten.
Ich versuche immer den Haarschnitt auf die Person anzupassen. Dass er wirklich wie ein Helm angegossen auf den Kopf passt. Und wenn ich auch etwas nicht kann, zu sagen, "das kriege ich nicht hin, aber wir können ja das oder das versuchen". Das gehört auch dazu und das ist immer noch besser als etwas zu machen und der Kunde ist dann unzufrieden.