Selbst in Geldfragen erfahrene Unternehmer*innen können leichtsinnig werden, wenn sie bei Geldanlagen oder Investitionen von „erstklassigen“ Zinssätzen oder „einmaligen“ Chancen hören. Was passieren kann, wenn man sich von einer Auslandsimmobilie locken lässt, und wie man sich gegen Betrug schützt, weiß Finanzexperte Michael Vetter.
Inhaltsübersicht
- Altersruhesitz in Spanien lockt
- Anzahlung geht flöten
- Hohe Dunkelziffer an Betrugsopfern
- Schneeballsystem
- Check-Liste:
- Warnsignale bei möglichen Anlagebetrügern:
Altersruhesitz in Spanien lockt
Günter E., langjähriger Inhaber eines erfolgreichen Friseurbetriebes aus Süddeutschland, war überzeugt davon, das Richtige getan zu haben: Die Eigentumswohnung an der spanischen Mittelmeerküste, noch dazu in „erstklassiger Lage“, für „nur“ 120.000 Euro erschien ihm als zukünftiger Altersruhesitz angemessen. Eine „komplikationslose“ und vor allem „unbürokratische“ Abwicklung versprach der Vermittler, der aus „Sicherheitsgründen“ vorab lediglich um eine Anzahlung von 15.000 Euro auf ein Konto bei einer Bank mit Sitz außerhalb Europas bat. Als Sicherheit erhielt E. ein paar Tage später, wie vom Vermittler zugesagt, ein aufwändig gestaltetes Formular, in dem eine ihm unbekannte Bank nicht nur für die „vertragsgerechte Verwendung“ der 15.000 Euro, sondern auch für die „ordnungsgemäße Gesamtabwicklung“ des Kaufvertrages garantierte. Kaum zu glauben, aber wahr: E. war mit dieser „Bürgschaftserklärung“ zunächst zufrieden.
Anzahlung geht flöten
Nach unmittelbarer Überweisung des Betrages und einer Wartezeit von etwa zwei Monaten wurde E. misstrauisch und erkundigte sich bei der Empfängerbank zunächst telefonisch nach dem Verbleib des Geldes. Obwohl sein Gesprächspartner aufgrund der Diskretionspflicht in seinen Aussagen eher zurückhaltend war, merkte E. sofort, dass etwas nicht stimmte. Da der Bankmitarbeiter um eine schriftliche Anfrage von E. bat, verging eine weitere Woche, bis er die im Grunde schon erwartete Information schwarz auf weiß in Händen hielt: Wie von E. bereits befürchtet, war das Konto des Vermittlers dort bereits seit Wochen aufgelöst.
Zusätzliche Hinweise etwa über den aktuellen Aufenthaltsort des Vermittlers waren dem Kreditinstitut natürlich nicht bekannt. Allerdings drückte die Bank im Antwortschreiben an E. ein gewisses Befremden darüber aus, dass sich dieser ohne entsprechende Absicherung auf die Aussagen des ihm persönlich noch nicht einmal bekannten Mannes verließ. Es sieht tatsächlich so aus, als müsste E. seine Anzahlung endgültig abschreiben. Wie seine Hausbank ihm mittlerweile mitteilte, ist die angeblich bürgende Bank dort nicht bekannt. Eine Rückfrage bei der Bankenaufsicht Bafin brachte das gleiche Ergebnis.
Hohe Dunkelziffer an Betrugsopfern
E. teilt das Schicksal anderer Unternehmer, die auf vordergründig lukrative Investitionsmöglichkeiten hereinfallen. Die „Masche“ der dubiosen Anlagevermittler, die auch seriöse Vertreter der Finanzbranche zunehmend in Verruf bringen, hat sich während der vergangenen Jahre kaum verändert: Das Locken mit zweistelligen Zinssätzen bei Geldanlagen oder, wie bei E., mit einem „Immobilienschnäppchen, erfolgt meist telefonisch, per Zeitungsanzeige oder per Mail. Zappelt der Interessent erst einmal am Haken, kommt in der Regel die zunächst noch dezent formulierte Aufforderung, eine „vertretbare“ Anzahlung zu leisten, um den Anspruch auch tatsächlich zu sichern.
Schneeballsystem
Bei Geldanlagen gibt es seitens des Vermittlers häufig schnell eine Vorauszahlung auf zukünftige Zinsen, um den Anleger in Sicherheit zu wiegen. Dass diese Zinsen oft nicht aus tatsächlich erwirtschafteten Erträgen, sondern aus Zahlungen anderer betrogener Anleger finanziert worden sind, wird dem Einzahler meist erst später bewusst. Dieses Schneeballsystem hat mittlerweile seit Jahrzehnten Methode und bringt natürlich nur dem dubiosen Anbieter eine überdurchschnittliche Rendite. Der beschriebene Betrug mit der Eigentumswohnung ist deshalb schwer zu durchschauen, da sich die Immobilien angeblich in meist äußerst attraktiven Gegenden zum Beispiel im Mittelmeerraum befinden, die nicht von jedem Interessenten kurzfristig besucht werden können. Wenn es diese Wohnungen oder Häuser tatsächlich gibt, reichen oft Hochglanzfotos oder übertrieben positiv formulierte Exposees aus, um den Eindruck des angeblich Realen zu vermitteln.
Check-Liste:
- Betriebsverantwortliche sollten sich auf telefonische oder digitale Anwerbeversuche grundsätzlich nicht einlassen. Sobald es zu einem Gesprächsverlauf kommt, hat der Vermittler nämlich oft schon gewonnen. Da er in aller Regel rhetorisch geschult ist, weiß er genau um die Schwachpunkte seines Gesprächspartners. Unternehmer, die sich tatsächlich für ein Angebot interessieren, sollten auf aussagefähigen schriftlichen Unterlagen bestehen, die ihnen die Möglichkeit zu einer sorgfältigen Prüfung beispielsweise durch den Steuerberater geben
- Auch wenn es sich um eine „Binsenwahrheit“ handelt, kann nicht oft genug wiederholt werden: Mit (angeblich) steigenden Zinssätzen und Gewinnen steigt auch das Anlagerisiko. Derzeit sind je nach Laufzeit und Anbieter Renditen von jährlich etwa 2% möglich. Über dieses Zinsniveau hinausgehende Offerten sollte besonders skeptisch begegnet und sorgfältig geprüft werden
- Eine ebenso sorgfältige Prüfung ist auch bei angeblich „sicheren“ Bürgen erforderlich. Wenn der Vermittler ehrlich ist, wird er dem interessierten Anleger völlig problemlos eine entsprechende Bürgschaftserklärung zunächst unverbindlich zur Prüfung zur Verfügung stellen
- Sowohl die Hausbanken als auch die Bankenaufsicht Bafin können helfen, wenn es um die Beurteilung der Seriosität von Anbietern geht
Warnsignale bei möglichen Anlagebetrügern:
- Unaufgeforderte Anrufe bzw. Mails persönlich unbekannter und selbst ernannter „Anlage- oder Vermögensberater“
- Zeitlicher Druck und Anzahlungsaufforderungen: Angeblich steht das „fantastische“ Angebot nur kurzfristig zur Verfügung und kann nur mit einer ebenso kurzfristigen Anzahlung gesichert werden
- Völlig überzogene Zins- und Renditeversprechen
- Aus „Zeitgründen“ („Es eilt“) kann eine ausführliche schriftliche Expertise des jeweiligen Angebots nicht kurzfristig erfolgen
- Der Sitz des Anbieters befindet sich im Ausland oder unter einer Post- oder Brieffachanschrift
- Referenzen kann der angeblich seriöse Anbieter nicht sofort nennen.
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