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08.03.2023

Kommentar zum Silent Cut: Ist das Euer Ernst?

Branchenkenner und „Der faire Salon“-Initiator Rene Krombholz hat sich Gedanken über den „Silent Cut“ gemacht, der derzeit ein großes mediales Echo findet.

Als ich diesen Begriff zum ersten Mal hörte, war das in einem Gespräch unter Kollegen zum Thema Fachkräftemangel. Genauer gesagt bei den Überlegungen, wie man Angestellte mit Migrationshintergrund besser in den Friseurberuf integrieren kann.
Wer mich kennt, der weiß, dass ich für Qualität und hochwertiges Friseurhandwerk plädiere. So stellte sich für mich in dieser Gesprächsrunde direkt die Frage, wie eine gute Beratung funktionieren kann, wenn die Sprachkenntnisse nicht ausreichend sind. „Dazu gibt es moderne Handys, Sprachübersetzer und andere technische Möglichkeiten!“ so die Antwort in meine Richtung. „Ja, und dann?“ fragte ich zurück. „Dann machen wir daraus einen Silent Cut. Schließlich gibt es auch Menschen, die keine Unterhaltung wünschen.“

Die Frage, wie gut eine solche Beratung mittels Translator denn sein kann, lasse ich einmal dahingestellt. Wie sinnvoll das Ganze ist, darüber gilt es nachzudenken: In unseren Salons haben wir Menschen zu Gast, die gerne auch mal reden, ihr Herz ausschütten oder sich weitergehend beraten lassen wollen. Nicht zu vergessen Menschen, die einsam sind und für die ein Gespräch beim Friseur ein Lichtblick im tristen Alltag ist.
Natürlich gibt es Menschen, die gerne ihre kleine Auszeit haben und entspannen wollen. Jede*r gute Friseur*in merkt das aber sofort und wird sich danach richten. Auch heute schon ist der Silent Cut bei gewissen Kunden praktizierter Alltag: In einer Unterhaltung angefangen bei der Beratung, spüre ich als Friseur*in, welcher Typ Mensch mein Gegenüber ist und kann mich mit meiner Arbeit auf diese Person einstellen.

Friseur*innen haben Gespür für Gast

In meinem Salon habe ich emphatische Mitarbeiterinnen. Die spüren, wenn Kunden sich nicht unterhalten möchten und reagieren entsprechend. Wenn in einem solchen Fall nebenan einmal eine auditiv veranlagte Kundin sitzt, dann reagieren sie und trennen diese räumlich.

Einen Silent Cut wird es in meinem Salon nicht geben.
Wir möchten für die Menschen da sein. Wir reden viel über Fachliches, aber auch darüber, was die Menschen bewegt. Sie fühlen sich bei uns verstanden und werden zu Stammkund*innen. Kundenbindung nennt man das. Wir sind Menschen und arbeiten mit Menschen, wir reden und lachen zusammen. Alles andere gehört meiner Meinung nach dorthin, wo man sich auf das Haare abschneiden beschränkt und der Mensch nicht unbedingt im Mittelpunkt des Firmendenkens steht.

Und noch etwas: „Mit das Schönste am Friseurberuf sind die Gespräche mit Kunden“, sagte einmal Branchenexperte Dieter Schneider und begründete wie folgt: „Man kommt mit den Menschen unterschiedlicher Couleur in Berührung, tauscht sich aus und kann davon lernen. Von daher bietet der Friseurberuf, eine ungeahnte Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln.“
Eine Aussage, die ich aus der Erfahrung heraus bestätigen kann und persönlich finde ich es mehr als bedauerlich, wenn es diese Möglichkeit nicht mehr gäbe.