Wie sehen Salons und Dienstleistungen in der Zukunft aus? Foto: Melanie Fredel

26.02.2024

Kommentar von René Krombholz: Die Zukunft hat begonnen

Wie sehen Salons in Zukunft aus? Wer sind die Kundinnen und Kunden und woher kommt der Nachwuchs. Friseurunternehmer und Branchenkenner René Krombholz teilt seine Gedanken mit Ihnen.

Derzeit wird viel darüber diskutiert und spekuliert, wie wohl der Friseursalon der Zukunft aussehen könnte. Oft zu einseitig, denn im Vordergrund stehen meist Gedanken, die uns Friseuren und Friseurinnen gefallen und dem Erhalt dieses Handwerks folgen. Dabei sind wir als Unternehmer*in erster Linie auf unsere Mitarbeiter*innen und unsere Kundinnen und Kunden angewiesen. Wir lassen außer Acht, dass wir gerade einen gesellschaftlichen Wandel erleben und viele der heutigen Unternehmensformen ihren Zenit überschritten haben. 

Durch den weiter anhaltenden Fachkräftemangel werden wir uns deutlich mehr für an- oder ungelernte Arbeitskräfte öffnen müssen. Skeptikern sei entgegnet: Das eröffnet auch Chancen und kommt vielleicht sogar den Bedürfnissen jüngerer Menschen entgegen! Leben und arbeiten mit dem, was mir Spaß macht – auch das gehört zur Work-Life-Balance.

Was ist Qualität?

Manch einer mag jetzt die Stirn runzeln und an die Qualität appellieren: Natürlich hat Qualität einen hohen Stellenwert – aber was diese bedeutet, das entscheidet jeder Kunde und jede Kundin für sich.

Sind wir doch einmal ehrlich: Die Mehrheit der Kunden ist überhaupt nicht bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen, und hat sich längst an das eher durchschnittliche Qualitätsniveau im Friseurhandwerk gewöhnt. Und das nicht nur im Friseurhandwerk, auch anderswo: Junge Menschen kennen heute kaum noch das knusprige Sonntagsbrötchen vom Bäcker, sondern halten das schwammige Gebäck aus der Backfabrik für höchsten Genuss. Früher gab es in fast allen Einzelhandelssparten Fachverkäufer*innen, heute nur noch angelernte Kräfte. Taxifahrer*innen mussten früher Prüfungen und Ortskennnisse nachweisen, heute sind Uber-Fahrer mit Navi unterwegs. Das sind Entwicklungen, die auch vor dem Friseur nicht Halt machen.

Persönlich befürchte ich, dass die, die heute behaupten, wir brauchen weder künstliche Intelligenz noch Digitalisierung, irgendwann das Nachsehen haben werden. Für die Zukunft sehe ich sehr wohl moderne Salons, in denen Friseur*innen die Menschen mit digitalen Beratungs- und Diagnosetools begeistern und zum Erlebnissalon werden lassen. Ich sehe auch eine Vielzahl toller Salons, die sich dem jüngeren Publikum zuwenden. Eine Zielgruppe, die in den heutigen Salons kaum registriert wird. Flotte Schnitte, Farbenvielfalt und alles zu realen Preisen im mittleren Preissegment – erarbeitet von jungen Teams. Mithilfe von Multimedia, sozialen Netzwerken und guten Influencern werden diese nicht nur junge Menschen erreichen, sondern das Thema Frisur auch wieder zu einem Must-have machen. Das wiederum könnte einen bisher kaum bedachten, aber absolut positiven Nebeneffekt haben: Wieder mehr junge Menschen könnten sich zum Friseurberuf hingezogen fühlen.

Neben Angeboten für junge Menschen wird es auch Sterne-Salons geben, in denen Top-Kräfte ihre hohe Qualität an den Mann und die Frau bringen. Salons mit nachhaltigen Konzepten, ganzheitliche Schönheitstempel, Salons mit Spezialisierungen verschiedener Art – sie alle werden ihre Kunden und Kundinnen finden. Bereits im Todeskampf befindet sich hingegen der bisherige klassische Familiensalon – diese Konzepte haben kaum noch eine Überlebenschance.

Gefahr durch Großkonzerne

Eine Gefahr aus einer anderen Ecke sehe ich allerdings auf das Friseurhandwerk zukommen:
Es könnte durchaus sein, dass sich Großkonzerne dem Friseurhandwerk zuwenden. In den vergangenen Jahren wurden Tierarzt- und Arztpraxen jeglicher Art, Seniorenstifte und Pflegedienste von solchen, meist multi-nationalen Konzernen aufgekauft. Der Haarschnitt ist, ebenso wie ein Arztbesuch, notwendig. Das birgt erst einmal sichere Rendite. Mir persönlich gefällt das absolut nicht, denn hier wird der Mensch Mittel zum Zweck!

Auch darum plädiere ich für die weitere Verbreitung und Einhaltung des „Kodex für Friseure in Europa“, der eine der Grundlagen unserer Wertegemeinschaft „Der faire Salon“ ist. Menschen – egal ob Kund*innen oder Mitarbeiter*innen – müssen vom Besuch oder der Tätigkeit im Salon profitieren, einen Nutzen davon haben und sich wohlfühlen. Das entspricht dem WIN-Prinzip und nur so geht nachhaltiges Arbeiten im Friseurhandwerk.