Franc Braun (r.) übergibt den Schlüssel für sein Unternehmen an Matthias Kabbe, Michael Lufen, Barbara Heinz und Dirk Pentleit (v. l.) >< Foto: Kirsten Braun-Nielsen

11.09.2020

Geschäftsübergabe: Geplanter Ausstieg

Jahrelang hat Franc Braun die Übergabe seines Betriebes vorbereitet. Mit 54 Jahren hat er nun zum 1. Juli an vier (!) Nachfolger übergeben. Jetzt will er anderen beibringen, wie das geht.

Während andere mit 42 Jahren gerade erst den Traum von der Selbstständigkeit verwirklichen, dachte Braun vor zwölf Jahren schon darüber nach, wie lange er noch hinter dem Stuhl stehen und die Geschicke des Unternehmens, das er 1990 von den Eltern übernommen hatte, leiten will. Früh hatte der Friseurmeister erkannt, dass die Mitarbeiter das höchste Gut des Unternehmens sind und es gilt, sie ans Unternehmen zu binden, ihnen Perspektiven zu bieten. Klar war ihm auch, dass es bei vielen gewünschten Geschäftsübernahmen häufig am Geld fehlt, um diese am Ende abwickeln zu können. Diese beiden Erkenntnisse miteinander verknüpft, firmierte er den Salon in Kaarst zu einer GmbH um und schaffte so die Voraussetzung, ein Drittel seines Unternehmens verschenken zu können. Das Geschenk überreichte er Mitarbeiterin Barbara Heinz. „Sie wiederum konnte ihr Drittel dann auf weitere drei Personen aufteilen“, berichtet Braun im Gespräch mit TOP HAIR. „Recht schnell hielten dann so vier Leute aus dem Salon ein Drittel der Firma.“ Von da an bekamen die vier Teilhaber Gewinne des Unternehmens „thesauriert“, das heißt, Gewinne, die der Salon abwirft, werden nicht ausgeschüttet, sondern angespart. Das ermöglichte Barbara Heinz, Dirk Pentleit, Michael Lufen und Matthias Kabbe, dass sie 2016 75 Prozent des Unternehmens kaufen konnten.

Übergabe des letzten Viertels

„Vier Jahre haben wir das Unternehmen dann zu fünft geführt. Mit der Schlüsselübergabe zum 1. Juli habe ich die verbliebenen 25 Prozent an die Vier übergeben“, erklärt Braun. Für ihn die perfekte Nachfolgelösung, die sich gut anfühlt. Er bekomme jetzt von den vier Inhabern für die Immobilie eine etwas höhere Pacht als dies ortsüblich sei, so Braun. Dafür „mussten sie während der gesamten Zeit nie zur Bank gehen und um Geld für die Übernahme bitten“, denn das Unternehmen „Braun – der Friseur“ habe in den vergangenen Jahren sehr viel Gewinn gemacht.
Zu viert führen – keine einfache Aufgabe, oder? „Das hat durchaus Vorteile“, sagt der Unternehmer: „Urlaub und Krankheit können kompensiert werden.“ Um erfolgreich zu sein, bedarf es flacher Hierarchien und einer unterschiedlichen Altersstruktur im Team, ist Braun überzeugt. Das spiegele sich im Führungsquartett wider, und außerdem ergänzten sie sich gut: „Sie sind zwar unterschiedliche Charaktere, aber jeder hat seinen eigenen Bereich, in dem er sich verwirklichen kann.“ Franc Braun ist Verfechter der „alten Tugenden“, wie er es nennt. Er lebt vor, was er von seinen Mitarbeitern einfordert: „Konstanz und Präsenz im Unternehmen“ sind ihm wichtig. „Vom Golfplatz aus kann man nicht erfolgreich ein Friseurgeschäft führen.“ Diese Einstellung hat er auch bei seinen Nachfolgern gefunden. „Wir haben eine sehr lebendige Kultur des Gesprächsaustausches. Dadurch hat sich eine Vertrauensbasis entwickelt und wir hatten unseren Angestellten ein offenes Angebot gemacht: Wer sich beteiligen möchte, der soll uns ansprechen!“ Somit hatten alle Mitarbeiter die Möglichkeit, am Unternehmen aktiv mitzugestalten. Viele winkten ab, meckerten aber auch nicht mehr, wenn ihnen etwas nicht passte. Barbara Heinz wollte mitgestalten, als ihr vor 13 Jahren eine Perspektive geboten wurde. Dass es am Ende dann ein Vierer-Kleeblatt wurde, habe sich so ergeben, berichtet Braun.

Den Vater vor Augen

„Mein Vater hat mit 63 Jahren aufgehört zu arbeiten und ist mit 65 Jahren gestorben.“ Diese traurige Geschichte im Hinterkopf, diente Franc Braun als Warnung: Das wollte er nicht! „Ich war nie ein Spitzenfriseur – aus fachlicher Sicht. Aber ich hatte immer mehr Kunden als andere und ich wusste, dass ich mit 60 oder 65 Jahren nicht mehr der sein will, der jemandem, der halb so alt ist, fachliche Anweisungen gibt.“ Der Friseurbranche komplett den Rücken kehren, aussteigen, nur noch den schönen Dingen des Lebens frönen, ist allerdings auch nicht Brauns Weg: Im Salon ist er noch präsent und bedient auch noch ein paar Kunden – freiberuflich, neben seiner Tätigkeit als Consultant und Coach. Ein zweites Standbein, das er sich in den vergangenen zehn Jahren neben dem Salon aufgebaut hat. Seine Erfahrung und sein Wissen will er weitergeben – und ist gut gebucht. Langjährige Verträge hat er mit der Industrie abgeschlossen. Von Ruhestand keine Spur. Auch das Thema Unternehmensnachfolge hat er ab sofort im Programm. Damit will er vielen Kollegen helfen: „Die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens gibt oft nicht die Möglichkeit, sich eine ordentliche Altersvorsorge aufzubauen, viele haben keinerlei Rücklagen. Aber auch für die gibt es Möglichkeiten“, ist Braun überzeugt. „Sharing-Konzepte“, nennt er als Stichwort: „Da geht die Reise hin.“ Das Loslassen des Salons – fällt das schwer? „Nein“, sagt Braun klar: „In der Krise haben die vier Geschäftsführer bewiesen, dass sie bereit sind, schwierige Situationen zu meistern.“ Auch hier kamen die Mitarbeiter an erster Stelle: So wurden in der Zeit der Kurzarbeit die Gehälter der Mitarbeiter auf 100 Prozent aufgestockt – dafür haben die Geschäftsführer auf ihre Jahresausschüttung verzichtet, berichtet Braun nicht ohne Stolz. Mit gutem Gewissen hat er die Geschicke des Salons in jüngere Hände gegeben und freut sich nun auf einen selbstbestimmteren Lebensabschnitt.

Praxiserprobte Seminare bietet Franc Braun für Inhaber, Salonleiter und Mitarbeiter als Gruppenevent, Einzelberatung oder Teamcoaching im Salon an.

Einen Themenüberblick und mehr Infos gibt es hier:
www.coaching.braunderfriseur.de/