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11.03.2020

Frauenpower im Friseurhandwerk: Diese Ladies sind ganz vorn dabei

Sie stehen im Rampenlicht auf der Bühne oder leiten bedeutende Industrieunternehmen: Janina Ehrenberg, Adina Alt und Anita Lafer sind weibliche Größen im Friseurbusiness.

Der erste Schritt auf die Bühne war für Janina Ehrenberg purer Stress. Doch für die damalige Auszubildende im Friseurhandwerk ging kein Weg am öffentlichen Wettbewerb vorbei. Der Chef hatte das Sagen. „Er wollte, dass wir an Wettbewerben teilnehmen“, erinnert sich die 32-Jährige. Die Auszubildenden sollten Erfahrung und Technik für den Salonalltag erwerben. Der Chef hatte den richtigen Riecher für kommende Leistungsträgerinnen. Aus Janina Ehrenberg wurde eine feste Größe im Wella-Professionals-Team. Inzwischen bewegt sie sich auf internationalen Bühnen genauso souverän wie in ihren zwei Salons in Bayern. Rund 30 Einsätze hat die trendorientierte Top-Akteurin im Jahr. Und einen Partner zu Hause, der sie unterstützt und begleitet.

Nur Friseurin zu sein, war Ehrenberg von Anfang an nicht genug. „Ich hatte einen guten Schulabschluss, das viele Arbeiten hat mich nicht gestört.“ Geändert hat sich das Pensum seither nicht: Immer noch ist die Siegerin des „International Trend Vision Awards“ von Wella sieben Tage in der Woche bei der Arbeit: Von Dienstag bis Samstag betreut sie ihre Kunden in Bad Kissingen und managt den Salon in Steinach, am Sonntag und Montag sieht man sie auf Schulungen, Shows, Kongressen und Fotoshootings in Paris, Rom, Wien oder Berlin. Das sei schon stressig. „Man muss liefern“, ist ihre Erfahrung. Bisher kann Ehrenberg Salons und Show vereinen. „Doch ein Kind lässt sich damit nur schwer verbinden“, da müsse man ein gutes Netzwerk haben. Sieht sie das als einzigen Grund für die männliche Dominanz im Showbusiness? „Männer gelten häufiger als Hauptverdiener. Sie möchten sich beweisen, vor der Familie und der Umwelt. Da ist die Denkweise noch sehr traditionell.“ Das zeige sich auch auf der Bühne, wo manche männlichen Kollegen ihre Ecken und Kanten zeigten. „Manche Männer vertreten offensiver ihr Können, sie verhandeln auch schneller mal Löhne nach. Ich glänze gerne mit meinem Können, prahle aber nicht damit.“ Die Frauen, die einen Namen haben, seien vor allem unkompliziert. „Die machen einfach einen guten Job.“ In Verbänden sieht sie eher das Alter der Vorstände als Problem als die Geschlechterverteilung. Es fehle an Zeitgeist, so Ehrenbergs Beobachtung. „Die Jungen denken einfach anders.“

Adina Alt, Geschäftsführerin von L’Image >< Foto: L’Image GmbH

„Klassisches Familienbild noch stark“

Ob Mann oder Frau – Adina Alt sieht keinen Unterschied in ihrem beruflichen Alltag. Die 30-jährige gelernte Friseurin und Kauffrau hat vor wenigen Monaten die Geschäftsführung des Übungskopf herstellers L’Image von ihrer Mutter übernommen. Adina Alt fühlte sich in der Branche von Anfang an gut aufgehoben. „Ich kenne keine mit größerer Akzeptanz für Frauen“, lautet ihre Erfahrung. „Bunt, vielfältig, offen“, so ihr Urteil über das Berufsumfeld. Am stärksten sei sie von ihren Eltern gefordert worden. Die Vorgaben zur Firmenübernahme – Abitur, Ausbildung zur Friseurin und Kauffrau und Gründung einer eigenen Firma – empfand sie als anspruchsvoll. Ihr Alter bereite ihr eher mal Schwierigkeiten als ihr Geschlecht, wenn sie mit älteren Herren im kaufmännischen Bereich verhandle. Das Ungleichgewicht von Männern und Frauen in der Branche sieht sie dennoch: bei zahlreichen Terminen im Education-Bereich.„Dort sind die Menschen extrem viel unterwegs, das wollen viele Frauen nicht.“ Fast jedes Wochenende sei ihr Geschäftspartner Marco Arena als Trainer und Stylist auf Achse. Sein Partner halte ihm den Rücken frei, sonst könne er das gar nicht bewältigen. Letztlich erweise sich das klassische Familienbild als immer noch sehr stark. „Männer fahren ihre Ellenbogen aus im hart umkämpften Markt der internationalen Bühnen“, sagt sie. „Und es sind extrem eitle Menschen.“

Adina Alt sieht aber für Frauen durchaus Chancen, sich im Friseurhandwerk zu bewähren, ob ehrenamtlich oder professionell, ob im Verband, im Showgeschäft oder in der Industrie. Letztere suche speziell Frauen, doch „müssen sie den Willen haben, sich auf die Bühne zu stellen. Das kann nicht jede.“ Wichtig sei, Frauen frühzeitig aufzuzeigen, dass es Alternativen zum Friseurinnenalltag gibt. Die Industrie biete vieles an, sagt sie und denkt dabei an Home-Office und Betriebskindergärten. Wenn mehr Frauen sichtbar würden, bekämen vor allem junge Frauen den Mut, sich neuen Herausforderungen zu stellen, ist sich Alt sicher. „Am Ende aber kommt es für jeden Menschen nur darauf an, zufrieden zu sein.“

Ihre eigene Unternehmenspolitik

Ähnlich ist auch der Blick von Anita Lafer auf die Branche. Die Geschäftsführerin des Extensions-Spezialisten Great Lengths in der Steiermark sieht nach wie vor Schwierigkeiten, Familie, Kinder und Karriere in Einklang zu bringen – das sei in Österreich nicht anders als in Deutschland. Dass in St. Stefan bei Great Lengths überwiegend Frauen an den Stellhebeln sitzen und nur wenige Männer im Außendienst sind, hängt mit dem persönlichen Engagement Lafers für die familienfreundliche Gestaltung der Unternehmenspolitik zusammen. „Ich wollte selbst immer als Frau unabhängig sein und meine Karriere vorantreiben, gleichzeitig aber wollte ich eine Familie. Also habe ich meinen Mitarbeiterinnen und mir einen Betriebskindergarten geschenkt“, erläutert sie ihr Konzept.

Geregelte Arbeitszeiten, keine Besprechung nach 17 Uhr, selbst organisierte Abteilungen und Vernetzung im Alltag sind weitere Bausteine dafür, dass Frauen sich unter ihrer Führung beruflich entwickeln können. Für das Showgeschäft dagegen sieht sie wenig Änderungen. Es fehlen ihrer Meinung nach die Anreize. Ähnlich lautet ihr Urteil über die Politik: Die scheint für Frauen wenig attraktiv zu sein. Politik habe mit Macht zu tun, und dieser Begriff sei leider viel zu negativ besetzt. „Macht kommt von machen. Egal, wo ich engagiert bin, ich bekomme dort Input für den eigenen Betrieb. Das aber erkennen viele Frauen bisher offenbar nicht. Sie stellen keinen Machtanspruch.“ Doch Lafer blickt optimistisch in die Zukunft: „Die Generation Y funktioniert anders, da verändert sich was.“ Dazu könnte auch mehr Gleichheit der Geschlechter gehören.

Sinnige Quote

Sie sorgt immer wieder für Diskussionen: die Forderung nach einer Frauenquote. Auch unter unseren Gesprächspartnern gibt es keine einheitliche Meinung dazu. Für Anita Lafer sind Quoten im öffentlichen Bereich, also in Verbänden oder Handwerkskammern, sinnvoll. In der Wirtschaft dagegen findet sie es unfair gegenüber Männern. Eher verhalten steht Adina Alt einer Frauenquote gegenüber: „Ich finde Zwänge schwierig, das Engagement im Verband muss von selbst kommen.“ Entschieden gegen die Quote ist Sybille Hain: „Ich halte nichts davon. Wenn eine Frau nach vorn kommen will, muss sie etwas dafür tun. Jeder hat die gleichen Voraussetzungen“, sagt sie. „Wer vorn mitspielt, tut auch mehr. Viele üben den Beruf aus, um Geld zu verdienen und wollen gar nicht mehr.“

 

„Frauen fehlt der Kampfgeist“

„Männer sind zum Erfolg gezwungen“, lautet die These von Christian Funk. Der 49-jährige Friseurunternehmer, Blogger und Administrator der nach eigenen Angaben größten deutschen Facebook-Gruppe „Friseure“, sieht vor allem die schlechte Bezahlung als Grund dafür, dass Friseure ihr berufliches Fortkommen aktiv vorantreiben. „Frauen können mit dem Hungerlohn leben, sie bekommen Kinder, heiraten“, formuliert er provokant. Das Denken sei einfach gruselig, aber immer noch sehr verbreitet in der Branche. „Frauen“, so seine Erfahrung, „haben weniger Geltungsdrang, suchen weniger Bestätigung als ihre Kollegen, nutzen ihre Fähigkeiten nicht.“ Vielfach fehle den Frauen der Kampfgeist – vielleicht sei der den Männern ja bereits in die Wiege gelegt, lautet seine Vermutung. Denn „die, die mehr wollen, werden erfolgreich.“ An der Leistung könne es nicht liegen, die habe nichts mit dem Geschlecht zu tun: „Frauen sind genauso pfiffig und kreativ wie Männer und in der Regel den männlichen Kollegen mental überlegen.“

Text: Elke Reichenbach