Wer einen Salon führt, trägt Verantwortung – für Kund*innen, Team, Miete, Lieferketten und die eigene Familie. Deshalb lohnt es sich, das Thema Testament, Nachlass und auch Scheidung proaktiv zu regeln. TOP HAIR- Finanzexpertin Karoline Decker von FinMarie weiß, worauf es ankommt.
Inhaltsübersicht
- Gesetzliche Erbfolge: Was passiert ohne Testament?
- Testament erstellen: eigenhändig oder notariell?
- Das handschriftliche Testament: schnell, aber riskant
- Das notarielle Testament: sicher und unkompliziert, aber nicht kostengünstig
- So gestalten Sie den Inhalt Ihres Testaments
- Was Sie regeln sollten:
- Empfehlung: Die Testamentsvollstreckung
- Berliner Testament: beliebt, aber nicht immer optimal
- Umsetzung in der Praxis
- Schulden, Annahme oder Ausschlagung: die 6-Wochen-Frist
- Güterstand und Scheidung: Zugewinn, Trennung
- Konten, Vollmachten und Patientenverfügung: sofort handlungsfähig
- Steuern im Blick: Freibeträge und Schenkungen
Gesetzliche Erbfolge: Was passiert ohne Testament?
Ohne Testament oder Erbvertrag gilt die gesetzliche Erbfolge. Sind Sie verheiratet und gibt es Kinder, erbt die Ehepartnerin oder der Ehepartner in der Regel die Hälfte, die andere Hälfte geht zu gleichen Teilen an die Kinder. Gibt es keine Kinder, erhält der überlebende Ehepartner drei Viertel, während ein Viertel an Eltern oder Geschwister der verstorbenen Person fällt. Sind Sie nicht verheiratet, besteht kein gesetzliches Erbrecht des Partners. Geschiedene Ex-Partner erben nicht; in der Trennungsphase vor der rechtskräftigen Scheidung können jedoch noch erbrechtliche Wirkungen bestehen.
Wenn Sie konkrete Vorstellungen haben – etwa den langjährigen Partner absichern, Kinder aus erster Ehe berücksichtigen oder den Salon geordnet übergeben – benötigen Sie ein Testament.
Testament erstellen: eigenhändig oder notariell?
Ein Testament zu verfassen, ist eine wichtige Entscheidung. Um sicherzugehen, dass Ihr letzter Wille auch wirklich umgesetzt wird, sollten Sie einige Dinge beachten. Es gibt zwei Hauptvarianten:
Das handschriftliche Testament: schnell, aber riskant
Das eigenhändige Testament ist die einfachste und kostengünstigste Option. Sie können es selbst schreiben. Wichtig dabei ist, dass der gesamte Text vollständig handschriftlich verfasst, mit dem Datum versehen und unterschrieben wird.
Diese Variante ist anfällig für Formfehler. Schon eine vergessene Unterschrift oder ein fehlendes Datum kann das Testament ungültig machen. Zudem können Formulierungen missverständlich sein, was zu Streit unter den Erben führen kann.
Wenn Sie diese Variante wählen, lassen Sie sich am besten von einer Expertin oder einem Experten beraten, damit Ihr Testament rechtlich einwandfrei ist.
Das notarielle Testament: sicher und unkompliziert, aber nicht kostengünstig
Das notarielle Testament wird von einer Notarin oder einem Notar beurkundet. Das kostet zwar etwas, bietet aber große Vorteile:
- Rechtssicherheit: Es ist juristisch geprüft und nahezu fehlerfrei.
- Vermeidung von Streit: Klare Formulierungen verhindern Missverständnisse.
- Praktische Vorteile: Banken und Grundbuchämter akzeptieren es in der Regel ohne zusätzlichen Erbschein. Das spart Zeit und Kosten für die Erben.
Besonders für Unternehmer*innen ist das notarielle Testament die beste Wahl. Es schützt nicht nur Ihr privates, sondern auch Ihr betriebliches Vermögen und stellt sicher, dass der Übergang reibungslos verläuft.
So gestalten Sie den Inhalt Ihres Testaments
Egal, für welche Form Sie sich entscheiden: Der Inhalt muss klar und eindeutig sein.
Was Sie regeln sollten:
- Wer bekommt was? Listen Sie genau auf, wer private und wer betriebliche Vermögenswerte erben soll. Dazu gehören auch Gesellschaftsanteile, Firmenanteile oder Immobilien.
- Wer kümmert sich um die Umsetzung? Dies ist besonders wichtig, wenn es um ein Unternehmen geht.
- Wer bezahlt Gehälter? Wer unterzeichnet Miet- und Lieferverträge? Wer hat Zugriff auf Konten und Software? Als Unternehmerin benötigen Sie klare, dokumentierte Regelungen, damit der Salon nicht in eine Notbremsung gerät.
Empfehlung: Die Testamentsvollstreckung
Um sicherzustellen, dass Ihr Wille genau umgesetzt wird, kann es sinnvoll sein, eine Testamentsvollstreckerin oder einen Testamentsvollstrecker zu benennen. Diese Person übernimmt wichtige Aufgaben:
- Übertragung des Vermögens: Sie sorgt dafür, dass alle Vermögenswerte den richtigen Personen zugeordnet werden.
- Koordination: Sie kümmert sich um Pflichtteilsansprüche und Steuern.
- Unternehmenssicherung: Bei einer Firma stellt sie sicher, dass der Betrieb während des Übergangs voll funktionsfähig bleibt.
Berliner Testament: beliebt, aber nicht immer optimal
Das Berliner Testament setzt die Ehepartner zunächst gegenseitig als Alleinerben ein; die Kinder werden Schlusserben und erben erst nach dem zweiten Todesfall. Das schafft Ruhe und Sicherheit für die überlebende Person, kann aber Pflichtteilsansprüche der Kinder beim ersten Erbfall auslösen und bei größeren Vermögen steuerliche Nachteile haben, weil Freibeträge erst später genutzt werden.
Für Unternehmerinnen gilt zusätzlich: Reicht die Liquidität, um Pflichtteile und Steuern zu bedienen, ohne den Salon verkaufen zu müssen? Häufig sind modifizierte Lösungen taktisch besser: etwa eine Kombination aus Vor- und Nacherbschaft, Vermächtnissen, Nießbrauchsrechten oder Testamentsvollstreckung.
Umsetzung in der Praxis
Beginnen Sie mit einer Dokumentenmappe: Personalausweis, Heirats/Geburtsurkunden, Grundbuchauszug, Gesellschaftsvertrag, Versicherungen, Konten- und Zugangslisten (am besten Passwortmanager). Erstellen oder aktualisieren Sie Vollmachten und Patientenverfügung, möglichst notariell. Setzen Sie ein Testament auf, in dem Sie Privat- und Betriebsvermögen klar regeln, und benennen Sie eine Person für die Testamentsvollstreckung. Hinterlegen Sie alles an einem sicheren, bekannten Ort und planen Sie einen Review alle zwei bis drei Jahre – oder direkt bei Lebensereignissen wie Heirat, Geburt, Trennung oder Änderungen im Unternehmen.
So stellen Sie sicher, dass im Ernstfall nicht nur rechtlich alles geordnet ist, sondern auch operativ niemand ins Leere greift.
Schulden, Annahme oder Ausschlagung: die 6-Wochen-Frist
Ist der Nachlass möglicherweise überschuldet, sollten Sie die Vermögenslage rasch klären: Konten, Kredite, Leasing, Steuern, offene Lieferantenrechnungen. Sie können ein Erbe ausschlagen, müssen das aber in der Regel innerhalb von sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls tun. Nach Annahme haften Sie auch für Schulden. Wer Unternehmer*in ist, sollte hier strukturiert vorgehen: Daten zusammentragen, mit Bank und Steuerberatung sprechen und die Frist notieren. So vermeiden Sie, aus Versehen in eine Haftung hineinzurutschen.
Güterstand und Scheidung: Zugewinn, Trennung
Ohne Ehevertrag gilt die Zugewinngemeinschaft. Beim Tod wird der Zugewinn häufig pauschal im Erbteil berücksichtigt; bei einer Scheidung kommt es zum Zugewinnausgleich. In der Trennung sollten Sie sofort prüfen, ob ein gemeinschaftliches Testament angepasst oder aufgehoben werden muss, damit keine unerwünschten Wirkungen bestehen bleiben. Für den Salon empfiehlt sich zusätzlich ein Blick in Gesellschaftsverträge und Vollmachten: Wer darf unterschreiben, Zahlungen freigeben, Verträge verlängern?
Konten, Vollmachten und Patientenverfügung: sofort handlungsfähig
Ein Konto auf Ihren Namen bleibt Ihres; Gemeinschaftskonten sind mit aktueller Bankvollmacht meist weiter nutzbar, erfordern aber oft Nachweise. Konten auf den Namen des Partners gehören zum Nachlass und sind ohne Erbnachweis in der Regel gesperrt. Deshalb sind Vorsorgevollmacht, Bankvollmacht (auch fürs Geschäftskonto) und auf Wunsch eine Generalvollmacht so wichtig. Die Patientenverfügung regelt medizinische Entscheidungen, falls Sie sich nicht äußern können. Notariell beurkundete Vollmachten sind in der Praxis meist sofort wirksam und werden von Banken und Behörden eher akzeptiert – ein entscheidender Vorteil, wenn Entscheidungen schnell nötig sind.
Steuern im Blick: Freibeträge und Schenkungen
Erbschaftsteuer lässt sich durch Planung abmildern. Wichtige Freibeträge sind – als grobe Orientierung – für Ehepartner bis 500.000 Euro und für Kinder bis 400.000 Euro pro Kind. Schenkungen zu Lebzeiten können sinnvoll sein, weil sich Freibeträge in der Regel alle zehn Jahre erneut nutzen lassen. Für Unternehmer*innen heißt das: keine Ad-hoc-Übertragungen, sondern ein Stufenplan, der Privat- und Betriebsvermögen, Pflichtteile und Liquidität im Blick behält. Die Kombination aus Schenkungen, Testament und – falls passend – Versicherungslösungen sorgt dafür, dass keine Notverkäufe nötig werden.
Ein gutes Nachlass-Setup ist kein Luxus, sondern Fürsorge: für Sie, Ihre Kinder, Ihren Partner und Ihr Team. Mit Testament, Vollmachten und einer sauberen Unterlagenstruktur vermeiden Sie Streit, Kosten und Stillstand. Für Unternehmerinnen ist das zugleich Betriebssicherheit. Beginnen Sie heute – klein, aber konkret. Jeder Schritt nimmt Druck aus morgen.
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