Holger Püschel, Foto: privat

27.01.2016

Unternehmensnachfolge: die Steuerbelastung einkalkulieren

Die Nachfolgeregelung leidet an einem Dilemma: Den Kaufpreis eines Friseurunternehmens muss der Übernehmer im Salonalltag erwirtschaften können. Die Steuern aus dem Verkauf muss der Übergeber aus dem Kaufpreis bezahlen. Daher sind beide eingeschränkt, der Übernehmer in der Rentabilität, der Übergeber in seiner Altersvorsorge. Damit die Steuerlast Inhaber und Nachfolger nicht erdrückt, blicken wir ins Detail verschiedener Szenarien.

Folglich gilt es, die Steuerbelastung einer Nachfolgeregelung einzukalkulieren. Die möglichen Szenarien lassen sich dabei im Wesentlichen in folgende Gruppen einteilen:

  1. Der Salon befindet sich in gemieteten Räumlichkeiten und soll verkauft werden.
    Das ist dann ohne größere steuerliche Prob­leme lösbar, wenn der Übergeber älter als 55 Jahre ist. Das Einkommensteuergesetz sieht einen Freibetrag von 45.000 Euro vor, bis zu dem ein Veräußerungsgewinn steuerfrei bleibt. Das ist in den meisten dieser Fälle ausreichend.
     
  2. Der Salon befindet sich in der eigenen Immobilie und soll mitsamt Gebäude an einen fremden Interessenten übergeben werden.
    Hier wird es kniffelig, denn häufig hat die Immobilie einen niedrigen Buchwert in der Bilanz und einen hohen Verkehrswert bei einem Verkauf. Die Differenz zwischen Buchwert und Verkaufspreis, die sogenannte „Stille Reserve“ (s. Infokasten) ist steuerpflichtig. Da hilft der Freibetrag von 45.000 Euro manchmal nicht weiter, und auch der sogenannte ermäßigte Steuersatz für Veräußerungsgewinne wirkt nicht.

    Beispiel: Bei einem Veräußerungsgewinn von 250.000 Euro für Immobilie und Salon­einrichtung beträgt die Einkommensteuer rund 50.000 Euro!
    Voraussetzung ist auch hier, dass der Übergeber älter als 55 Jahre ist, sonst wird es noch wesentlich teurer. Will oder kann der Übergeber eine hohe Einkommensteuer nicht bezahlen (z. B. weil aus dem Verkaufspreis noch Darlehen zu tilgen sind), kommt eine Betriebsverpachtung in Frage. Die Eigentumsverhältnisse bleiben dabei unverändert, der Übergeber wird zum Verpächter, der Übernehmer mietet Immobilie samt Salon an. Nach dem Gesetz löst eine Betriebsverpachtung im Ganzen keine sofortige Steuer aus, weil die Immobilie und die Saloneinrichtung im Betriebsvermögen des Übergebers verbleiben. Aber Vorsicht: Die Einkommensteuer ist für die Zeit der Verpachtung nur aufgeschoben, irgendwann kommt sie doch!
     
  3. Der Salon befindet sich in der eigenen Immobilie und soll an Kinder übertragen werden.
    Hier werden Leistung und Gegenleistung in der Regel nicht so scharf abgewogen, wie beim Verkauf an fremde Interessenten. Daher gibt es die meisten Gestaltungsmöglichkeiten und eine Vielzahl von Übertragungsvarianten, um die Steuer zu optimieren. Aber auch hier gilt: Wenn Vater oder Mutter die Immobilie an Kinder verkaufen, wird der Verkaufspreis steuerpflichtig. Das gleiche gilt, falls die Immobilie aus dem Betriebsvermögen entnommen wird, zum Beispiel durch falsche Vertragsgestaltung. Verpachten Eltern die Immobilie an Kinder und verkaufen ihnen gleichzeitig die Saloneinrichtung, liegt keine Betriebsverpachtung im Ganzen, sondern eine Betriebsaufgabe vor. Wirkung: Entnahme der Immobilie und Entstehung der Einkommensteuer, ohne dass die Eltern überhaupt Geld für das Gebäude erhalten haben.

    Die Einkommensteuer muss bei Unternehmensnachfolgen gründlich durchdacht werden.
    Andere Steuerarten darf man aber auch  nicht vergessen: Bei Immobilienverkauf entsteht Grunderwerbsteuer, bei Schenkungen an Kinder kann Erbschafts-/Schenkungsteuer entstehen, wenn der Wert über 400.000 Euro liegt. Die Umsatzsteuer fällt immer dann an, wenn keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt.
     
  4. Der Salon befindet sich in der eigenen Immobilie und nur er wird an einen externen Interessenten übergeben. (Friseur bleibt  im Haus wohnen).
    Steuerrechtlich ist es so: Die Immobilie besteht dann aus zwei Teilen,
    a) einer selbstgenutzten Wohnung, sie bildet Privatvermögen und bleibt sozusagen immer außen vor,
    b) einem Salon für eigene betriebliche Zwecke, er ist Betriebsvermögen.

    Erster Fall: Der Friseur verkauft den Gebäudeteil Salon. Er muss vorab Teileigentum bilden durch notarielle Teilungserklärung. So entstehen quasi aus einer Immobilie zwei Immobilien.

    Zweiter Fall: Der Friseur vermietet den Salon: Dann handelt es sich um eine Betriebsaufgabe oder – näherliegend – um eine Be-triebsverpachtung im Ganzen.

    Steuerrechtlich dreht es sich im zweiten Fall um das sogenannte „Verpächterwahlrecht“, nämlich der Möglichkeit, zwischen Betriebsaufgabe (mit Versteuerung der stillen Reserven und weiteren privaten Vermietungseinkünften) oder der Betriebsverpachtung im Ganzen (Bestehenlassen des gewerblichen Charakters mit weiteren gewerblichen Einkünften und somit Verschieben der Versteuerung) zu wählen.

Stille Reserven

Dieser steuerliche und bilanzrechtliche Fachbegriff beschreibt, dass Vermögensteile des Unternehmers in der Bilanz unterbewertet sind und erst beim Verkauf oder bei einer Entnahme mit ihrem tatsächlichen Wert angesetzt werden. Häufigster Fall bei Friseurunternehmen ist die eigene Salon-Immobilie. Ein Gebäude wird nämlich in der Bilanz jährlich mit 3 Prozent abgeschrieben, während in Wirklichkeit gar kein Wertverlust eintritt. Nach 20 Jahren sieht das dann z. B. so aus:

Kaufpreis der Immobilie 1995:200.000 €
Tatsächlicher Wert 2015:180.000 €
Bilanzwert 2015:80.000 €
Stille Reserven:100.000 €

Wird nun die Salonimmobilie für den tatsächlichen Wert von 180.000 Euro verkauft, entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn von 80.000 Euro.

Besonders problematisch: Wird die Immobilie aus dem Betriebsvermögen entnommen (z. B. durch Nutzungsänderung), entsteht ebenfalls dieser „fiktive“ Gewinn. Hier müssen erhebliche Steuern gezahlt werden, ohne dass der Unternehmer den Gewinn in Geld zur Verfügung hat. Oft fühlt sich der Unternehmer ungerecht besteuert, er hat allerdings während der Nutzungsdauer erhebliche Abschreibungen gehabt. Unfair ist die Besteuerung nicht, insbesondere wenn die Sache im Rahmen einer Unternehmensnachfolge unter den Freibetrag von 45.000 Euro fällt und gar keine Steuern gezahlt werden müssen.

Holger Püschel
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater der Kanzlei Püschel-Bencze GmbH in Brakel, www.friseur-steuerberatung.de