Foto: Shutterstock

12.10.2018

Sind Sie flüssig? Ohne Geldreserven geht nichts.

Vermögen ist zweifellos wichtig, eine ausreichende Liquidität aber ebenso. Unser Finanzexperte Michael Vetter stellt einen Praxisfall vor, der zeigt, wohin eine fehlende oder mangelhafte Finanzplanung führen kann.

Vor allem durch das Erbe seiner Eltern hat es Werner K. als selbstständiger Betriebsinhaber zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Neben seinem mit seiner Frau selbst genutzten Einfamilienhaus und einem anderen an ihren Sohn vermieteten Wohngebäude besitzt er ein gewerblich genutztes Objekt in guter Lage einer süddeutschen Kleinstadt. Mieter ist ein zahlungskräftiger und gut beschäftigter Apotheker, dessen Vertrag noch einige Jahre läuft.

Keine Reserven

Während der vergangenen Jahre hat es K. verständlicherweise als sehr angenehm empfunden, dass neben seinen Betriebseinnahmen die stets pünktlichen Mietzahlungen aus diesem Gewerbeobjekt erfolgten. Da größere Investitionsmaßnahmen bisher in keinem der Gebäude anfielen, dachte K. seit dem Erbfall vor einigen Jahren kaum darüber nach, entsprechende Liquiditätsreserven aufzubauen. Wozu auch, so dachte er wohl, „zur Not steht ja meine Bank mit einem Überziehungskredit zur Verfügung“.

Ausgereizt und überzogen

Diese Rechnung ging bisher auch weitgehend auf: Neben dem Überziehungskredit auf dem Geschäftskonto mit einem Kreditlimit von 35.000 Euro stellt seine Hausbank weitere 20.000 Euro auf seinem Privatkonto zur Verfügung. Auffällig ist, dass beide Kreditlimits im Monatsverlauf bis zum Eingang der Mieten zum jeweils folgenden Monatsbeginn seit Jahren nicht nur vollständig in Anspruch genommen, sondern auch mit jeweils einigen tausend Euro zusätzlich überzogen werden. Erst die Mieteingänge von insgesamt rund 9.000 Euro sorgen dann regelmäßig für eine gewisse „Entspannung“ bis zum jeweiligen nächsten Monatsultimo. 

Steuerberater schweigt

Die Hausbank sah zumindest bisher offenbar keinen Grund einzugreifen. Dazu steht die Bonität von K. mit dem umfangreichen Immobilienbesitz wohl außer Frage. Hinzu kommt, dass im Nachhinein kaum zu erklärende Verhalten des Steuerberaters, der ebenfalls keinerlei Anstoß an diesem finanziell nicht ungefährlichen Verhalten seines Mandanten nahm. Außer allgemein gehaltenen Hinweisen, dass K. mittelfristig „über eine Liquiditätsreserve nachdenken“ solle, gab es also keine konkreten Vorschläge zu diesem Thema.

Deutliche Hinweise der Bank

Seit einigen Wochen gibt es nun aber doch mehr oder weniger deutliche Hinweise seitens der Hausbank, bei der offensichtlich ein interner Beraterwechsel zu veränderten Verantwortlichkeiten geführt hat. K. erhielt mittlerweile mehrere Schreiben, in denen er zunächst nur auf die „regelmäßigen Limitüberziehungen“, die K. neben den „normalen“ Kreditzinsen von sieben Prozent immerhin zusätzliche sechs Prozent Überziehungszinsen kosten, hingewiesen wurde.

Kundengruppe „Problemfälle“

Die beiden bisher letzten Schreiben hatten es dagegen in sich. Hierin wird K. deutlich aufgefordert, „kurzfristig“ ein Gespräch mit dem für ihn zuständigen Bankmitarbeiter zu führen. Bei diesem Gesprächspartner handelt es sich übrigens nicht mehr um einen Kundenberater, sondern um einen Mitarbeiter des so genannten „Kreditmanagements“, der sich in dieser Bank ausschließlich mit Kreditfällen befasst, bei denen sich bereits „gewisse Probleme“ ergeben haben. Zu dieser Kundengruppe gehört K. nun also ebenfalls.

Realistische Bestandsaufnahme

Immerhin besteht nun endlich die Bereitschaft von K. und seiner Frau, ihr bisheriges Ausgabeverhalten genauer anzusehen und sorgfältig darüber nachzudenken, wie die finanzielle Lage zukünftig geordnet werden muss. In einer ersten groben Prüfung fällt bereits auf, dass die Privatentnahmen außerordentlich hoch sind. Während der Betrieb in den vergangenen Jahren regelmäßig eine wenn auch geringe Rendite abwarf, wurden nahezu sämtliche Mieteinnahmen privat verbraucht. Mehr noch, durch regelmäßige Zahlungen an den Sohn setzte sich dieses Ausgabeverhalten weiter fort. 

Auflagen der Bank

Hinzu kommt, dass es bisher keinerlei transparente Fakten gibt, die auch nur halbwegs belegen, wie die Entnahmen letztlich konkret verwendet wurden. Die Bank gibt sich damit naturgemäß nicht zufrieden und erwartet kurzfristig nicht nur eine angemessene Liquiditätsplanung, sondern auch den erkennbaren Willen, die Entnahmen zukünftig verantwortungsbewusster vorzunehmen. Zum Abbau der Kreditverbindlichkeiten bietet sie ein Darlehen mit einer Laufzeit von acht Jahren bei gleichzeitiger Reduzierung der Kreditlinien auf jeweils nur noch 15.000 Euro an. Als Kreditsicherheit erwartet sie die Eintragung einer Grundschuld zu ihren Gunsten auf dem Immobilieneigentum der Familie K. Hinzu kommt eine weitere Auflage, die einen „regelmäßigen Informationsaustausch mit belastbaren betriebswirtschaftlichen Zahlen“ durch K. vorsieht. Außerdem rät ihm die Bank „ausdrücklich“, schrittweise eine Liquiditätsreserve aufzubauen und deren Entwicklung sorgfältig zu verfolgen. K. selbst sieht mittlerweile ein, dass es so nicht weitergehen kann. Er hat sich bereits mit einem anderen Steuerberater in Verbindung gesetzt. Ob er und seine Frau damit aber auch die privaten Entnahmeprobleme in den Griff bekommen werden, muss sich dagegen erst noch zeigen.

Check-Liste:

  • Eine professionelle Liquiditätsplanung sollte als Grundvoraussetzung jedes Betriebes regelmäßig erfolgen. Dazu gehören ebenso Analysen der jeweiligen Privatentnahmen
  • Vor allem bei erheblichen Barentnahmen kann schnell der Überblick verloren gehen, so dass auch hier zumindest bei größeren Ausgaben die konkreten Verwendungszwecke festgehalten werden sollten
  • Bei regelmäßigen Überziehungen von Privat- bzw. Geschäftskonten bieten sich in der Regel Umschuldungen in meist weitaus billigere Darlehen an
  • Vor allem bei Immobilienbesitz ist eine Liquiditätsreserve fast schon obligatorisch, da Reparaturen und Renovierungen anfallen können

Text: Michael Vetter